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Zehn Jahre danach: Hüftengold

Das „Hüftengold“ liegt in der Oderberger Straße, die einst nah an der Berliner Mauer lag und nun dreißig Jahre später eine beliebte Touristenmeile geworden ist. Heute besuchen wir1 sie in unserer „Zehn Jahre danach“-Reihe. Wir haben das Lokal also vor langer Zeit schon mal getestet, waren damals recht begeistert und geradezu liebvoll umsorgt worden.

hueftengold, draussen

Viele Pflanzen vor dem „Hüftengold“: kostenlos. Foto: antenne, CC BY-NC 2.0.

Das „Hüftengold“ liegt ein bisschen versteckt hinter lauter Pflanzen und hat wegen seines schlauchförmigen Innenraums nur eine schmale Außenfassade, kann daher leicht übersehen werden. Da wir aber schon öfter dort waren und zudem die Oderberger gut kennen, konnten wir dieser Falle ohne Probleme entgehen.

Ein erster Cappuccino nach dem Platznehmen sollte sogleich unserem Koffeinmangel entgegenwirken:

cappuccino

Cappuccino: 2,80 €, kein Wasser dazu.

Die Zeit, bis das Koffein im „Hüftengold“ bereitgestellt wurde, fiel angenehm kurz aus. Das war bei den Speisen anders, aber dazu später mehr.

Zwei Details sind uns aufgefallen, die wir dem geneigten Leser zuerst noch mitteilen wollen. Das erste ist der übliche Tomatenalarm. Nun kommt es leider dauernd vor, dass die rote Pest als eine Art Sättigungsbeilage oder als Dekoration ungefragt auf den Tellern lungert. Man gewöhnt sich dran und ignoriert das weg, wenn man sie nicht mag. Aber diesmal waren die vor Tomatensaft triefenden Stückchen auch noch mitten auf dem Ei plaziert worden:

spiegeleier

Auf der Rechnung stand das Spiegelei als „Klein & Fein“: 5,50 €.

Die Spiegeleier im „Hüftengold“ kamen zudem leider mit dem falschen Brot: Bestellt war Vollkornbrot, das mit fünfzig Cent extra zu Buche schlagen sollte. Geliefert wurde jedoch Toast. Aber wir hatten uns an dem Tag nicht wie die Piefkes, waren ohnehin sehr hungrig und ließen das Brot dann einfach austauschen. Es blieb trotz Vollkornbrot dann beim Preis von 5,50 Euro. Geschmacklich waren die Spiegeleier in der Kategorie „solide“ und damit ganz gut, aber wirklich nichts Besonderes.

Bevor wir zu den weiteren Speisen und Getränken kommen, wollen wir ein zweites Detail erwähnen, das uns leicht irritiert hat. Wir erhielten nämlich Besteck mit hellbauen und rosa Servietten. Angesichts der Tatsache, dass wir jeweils wie ein Weibchen und wie ein Männchen aussehen, mussten wir uns spontan fragen, ob das Zufall war:

fruehstuecksbesteck

Frühstücksbesteck, geschlechtersortiert?

Oder aber wir sind schon so konditioniert auf diese Farben, dass wir Halluzinationen entwickeln, wenn wir die Farbzusammenstellung sehen. Vielleicht brauchen wir langsam sowas wie einen Moderator im Radio auch beim Frühstück, damit uns jemand Alltägliches erklärt. Unwillkürlich fragt man sich im Falle, dass es kein Zufall wäre, was die Servicekräfte denn machen, wenn ein Mensch nicht klar zuordenbar ist.

Wie in vielen Lokalen in Berlin gibt es im „Hüftengold“ neben den koffeinhaltigen Getränken auch mehr oder weniger experimentelle Frucht-Mischgetränke. Diesmal haben wir eine Kombination aus Apfel, Kiwi und Minze probiert, die frisch gemacht wurde und auch entsprechend gut geschmeckt hat:

latte, minz-drink

Latte macchiato mit doppeltem Espresso: 3,30 €, Apfel-Kiwi-Minze-Getränk: 3,80 €.

Was das Essen anging, hatten wir uns beide für Eier entschieden. Das gewünschte Gericht firmierte in der Karte als „Klein & Fein“ und konnte in mehreren Varianten gewählt werden: zwei Rühreier oder zwei Spiegeleier mit verschiedenen Brotsorten zur Wahl. Leider dauerte es eine gefühlte halbe Stunde, ehe die Speisen zu uns fanden. Wir hatten Kohldampf und wenig Verständnis dafür, dass in einem Laden, wo wir die einzigen Gäste waren, ein so langes Warten nötig wurde.

Als das Essen dann endlich kam, war der Tisch beinahe zu klein:

latte, doppelt, gesamtes fruehstueck

Das gesamte Frühstück auf einen Blick.

Leider musste erdgeist dem Rührei bescheinigen, dass es nicht ganz durch war. Das zusätzlich bestellte Toastbrot mit Avocado, Lachs, Frischkäse und Sprossen (4,20 Euro) mundete ihm dagegen mehr.

Schon zum Bewerten des Unterschieds bestellten wir auch einen Latte macchiato in der Variante „normal“, also ohne doppelten Espresso:

latte, einfach

Latte macchiato für 2,90 €.

Diese Variante haute 46halbe wirklich nicht vom Stuhl, löste allerdings auch keinen Unmut aus. Als die Rechnung kam, empfanden wir die insgesamt 30,80 Euro (ohne Trinkgeld) als nicht überteuert, hätten uns aber doch einen qualitativ besseren, einfach umsichtigeren Service gewünscht.

Hingehen sollten alle, die ein Frühstück ohne Tamtam und ganz ohne Eile suchen und hernach vielleicht ein köstliches Kuchenstück mitnehmen möchten. Denn das sollte man nicht verpassen.

Hüftengold
Oderberger Straße 27, 10435 Berlin
Tel. (030) 41 71 45 00
Offenbar ohne Webseite

  1. Diesmal waren wieder 46halbe und erdgeist Testesser. []

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Kaffee.Bar

Wir1 wählten für unseren Frühstückstest das Kiez in der Nähe des Helmholtz-Platzes, wo sich diverse neue Lokale angesiedelt haben. Manche sind in Wahrheit gar nicht mehr so neu, aber eben noch ungetestet.

Nach dem Eintreten in das Ecklokal „Kaffee.Bar“ (Eigenschreibweise) setzten uns wir an die Rückwand eines in der Mitte des Raumes plazierten recht großen Tresors, dessen Inneres wahrscheinlich keine Wertsachen mehr gesehen hat, seit Adenauerhüte aus der Mode kamen. Inzwischen enthielt er passenderweise Kaffee.

Insbesondere wegen des uns sogleich entgegenschlagenden Kaffeegeruchs in der „Kaffee.Bar“ lechzten wir nach koffeinhaltigen Getränken. Für 46halbe war der Flat White diesmal die erste Wahl:

getraenke: flat white

Das erste Getränk: Flat White, 3,20 €.

Wer schon immer mal wissen wollte, was eigentlich der Unterschied zwischen einem Flat White und einem Latte ist, wird es hier allerdings nur schwerlich erfahren. Denn der Flat White schmeckte zwar ganz gut, blieb aber leider geschmacklich kaum von einem Latte zu unterscheiden.

hipsterzucker

So sieht der Zucker aus.

In der „Kaffee.Bar“ gab es übrigens keinen normalen Zucker, sondern die auf dem obigen Foto abgebildeten bräunlichen Kristalle: mit Melasse versetzter Rohrzucker. Zudem kamen die danach gelieferten Getränke mit Glasstrohhalmen statt des üblichen Plastezeugs. Letzteres ist aus Umweltschutzgründen zu begrüßen, aber die Frage, wie man sie sinnvoll und ressourcenschonend reinigt, drängte sich auf.

die ersten getraenke

Die Getränke zum Anfüttern: frischgepresster Orangensaft, 4,50 €, Cold Brew Coffee, 3 €, Wasser dazu: kostenlos. Der kleine Roboter: mitgebracht. :}

Cold-Brew-Varianten haben insgesamt an Beliebtheit gewonnen, wie man in Berlin im Sommer fast überall beobachten kann. Dieses Getränk erhielt von elsbeth die Note 3. Am Kaffee selbst war wenig auszusetzen, auch wenn elsbeth gemeinhin helle Röstungen für die Cold-Brew-Produktion vorzieht. Mehrere gigantische Eiswürfel, von denen jeder einzelne die Titanic zum Sinken hätte bringen können, verwässerten jedoch die Gaumenfreude unnötig.

An einem frischgepressten Saft hingegen kann man – mal vom Preis abgesehen – nicht viel falsch machen. Er schmeckte sogar so gut, dass wir später einen zweiten bestellten und dem eponymen Kaffee untreu wurden. Dazu gesellte sich ein Schoko-Nuss-Croissant, das leider in der „Kaffee.Bar“ nicht eben liebevoll dargeboten wurde:

fruehstueck: croissant

Geht nicht als Frühstück durch: „Croissant Schoko“, 1,60 €.

Irgendwie scheint es in den Hipster-Cafés immer genau diese Croissants zu geben. Sie schmecken immer gleich und durchschnittlich, sehen auch so aus und entfalten im Grunde keine Nahrhaftigkeit. Immerhin ist der Preis hier noch nicht vom Mond, aber Freude kam ob dieses Durchschnittsbissens nicht auf.

Die von elsbeth als Frühstück bestellte, ebenfalls sehr hipsterige Smoothie-Bowl beschrieb sie als leicht wässrig, aber knusprig:

fruehstueck: smoothie-bowl

Zum Frühstück eine „Smoothiebowl“, 6,50 €.

Darin befanden sich neben Erdbeeren, einer Volute aus Traubenhälften und zwei einsamen Heidelbeeren Kokosjoghurt, Reismilch und Granola, das dem Ganzen den nötigen Biss und etwas Geschmack verlieh.

Eine weitere Wahl fiel auf eine Eierspeise, deren Bestellung jedoch Erstaunen hervorrief. Denn das dürfte in Deutschland wohl nicht oft vorkommen, schließlich gilt es als DAS Land des guten und vielseitigen Bäckerhandwerks: Es gab kein Brot zum Ei, auch nicht auf Nachfrage nach einer vollkommen beliebigen Art Brot. Ihre Enttäuschung konnte 46halbe nur mit Mühe verbergen. Immer wieder schweifte der Blick daher sehnsüchtig über die Straße zur dortgelegenen Bäckerei.

fruehstueck: pochiertes ei

Ohne Brot: „Pochiertes Ei“, 2 €.

Man musste das wirklich kleine Ei zudem auf dem Tisch suchen, da die Darreichung in einem winzigen Glas nicht viel hermachte. Vielleicht sind die Speisen darauf optimiert, möglichst wenig Platz wegzunehmen, da der oder die tragbaren Computer soviel Raum in Anspruch nehmen. So sah es jedenfalls an den Nebentischen aus, wo die Menschen wortlos und allein vor ihren Computern saßen. Es entfaltete sich entsprechend eine sehr ruhige Atmosphäre, dazu ebenfalls sehr leise Musik.

Das ganze Ambiente erfüllte die gern bemühten Klischees über solche neuen Berliner Kaffeeläden: Alles sah generisch aus, mit aufgerissenen unverputzten Wänden, viel Schweigen, einem auffällig großen Tresen, einer minimalistischen Karte. Nur der Kaffeegeruch war wirklich einladend und angenehm.

Wir bekamen mit 28,50 Euro (ohne Trinkgeld) keine besonders hohe Rechnung, hatten aber für ein Frühstück auch wenig Nahrung zu uns genommen.

Hingehen sollten alle, die Kaffee mögen und dank ihres Neu-Spießertums Proteinbowls und pochierte Eier in Einzelhaft kalorienreicheren Klassikern wie Brot und Rührei vorziehen.

Kaffee.Bar
Stargarder Straße 55a, 10437 Berlin
Tel. 0170 12 34 56 78
Webseite

  1. Diesmal waren 46halbe und elsbeth als Testesser unterwegs. []

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Gasthaus Alt Wien

Wir1 dehnen den Begriff „spätes Frühstück“ heute selbst für Berliner Verhältnisse recht stark. Aber das liegt nicht an uns, sondern an dem Lokal im Bötzowviertel unweit der Greifswalder Straße, dessen Speisen wir zu verköstigen beabsichtigten. Denn vor 18 Uhr lassen die niemanden rein.

Das Publikum ist gemischt, ob des Preisniveaus ist die Wahrscheinlichkeit, hier lautstark schwatzende Backfisch-Rudel auf Abireise anzutreffen, jedoch eher gering. Die Parkplatzsituation für etwaig zur Anreise benutzte Benzinkutschen ist etwas prekär. Wer sich den obligatorischen Autofahrergruß durch drängelige Verkehrsteilnehmer beim Einparken sparen will, kommt besser zweirädrig oder mit den Öffentlichen. Eine andere Variante ist ein Spaziergang vom nahegelegenen Volkspark Friedrichshain, wo man sein Auto abstellen kann.

Im „Alt Wien“ waren wir in größeren Abständen schon mehrfach, wenn uns der Sinn nach Deftigem aus Österreich stand. Heute wurden wir allerdings nach dem Aussuchen der Vorspeisen überrascht, nämlich mit einem unangekündigten Korb aus drei verschiedenen Sorten frischem Brot, der so manchen Standard-Frühstücksschuppen neidisch werden ließe:

brotkorb

Der Brotkorb im „Alt Wien“ (gab es einfach dazu).

Geliefert wurde das Brot zeitgleich mit den zuvor gewählten Vorspeisen: eine Suppe und etwas, was auf der Rechnung später als Salat firmierte, aber in Wahrheit keiner war.

Alles, was Mohrrüben ähnelt, kann 46halbe begeistern. So war es nicht schwer, aus dem Vorspeisen-Angebot trotz beginnenden Frühlings die Suppe aus Wintergemüse herauszupicken. Sie kam allerdings nicht dampfend heiß, sondern eher warm an den Tisch:

pastinaken-suppe

Als Vorspeise die „Pastinakensuppe“: 5,80 €.

Die vegetarische Suppe mit etwas Kernöl schmeckte dennoch köstlich. Pastinaken gelten übrigens als wiederentdeckte alte Gemüseart, das allerdings schon seit einigen Jahren. In Berlin bekommt man das Gemüse öfter angeboten, ob das auch für Wien gilt, wissen wir aber nicht.

Was die dazu gereichten Getränke im „Alt Wien“ anging, suchten wir diesmal wirklich nichts Außergewöhnliches, nicht einmal was mit Alkohol. Stattdessen gab es Wasser und trüben Apfelsaft:

getraenke

Wasser, 0,75 l: 5,40 €, Apfelsaft, 0,25 l: 2,60 €.

Vorab orderte Herr Vroomfondel einen Bradl-Teller, benannt nach Ottakring bei Wien: Den Feldsalat darauf beschrieb er als angenehm frisch, die Meerrettich-Menge wäre mit ausreichend noch eine Untertreibung gewesen. Allerdings war der wirklich scharfe Meerrettich das einzige, von dem am Ende bedingt durch mangelndes Meerrettich-Training auf dem ansonsten leeren Teller noch etwas zurückblieb. Prompt merkte die Bedienung dies kritisch an.

bradl-teller

„Ottakringer Bradl-Teller“ für 9,80 €.

Neben den erwähnten Beilagen bestand das einstimmende Bradl-Mahl aber eigentlich aus kaltem Schweinsbraten mit einer Kren-Mayonnaise und dem schon erwähnten sehr reichlichen und sehr frischen Meerrettich. Die Interpretation des Themas „Salat“ als Schweinebraten-Aufschnitt mit etwas Feldsalat passte sehr gut zu Herrn Vroomfondels Hungerstatus.

An den Vorspeisen hatten wir insgesamt nichts zu meckern. Ohne Hast, aber auch ohne langes Warten stand wenig später das Hauptgericht vor Herrn Vroomfondel. Um es gleich vorwegzunehmen: Es sollte ihn ringsum zufrieden machen, nur den mitgelieferten kleinen Salat ließ er unberührt – er hatte ja schon einen verzehrt.

roulade

Roulade: 19,80 €.

Die Roulade des „Alt Wien“ nannte Herr Vroomfondel schmackhaft, der Kartoffelbrei bekam gar das Prädikat perfekt. Einzige Kritik an dem Gericht war die Bemerkung, es sei ein klitzekleines bisschen zu salzig gewesen. Was wir zu schätzen wussten: Die Teller blieben nach dem Verzehr nicht lange stehen, denn die Bedienung war nicht nur allseits freundlich, sondern auch aufmerksam.

Als Hauptgericht hatte sich 46halbe für Geschnetzeltes vom Kalb entschieden:

geschnetzeltes

Kalbsgeschnetzeltes: 18,50 €.

Das Gericht hatte 46halbe abweichend von der Karte nicht mit Semmelknödel, sondern mit Bratkartoffeln bestellt. Das stellte sich als gute Idee heraus: Es schmeckte ausgewogen, aber überhaupt nicht langweilig. Das lag auch am mitgelieferten Salat, der frisch, abwechslungsreich und in ausreichender Menge kam. Anders als bei vielen Speisen dieser Art lag das Essen auch nicht schwer im Magen, sondern hatte eine gewisse Leichtigkeit.

Dennoch musste danach Verdauungskoffein in Form von Espresso her, die jeweils mit Leitungswasser serviert wurden:

2 espressi

Espresso: je 2,- €.

Wir befanden die Kaffeegetränke als qualitativ gut, aber nicht als hervorragend. Im Gegensatz zur um sich greifenden Degeneration der Espressokultur in anderen Etablissements waren die Tassen gut vorgeheizt und wurden mit einem Grinsekeks2 serviert. Sie rundeten den Abend wunderbar ab. Mit einer Rechnung von zusammen 65,90 Euro ohne Trinkgeld waren wir zwar nicht eben billig, aber doch akzeptabel weggekommen, wenn man die Qualität, Darbietung und Menge der Speisen betrachtet.

Hingehen sollten alle, die wie wir das Ambiente eines klassischen Wirtshauses mögen, die ordentlich Hunger haben und österreichische Kochkunst goutieren. Auch Vegetarier werden in der Speisekarte gebührend berücksichtigt.

Alt Wien
Hufelandstraße 22, 10407 Berlin
Tel. (030) 701 296 10
Webseite

  1. Diesmal war 46halbe mit Herrn Vroomfondel unterwegs. []
  2. Das ist ein Keks mit einem lächelnden Gesicht drauf. []

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Filed under À la carte, Nicht wirklich Frühstück, Prenzlauer Berg

tous les jours

Berlin hat im März meistens einige Tage, an denen man sich besser ein Frühstück von Profis bereiten lässt, als sich in die eigene Küche zu bemühen. Heute war so ein Tag: windig, kühl, regnerisch, die Sonne wollte sich nicht blicken lassen. Also machten wir uns guter Hoffnung ins „tous les jours“1 in der Nähe der Greifswalder Straße auf.

Kaum eingetroffen, bestellten wir dringend erhofftes Koffeinhaltiges, was auch spornstreichs eintraf:

Unsere erste Koffeingabe im „tous les jours“: Kleiner Kaffee mit Milch (1,90 €) und Latte macchiato (3 €).

Das „tous les jours“2 ist wochenends zur typischen Berliner Frühstückszeit recht voll, allerdings leerte es sich Richtung frühen Nachmittag auch sehr schnell wieder. Das Frühstücksteam3 setzte sich an einen der wenigen noch freien Tische, einen leichten süßen Fliederduft wahrnehmend. Der kam von einer Vase mit einer kleinen Pflanze, die wir für eine Hyazinthe hielten, die olfaktorisch Flieder ähnelt und den Frühling in die Nasen trieb.

Am Wochenende öffnet das „tous les jours“ schon um acht Uhr (wochentags sogar um sieben Uhr). Von unserem Tisch unweit des Fensters konnten wir auf die Kreuzung und ein Stück die Straße runter schauen, die ganz typisch für das Bötzow-Viertel ist: helle Fassaden, viele Ladengeschäfte und Restaurants, breite Bürgersteige und leider auch lauter parkende Autos. Das „tous les jours“ machte optisch an diesem regnerischen Tag von außen wenig her, immerhin drängte sich Berlin-typisch aber ein SUV ins Bild:

Das „tous les jours“ von außen, hier auch einige Einblicke in den Innenraum.

Die Eigenbeschreibung ist übrigens „Bistro“4, was wohl auf grundsätzlich einfache Speisen und kein allzu elaboriertes Küchenangebot hinweisen soll. Aber einen stilechten Klassiker, der ohne großen Aufwand herstellbar ist, fanden wir natürlich in der Karte:

Orangensaft, frischgepresst, 0,3 l (3,50 €).

Der Saft schmeckte wie erwartet gut. Aber die Vorfreude auf die Speisen wurde erst so richtig geweckt, als die Brötchen am Tisch landeten:

Der Brotkorb (ohne ausgewiesenen Preis).

Während der Anblick der Brötchen unsere Lust auf die Frühstücke weiter anheizte, bemerkten wir ab und an etwas Laufpublikum von der Straße, das sich aus einem Getränkekühlschrank neben der Tür bediente oder am Tresen Lebensmittel zum Mitnehmen bestellte. Offenbar wird das Lokal wochenends auch rege als Späti-Ersatz genutzt, allerdings kamen die Sympathisanten in nicht störender Menge. Aber als das Essen kam, waren wir ohnehin unsererseits abgelenkt:

Rührei mit Lachs (7 €).

Das Lachs-Rührei war wunderbar balanciert, herzhaft, saftig, heiß, gar schön und von perfekter Konsistenz. Der Lachs war nicht versalzen, das Ei nicht zu weich und doch fern von hartem Tobak – also genau, wie es sein soll. Im „tous les jours“ werden die unterschiedlichen Eierspeisen offenbar alle mit ähnlichen Dekormaßnahmen versehen, jeweils mit etwas Obst und Grünzeug.

Unsere Bedienung im „tous les jours“ wechselte zwischenzweitlich zwar, aber beide Kellner hatten etwas gemeinsam: Sie kamen nicht allzuoft vorbei. Wir mussten bei Bedarf eher winken, dann jedoch waren sie schnell am Platz. Um ehrlich zu sein, hat uns dieses Verhalten an diesem speziellen Tag aber gar nicht gestört. Wir hatten uns lange unterhalten und fanden das Ungestörtsein dabei von Vorteil.

Unser Blick fiel zwischendurch auf das ansehnliche Tortenangebot, das uns später dazu verführte, zwei Stücken (je 2,90 €) für den entfernten Genuss einpacken zu lassen. Vorerst stand uns der Sinn aber nach mehr Deftigem, so landeten Eier mit Schweinebauch vor 46halbes Nase:

Zwei Spiegeleier mit Speck (5,70 €).

Sieht man mal von der unvermeidlichen roten Pest ab, war der Anblick der bestellten Spiegeleier verlockend. Der Speck duftete und war knusprig, die grüne Salatbeilage frisch und etwas Obst lag wie beim Rührei auch noch dabei. Generell erschienen uns die Portionen als ausreichend groß und sie konnten geschmacklich überzeugen, allerdings waren wir an diesem Tag auch nicht völlig ausgehungert.

Nach den Eiern musste Koffeinnachschub in Form eines Cappuccinos her, schließlich sollte die Verdauung angeregt werden:

Cappuccino (2,40 €) nebst einem weiteren frischgepressten Orangensaft, 0,3 l (3,50 €).

Wer nun glaubt, unsere Nahrungsaufnahme wäre schon beendet gewesen, täuscht sich. Wir legten quasi noch einen weiteren Gang ein:

Frischer Obstsalat (4 €).

Ohne Frage war das gereichte Obst frisch und auch nicht miteinander vermanscht, es mundete 46halbe trotz steigendem Magenfüllstand ohne Abstriche. Wir hatten unterdessen schon weit mehr als eine Stunde in dem Lokal verbracht, obwohl die Atmosphäre insgesamt nicht übermäßig gemütlich wirkte. Dennoch lud sie zum Verweilen ein, vielleicht weil die Bedienung uns nicht unnötig störte und die Fluktuation der Besucher nicht allzu stark war.

Extra Nutella und Butter (je 0,50 €).

Und mit dem Verweilen verband sich weitere Nahrungsaufnahme, da zu unserer Verwunderung der Brotkorb noch halbvoll auf dem Tisch herumlungerte. Also orderten wir flugs noch etwas Marmelade, Nutella und Butter, um die übrig gebliebenen Brötchen zu vernichten. Die Erdbeermarmelade stellte sich beim Schreiben des Blogposts als Geschenk des Hauses heraus, denn wir fanden sie später nicht auf der Rechnung. Die schätzten wir mit insgesamt 32 € (ohne Trinkgeld und ohne die zum Mitnehmen verpackten Kuchenstücken) übrigens als moderat und angemessen ein.

Hingehen ins „tous les jours“ sollten alle, die gern wirklich lecker und bodenständig, aber stets mit einer Note Eleganz genießen.

tous les jours
Hufelandstraße 16, 10407 Berlin

030 4280 91 60
tous-les-jours.de

  1. Ohne eine Reservierung, das wäre aber möglich gewesen. []
  2. Übersetzt etwa „tagtäglich“. []
  3. Bestehend aus 46halbe und laryllian. []
  4. Das Wort hat keine eindeutige Etymologie. []

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Filed under À la carte, Prenzlauer Berg

November

Auch wenn wir diesmal ein Lokal mit dem Namen „November“ zum Testen ausprobieren wollten: Es geht gerade auf der Frühling zu, nicht auf den Herbst. Dennoch war es zu kühl, um draußen zu sitzen: Das „November“ hatte noch keine Tische für Sonnenhungrige aufgestellt. Wir1 hatten das Lokal an der Husemann- Ecke Sredzkistraße zuvor noch nicht getestet, aber waren schon oft daran vorbeigekommen.

blick auf das lokal

Blick auf das „November“, wenn bei wärmeren Temperaturen Stühle und Tische rausgestellt sind.

Bild: Rae Allen, CC BY 2.0.

Es war nicht der Tag für ausgefallene Nahrung für ein erhofftes perfektes Frühstück, uns stand eher der Sinn nach Bodenständigem, ordentlichen Nietenhosen und einem Schal. Allerdings ging das nicht allen so:

nutella-waffeln

Waffeln mit Nutella: 4 €.

Die extra mitgebrachten Spezialisten für Waffeln hatten ihren eigenen Kopf. Sie testeten einerseits die Variante mit Nutella nebst Birnenstückchen und erheblichen Mengen Puderzucker, andererseits die Apfelmus-Darbietung:

apfelmus-waffeln

Waffeln mit Apfelmus für 4 €.

Der Unterschied zwischen beiden Varianten bestand nur in der Darreichung von Nutella bzw. Apfelmus, beides nur auf den ersten Blick von uns Simpeln als in ausreichender Menge vorhanden angesehen. Die Spezialisten bemängelten jedoch das Verhältnis, denn sie hätten etwas mehr Waffelmasse noch gut vertragen können.2 Außerdem befand sich der Teig offenkundig zu lange im Waffeleisen und war daher zu dunkel, was durch den Puderzucker nur unzureichend kaschiert wurde.

kakao

Heiße Schokolade: 3,70 €.

Tröstend half aber eine heiße Schokolade, serviert mit etwas Leitungswasser (kostenlos, aber merkwürdigerweise dennoch auf der Rechnung vermerkt).

Die erwachsenen Tester zog es zum Ei. Der erste Blick auf den Teller, der vor 46halbe abgestellt wurde, fiel aber nicht auf die Eierspeise an sich, sondern auf ein Stück Orange vom Rand der Frucht. Das sah leider angetrocknet und nicht sehr ansprechend aus und lag auch noch neben der mal wieder unvermeidlichen roten Nemesis. Allerdings war es eine recht kleine halbe Tomate, mithin zu verschmerzen:

spiegelei

Zwei Spiegeleier: 6 €.

Optimal zubereitet waren die beiden Spiegeleier nicht, zumindest nicht, wenn man die Erwartungshaltung von 46halbe als Maßstab nimmt: Sie bevorzugt Spiegeleier von einem Koch statt einem Quacksalber, der deren Eigelb nicht hart werden lässt, sondern leicht flüssig auf den Teller bringt. Insgesamt aber war das Gericht trotz bereits kalt gewordenem Toastbrot recht schmackhaft und passte in gewisser Weise zu dem etwas grauen Tag.

Das Lokal ist übrigens kein klassischer Ort zum Frühstücken, schon weil es wochentags erst ab 14 Uhr öffnet. Das „November“ wirkt eher wie eine Kneipe, obwohl es als Café firmiert.

Am Samstag und Sonntag wird man bereits ab 10 Uhr eingelassen. Uns fiel allerdings auf, dass es wochenends trotz des gut auffindbaren Standorts nahe der in Berlin recht bekannten Kulturbrauerei erst deutlich nach 11 Uhr voller im Lokal wurde und die leicht zerzaust wirkenden Berliner ihren Weg an den Koffein- und Frühstückstrog fanden. Das lag möglicherweise aber nur an dem Lebensmittelmarkt mit zahlreichen Ständen im Freien, der zeitgleich ein paar Straßen weiter draußen seine Waren feilbot.

bacon-ruehrei

Rührei mit Bacon: 7,50 €.

Das von Rene bestellte Rührei mit Speckstreifen erfüllt seine Erwartungen mäßig bis gut, ließ aber keine Freudenbekundungen aufkommen. Immerhin war sein Orangenstückchen frisch und ausreichend Butter auf dem Teller.

Bei den Getränken wagten wir passend zum Essen wenig Experimente: Wir bestellten gleich mehrere frischgepresste Säfte sowie das typische Koffeinhaltige.

o-saft, frisch

Frischgepresster Orangensaft, 0,2 l: 3,90 €.

Wir fanden den Preis für die Menge frischgepressten Saft doch recht happig, hatten aber geschmacklich nichts auszusetzen. Der Kaffee dazu kam zeitgleich:

2 latte

Latte Macchiato: 3,40 €, daneben mit „doppeltem Espresso“ für 4,30 €.

Für insgesamt 52,60 (ohne Trinkgeld) bekamen wir ein ganz ordentliches, aber nicht perfekt zu nennendes Frühstück, durchweg von angenehm entgegenkommendem Personal serviert. Rene fiel die besondere Kinderfreundlichkeit auf: Die Mitarbeiter halfen routiniert bei den unvermeidbaren Malheurs, die Kinderspeisungen manchmal mit sich bringen.

Hingehen sollten alle, die nicht lange auf das Essen warten möchten, Freundlichkeit bei der Bedienung zu schätzen wissen und ein wenig Kneipenflair für ihr Frühstück gutheißen.

November
Husemannstraße 15, 10435 Berlin
Telefon: 030 / 44 28 425
cafe-november.com

  1. Es trafen sich zum Frühstück: 46halbe und Rene, nebst zweier noch strafunmündiger, aber überaus kritischer Neu-Tester. []
  2. Die Nutella- und Apfelmustöpfchen wurden nach Verzehr der Waffeln natürlich dennoch leergegessen. Ja, mit den Fingern. :} []

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Zehn Jahre danach: Butter (ehemals Eckstein)

Lange Jahre war uns das Lokal als Eckstein bekannt, nun heißt es schon längere Zeit „Butter“.1 Da die letzte Aufzeichnung eines Testessens schon eine halbe Ewigkeit zurückliegt, war ein neuerlicher Besuch einfach fällig. Die Wahrheit ist aber, dass aufgrund der geographischen Lage an der Pappelallee in der Zwischenzeit einige weitere Besuche ohne Notizen stattgefunden haben. Und um es gleich vorwegzunehmen: Wir hatten diesmal nicht den besten Tag erwischt.

Pappelallee Ecke Raumerstraße, im Hintergrund das „Butter“.
Bild: Renaat, CC BY-NC-ND 2.0.

Das Lokal hat sich innen und außen in mehr als zehn Jahren im Grunde kaum verändert.2 Der „neue“ Name „Butter“ war uns irgendwann aufgefallen, ist aber nicht eben sonderlich originell oder einprägsam. Vielleicht ist der Grund für die Umbenennung ein Eigentümerwechsel oder aber die Tatsache, dass Butter ein auch für Touristen besser sprechbares Wort ist.

Das durchaus hungrige Frühstücksteam3 musste sich allerdings bei diesem Besuch von Beginn an auf lange Wartezeiten einstellen. Die TTL (time to latte) war außerhalb der Skala, selbst eine Speisekarte zu bekommen, dauerte schon mehr als eine Viertelstunde. Der nächste Dämpfer war die Auskunft der Bedienung, dass es eine weitere halbe Stunde in Anspruch nehmen würde, das Frühstück an den Tisch zu bringen. Zudem könne das von 46halbe ins Auge gefasste „Das Süße“ (4,50 €) wegen nicht vorhandener Croissants überhaupt nicht geliefert werden.

Eigentlich hätten wir wieder gehen sollen, da das Ganze auch noch in pampigem Ton vorgetragen wurde. Aber vermutlich trug die bei früheren Besuchen gesammelte Erfahrung, dass Kunden dem Personal nicht prinzipiell auf die Latüchte gehen, dazu bei, dass wir doch sitzenblieben, uns geduldeten und 46halbe eine alternative Speise wählte.

Tatsächlich leerte sich das Lokal recht schnell nach unserer Bestellung, was das Personal sichtbar entspannte und die reale Wartezeit auf die Nahrung um einige Minuten reduzierte. Getreu dem Motto „nicht kneippen bei offenen Wunden“ ignorierten wir im weiteren Verlauf des Mahls die Unzulänglichkeiten und auch die leichte Unfreundlichkeit der Bedienung.

Bärbel4 entschied sich für eine Variante der „Egg Benedict“ mit Avocado:

Frühstück Avocado Egg Benedict (Preis leider nicht notiert).

Auffallend war die ordentliche Portion Tomaten, die sich auf ihrem Teller fand. Die Kombination von Sauce Hollandaise mit Ei und Avocado quittierte Bärbel auf Nachfrage mit dem simplen Ausruf: Lecker!

Neben den Frühstücken standen uns auch Gerichte aus einer wechselnden Tageskarte (pdf) zur Verfügung. Die Entscheidung von erdgeist fiel aber dennoch auf ein Frühstück, nämlich „Das Englische“:

Das Englische (8,80 €).

Das Frühstück bestand stilgerecht aus Würstchen, Speck, Spiegelei auf Toast und einer Salatdeko. Allerdings vermisste erdgeist gegenüber früheren Besuchen die bittere Orangenmarmelade, die diesmal weggelassen worden war. Besonders kreativ: Gebratene Tomatenscheiben hätten mit 1,50 € extra zu Buche geschlagen.

Bei den Getränken wagte 46halbe einen nicht sehr alltäglichen Trunk:

Getränk aus einer Mischung aus Gurke, Ingwer und Minze (4,80 €).

Man findet originelle Getränke-Mischungen, beispielsweise mit Gurkenanteil, in letzter Zeit häufiger in Berliner Lokalen. Diese im „Butter“ genossene Mischung enthielt „spicy“ Ingwersirup, frische Minze, Apfelsaft und ebenjene Gurken. Bei der Bestellung wurde 46halbe erklärt, dass es sich um einen „Smoothie“ handeln würde. Offengestanden mangelte es der Durstigen an Wissen, um diese Information einzuordnen. Der Geschmack des grünen Getränks allerdings war dann leicht festzustellen: wirklich frisch und köstlich! :}

Der Blick auf das Foto des schmackhaften Gurkengetränks macht leider einmal mehr deutlich, dass der Service zu wünschen übrig ließ. Das überlaufende Glas wurde ohne Untersetzer oder Serviette und auch ohne Worte so auf dem Tisch abgestellt. Wir verloren unsererseits auch kein Wort darüber, offenkundig war die Bedienung überfordert oder übellaunig oder beides.

Vielleicht hätte eine besonders schmackhafte Speise darüber hinwegsehen lassen: Bei 46halbe war die Wahl mangels Croissants auf die Tomatensuppe gefallen. Sie schmeckte durchaus ansprechend, aber stellte sich nicht als allzu auffällig heraus.

Tomatensuppe, klein (3,60 €).

Nun waren Tomaten schon häufiger Thema in diesem Blog, und wer ab und an hier liest, weiß: 46halbe ist alles andere als ein Fan der roten Plage. Warum sie dennoch ab und an die unbändige Lust verspürt, eine Tomatensuppe zu bestellen, kann rational nicht erklärt werden. Besonderheit der Suppe war übrigens ein leichter Kokosgeschmack, der das Gericht aber nicht dominierte.

Als ein typisches Frühstücksgericht kann die Suppe wohl nicht gelten. Allerdings überschneiden sich im „Butter“ die Frühstücks- und Mittagsdarreichungszeiten ohnehin, so dass ab 9 Uhr bis 14 Uhr die morgendlichen Mahle serviert werden, aber wochentags ab 12 Uhr zusätzlich die Mittagessen.

Zum Essen und auch danach lechzten wir nach Koffein:

Latte Macchiato (3,20 €).

Der einfache Latte Macchiato mundete 46halbe und blieb auch nicht ihr einziges koffeinhaltiges Heißgetränk. Nach der Suppe kam noch ein Cappuccino (2,30 €) hinzu. Bärbel genoss einen ganz normalen Kaffee, den sie als geschmacklich gut und als nicht bitter lobte. Wie es mittlerweile zur Gewohnheit geworden ist, musste für erdgeist ein besonders koffeinangereichterter Latte her, also einer mit doppeltem Espresso (4 €).

Hingehen sollten alle, die jahrelange Berliner Frühstückstradition live erleben und zugezogene Bedienungen dabei beobachten wollen, vergeblich das Sympathisch-Schroffe der Berliner Schnauze zu emulieren. Wie man in Ost-Berlin als Gast gern sagte, wenn einen der Kellner anzickte: „Was für ein Kunde!“

Butter
Pappelallee 73, 10437 Berlin

030 5268 59 33
cafe-butter.de

  1. Das letzte Mal findet sich der Name Eckstein im Jahr 2009 im Berliner Telefonbuch. []
  2. Wir waren nicht oft, aber doch regelmäßig zwischendurch drin. []
  3. Bestehend aus erdgeist, 46halbe und Bärbel. []
  4. Sie testete zwar die Frühstücke mit uns, aber war nicht am Schreiben dieses Textes beteiligt. []

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Krone

Wir1 wollten diesmal zum Frühstücken unser Kiez rund um den Mauerpark nicht verlassen, genügend ungetestete Lokalitäten sind ja vorhanden. Also machten wir uns in die touristisch angehauchte Region Richtung Oderberger Straße auf.

blick oderberger

Blick in die Oderberger Straße, etwa hundert Meter vom „Krone“ entfernt. Es liegt auf der rechten Straßenseite.

Bild: lt_paris, CC BY NC ND 2.0.

Als die leicht verspätete 46halbe im „Krone“ ankam, stand das Leitungswasser für zwei schon auf dem Tisch. Sie brauchte nur noch ein koffeinhaltiges Heißgetränk herbeizurufen. Aber zu den Getränken später mehr.

Der erste Eindruck des Lokals war uns diesmal nicht beim Besuch entstanden, sondern schon über die Webseite. Denn wir wollten zuvor gern eine Reservierung für einen Tisch per Telefon oder online abgeben. Leider wurde uns dort gleich mit einem Overlay erklärt, dass es keine Reservierungen mehr gäbe. Man muss also auf gut Glück in den Laden gehen oder sich an beliebten Tagen auf eine Wartezeit einstellen.

Offengestanden kratzten wir uns beim Aussuchen der Speisen ein wenig am Kopf, da die Karte zwar optisch ansprechend aussah, es einem aber nicht leicht machte, den Inhalt zu verstehen. Ihr ließ sich nur schwer entlocken, welche Leckereien aus welchen Zutaten zur Auswahl stehen. Die Karte war so auf eine gute Optik getrimmt, dass es an Übersichtlichkeit fehlte.2

egg benedict

Egg Benedict mit Bacon für 8,50 €.

Leider hatte das gewählte Frühstück für erdgeist einen entscheidenden Nachteil: Es machte ihn nicht satt. Er murmelte etwas davon, dass Egg Benedict wohl etwas für Leute auf Diät sei. Überhaupt befand er, dass es sich gar nicht um wirkliche Egg Benedict handeln und zudem mengenmäßig eine übergroße Bacon-Schieflage herrschen würde.3 Zufrieden war er also nicht. Die große Rhabarber-Schorle (4 €), die erdgeist dazu geordert hatte, fand er auch nicht begeisternd.

Bei den anderen Getränken kam deutlich mehr Freude auf:

latte+saft+wasser

Frischgepresster Orangensaft: 3,60 €, Latte Macchiato: 3,40 €, Leitungswasser: kostenlos.

Der Orangensaft schmeckte 46halbe sehr. Häufige Leser dieses Blogs werden bemerkt haben, dass sie das Getränk recht oft bestellt. Der Grund ist einfach: Vom Erbonkel gab es zur Jugendweihe zwar Bohrmaschine und Holzgliedermaßstab, aber weder eine Maschine zum Auspressen noch einen Plasteausdrücker fanden sich in der Aussteuer, so dass sie sich ganz gern den Luxus gönnt, auswärts einen frischgepressten Saft zu genießen.

Später gesellte sich noch ein Cappuccino zu den Testessern, den 46halbe als köstlich beschrieb:

cappuccino

Cappuccino: 3 €.

Die schwer von Koffein Abhängigen können im „Krone“ natürlich auch die doppelte Portion bestellen:

latte mit extra shot

Latte Macchiato mit „Extra Shot“: 3,40 € plus 0,80 €.

Unsere zweite Frühstückswahl fiel auf einen beliebten Klassiker: Bacon and Eggs. Hier wurde er aber nicht in der üblichen Form, sondern auf Pancakes serviert:

bacon+eggs

Bacon & Eggs: 10,50 €.

Wer sie nicht kennt: Pancakes sind Eierkuchen, die typischerweise etwas dicker sind und die Tendenz haben, nach dem Verzehr ihr Volumen zu vergrößern. Anders als erdgeist war 46halbe sowohl über den Geschmack als auch über die Menge erfreut. Besonderen Zuspruch fand bei ihr der Sirup, mit dem sie die letzten Pancakes-Stückchen genoß.

Während wir aßen und tranken und uns unterhielten, gab es noch eine Schrecksekunde, die wir nicht verschweigen wollen: Wir müssen Besucher des „Krone“ vorwarnen, nicht unter die Tischkante zu fassen. Dort haben die Betreiber, vermutlich um Abrieb bei Hosen und Röcken oder aber Laufmaschen zu verhindern, eine Art Polster aus Schaumstoff angebracht. Wenn man aber kein solches Polster erwartet, zieht man unwillkürlich die Hand zurück, wenn man etwas Weiches und Nachgiebiges ertastet. In der Folge beglückten sich die Tester dank unerwartetem Kontakt gegenseitig mit erschrecktem Quieken und rolliger Katzenmusik.

Im Lokal lief während unseres Besuchs eine unaufdringliche Musik, die zu keinen Beschwerden Anlass bot, da sie eben nicht weiter auffiel. Aber aufgefallen war erdgeist das noch immer bestehende Loch in seinem Magen. Entsprechend bestellte er eine zweite Speise:

pancakes mit fruechten und schoki

„Sun of Panama“: 8,90 €.

Das Gericht bestand ebenfalls aus Eierkuchen, die jedoch für den eher süßen Junggesellen konzipiert schienen: mit süßem Obst, Schlagsahne und einer Erdnusssoße reichlich Hüftengold auf dem Teller. Erst nach diesem recht opulenten Mahl bekundete erdgeist, er sei nach dem zweiten Frühstück nun satt.

Für 50,30 € (ohne Trinkgeld) gingen wir mit unterschiedlichen Bewertungen aus dem Lokal: Während erdgeist wenig Begeisterndes gefunden hatte, war 46halbe durchaus zufrieden und fühlte sich gut bedient.

Hingehen sollten alle, denen Stil über Substanz geht, die keinen Wert auf eine Tischreservierung legen, sich von viel Westbesuch nicht abschrecken lassen und Gerichte mit Pancakes mögen.

Krone
Oderberger Straße 38, 10435 Berlin
Telefon: 030 / 44 31 22 21
krone-berlin.com

  1. Es trafen sich zum Frühstücksgelage: 46halbe und erdgeist. []
  2. Die Karte als pdf. []
  3. Der deutliche Bacon-Überhang wiederholte sich auch bei 46halbes Frühstück. []

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Anna Blume

Wo schlürft man auch im Winter einen gut abgestimmten Aperol Spritz in ausreichender Schankgröße, ohne sich zu blamieren? Natürlich im Prenzlauer Berg, wo sich in der kalten Jahreszeit die Touristen mit den Einheimischen vermischen. Glücklicherweise waren weder unter den einen noch den anderen die in dieser Gegend nicht selten speisenden Schürzenjäger dabei.

Unsere Wahl fiel diesmal auf das „Anna Blume“ in der Kollwitzstraße. Und wir1 wollen das Ergebnis unseres Tests gleich vorwegnehmen: Wir waren sehr zufrieden und werden dorthin bei Gelegenheit zurückkehren. Das empfiehlt sich schon deshalb, weil man im Sommer auch draußen sitzen kann.

Anders als im nahegelegenen Sowohl als auch kann man im „Anna Blume“ aber bei Überfüllung in dieser Jahreszeit nicht draußen verweilen. Vielleicht verscherzten es sich die Besitzer mit dem ortsansässigen Tankwart, so dass die in Berlin sowieso auf der Abschussliste befindlichen Heizpilze nicht mehr befüllt werden konnten.

Bevor die bestellten Speisen bei uns landeten, lieferte uns die Bedienung bereits einen recht ansehnlichen, aber kleinen Brotkorb:

brotkorb

Der Brotkorb für zwei Personen im „Anna Blume“ ist knapp bemessen, der Inhalt kann aber nachbestellt werden.

Nur wenig später gesellte sich der dazugehörige Frühstücksteller zu uns an den Tisch, dessen Höhepunkt nach Auskunft von Karl-Dieter die köstliche Erdbeermarmelade war. Ansonsten fand sich auf dem Teller eine Fülle von Speisen, teilweise auf originell anmutenden Utensilien dargeboten, welche wir fast als Wegtragsel eingesteckt hätten. Der Brotkorb musste aufgrund der breiten Auswahl bald mit Brötchen nachgefüllt werden.

alpenrose

Frühstück „Alpenrose“ für 12,60 €.

Das Ensemble bestand aus einer abwechslungsreichen und optisch ansprechend präsentierten Mischung aus Bergkäse und Ziegenkäse mit etwas Grünzeug, Schinken und frischem Obst. Beim „Alpenrose“ fand sich auf dem Teller außerdem eine marmeladenartige gelbe Substanz, die nach dem Probieren von Karl-Dieter das Prädikat „überraschend scharf“ bekam. Erste Vermutungen gingen in Richtung Ingwer, aber nach freundlicher Auskunft der Bedienung handelte es sich in Wahrheit um Feigensenf. Karl-Dieter hatte wirklich nichts zu meckern, einzig den Käsesalat quittierte er mit den Worten: „nicht so mein Fall“.

Auch 46halbe konnte sich für ihre Wahl erwärmen:

obstsalat

Obstsalat für 5,90 €.

Der Obstsalat war wirklich frisch und von beeindruckender Größe.

Vielleicht nicht eben gewöhnlich für ein Frühstück, aber angesichts der an diesem Tag schon fortgeschrittenen Uhrzeit unauffällig: Karl-Dieter orderte eine Kartoffelsuppe mit Würstchen und Majoran als Teil der (angeblich) wichtigsten Mahlzeit des Tages.

kartoffelsuppe

Die Kartoffelsuppe für 4,90 €.

Er schätzte sie nach Verzehr als „ziemlich gut“ ein, allerdings sei sie etwas ungesalzen gewesen. Abhilfe brachte der obligatorische Salzstreuer, der bekanntlich auf kaum einem deutschen Restauranttisch fehlt.

Wir haben es an diesem Tag nicht selbst getestet, aber bis 22 Uhr wird warme und kalte Küche angeboten. Angesichts der Kartoffelsuppe, die von Karl-Dieter zusammen mit dem Frühstück „Alpenrose“ genossen wurde, war seine Magenkapazität aber ohnehin ausgereizt. Kein Grund allerdings, nicht noch das Alkoholangebot auszuprobieren:

aperol spritz

Aperol Spritz mit Prosecco für 5,80 €.

Es mag am Alkoholeinfluss gelegen haben, aber nach Genuss des Essens und des obigen Getränks einigten wir uns ohne viel Gerede darauf, dass wir das Preis-Leistungs-Verhältnis als absolut angemessen und die Speisen als sehr zufriedenstellend empfunden haben.

Bleibt noch, unsere sonstige Getränkewahl zu vermerken:

getraenke, warm und kalt

Die anfangs bestellten Getränke: Latte macchiato für 3,90 €, kleiner Maracujanektar (0,2 l) für 3,30 €, Kaffee „Hausmischung“ für 2,60 €.

Die „TTL“ (time to latte) haben wir mangels Aufmerksamkeit nicht exakt bestimmen können, aber die Wartezeit war so kurz, dass sie in keiner Weise negativ auffiel. Generell erwies sich unsere Bedienung als freundlich und schnell. Es unterlief ihr nur ein vernachlässigbarer Fehler, den Karl-Dieter verschmerzen konnte: Statt des bestellten Kännchens wurde nur eine Tasse Kaffee geliefert.

Eine besondere Erwähnung soll noch eine letzte Speise erhalten, die 46halbe genossen hat:

ei im glas

Das Gericht heißt „Eier im Glas“, 4,50 €.

Denn die beiden unter Grünzeugs verborgenen Eier waren von perfekter Konsistenz und rundum wohlschmeckend. Für insgesamt 43,50 € (ohne Trinkgeld) waren wir auf ganzer Linie zufrieden.

Hingehen sollten alle, die gern noch rausfinden wollen, warum sich das Lokal den Untertitel „kulinarische und floristische Spezialitäten“ gegeben hat, die Wert darauf legen, auch laktosefreie Milch oder Sojamilch bestellen zu können, oder die (nicht nur) einen Blick auf die ansehnliche Auswahl der Torten werfen möchten.

Anna Blume (Blick in den Innenraum)

Kollwitzstraße 83, 10117 Berlin-Prenzlauer Berg
Tel. (030) 44 04 87 49

Webseite, übrigens mit der Möglichkeit, einen Gutschein zu bestellen

  1. Diesmal waren 46halbe und Karl-Dieter als Testpersonen unterwegs. []

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The Barn

Mittags rum in Berlin einen überdurchschnittlichen Kaffee zu bekommen, ist in den letzten Jahren leichter geworden. Mehrere bemerkenswerte Kaffeeläden und -röstereien haben eröffnet, ein paar mit hohem eigenen Anspruch. Dazu gehört The Barn, dessen neue und größere Filiale in der Schönhauser wir kurz nach der Eröffnung unter die Lupe nehmen wollten.1
Betritt man den Laden zum ersten Mal, fallen sofort die großen ungenutzten Flächen ins Auge. Die typische Aufteilung in Berliner Cafés orientiert sich häufig an der Optimierung des Raumes, was Sitzplätze, Tische und Tresen angeht. Nicht so im The Barn: An den Wänden und Fenstern sind einige wenige Bänke und Hocker, minimale flache Tischchen davor. Der Rest des Raumes besteht aus kahlem Boden. Der riesige Tresen wirkt so wie der Altar einer Kathedrale.
kathedrale

Holz und warmes Licht.

Welchen Sitzplatz man auch immer wählt, man hat ein „no laptop“-Schild in Sichtweite. Ein gewisses Verständnis für die Absicht des Betreibers, nicht noch ein weiteres der Berliner Cafés zu werden, das zum Zweitbüro für die Horden an Pseudokreativen mutiert, werden vermutlich viele Besucher aufbringen. Aber durch die Schilder setzt trotzdem ein Gefühl ein, das eine Art Leitmotiv unseres Besuches werden soll: Bevormundung.
no laptop

Keine Computer erwünscht, Mobiltelefone aber geduldet.

Angenehmerweise wird man im The Barn zwar nicht mit zu lauter oder unpassender Musikkulisse zwangsbeschallt,2 aber den wirklich unangenehmen Aspekt der Bevormundung bekommt man gerade dann zu spüren, wenn es um Kaffee geht.
kaffee an tischchen

Guter Kaffee ist nicht billig.

Ein Beispiel ist die Frage der Milchabgabe an Gäste. Man mag es für selbstverständlich halten in einem Kaffeeladen, daß manche Menschen ihren Kaffee mit Milch mögen und sie daher angeboten wird. Im The Barn jedoch bekommt man nur eine Sorte Kaffee mit Milch. Es wird zwar auf die elaborierten neudeutschen Bezeichnungen für koffeinhaltige Heißgetränke wie Cappuccino, Flat White, Café au lait und dergleichen verzichtet, es gibt auch nur drei Größen an ausgeschenktem Kaffee (4oz, 8oz und 12oz), allerdings wird man aus der vorhandenen Auswahl an Bohnen auf eine einzige Sorte festgelegt, die man mit Milch genießen darf. Auch auf Nachfrage bekommt man keinen anderen Kaffee mit Milch.
roester

1955er Probat-Röstmaschine, drinnen läuft die „Cropster Roast Profiling Software“.

Wir haben also nur die Wahl zwischen einer aeropress-Zubereitung und klassischem Filterkaffee. Dies wird zudem mit geübtem geringschätzigen Blick mitgeteilt, der einen auch gleich beim Gang zum Zucker – nur um die Säure zu bändigen! – begleitet. Immerhin kommt der Zucker mit einem mehr oder weniger freundlichen Hinweis neben dem Schälchen.
hinweisschild am zucker

„We find that you get the best impression of all flavours of our coffee when you enjoy it without sugar.“ Wir nicht.

Zweifelsohne entstehen die Espresso-shots auf der Marzocco unter größter Mühwaltung, wir fragen uns jedoch, ob angesichts der guten Lage für Laufkundschaft aller Couleur an der Schönhauser es denn nun wirklich für den Milchkaffee eine Bohne sein muß, die maximal einen Nischengeschmack bedient. Man kommt sich ein wenig vor wie in einem Programmkino, dessen Ausstattung und Technik Spitzenklasse ist, aber das in der Auswahl des Programms und im Service provinziell bleibt.
Zucker aus Mauritius

Unbehandelter Zucker aus Mauritius, reich an Vitaminen und Mineralien.

Neben „no milk“ und „no laptop“ gilt auch der Grundsatz „no pram“, forciert durch einen Anti-Kinderwagen-Poller an der Tür. Über diese Kinderwagensperren wird schon länger diskutiert, auch da sie in Berlin gefühlt leicht steigende Tendenz aufweisen. Doch solche Diskussionen bleiben reichlich abstrakt, bis man mal Augenzeuge wird, wie solche Poller in der Praxis funktionieren.
kinderwagenblockierer

So sieht ein Kinderwagenblockierer aus.

Denn tatsächlich betritt eine Mama mit Wagen zum Ende unseres Besuches hin das Lokal. Vielmehr versucht sie es, denn der Poller blockiert den Kinderwagen. Der Grund der Blockade ist für den Schiebenden des Gefährts aber nicht unmittelbar sichtbar, so daß sie anfangs versucht, an der Sperre vorbeizufahren, während der Barista hinter dem Tresen abwartend gespannte Haltung annimmt. Erst als die Mutter versteht, daß es sich um eine dafür konstruierte Kinderwagensperre handelt, machen sie und ihre Begleiterin kehrt.
Die Szene löst bei 46halbe den Reflex aus, den Laden umgehend zu verlassen. Wir verzichten auf das Ausprobieren der Nahrung, es war ohnehin mal wieder alles voller Tomaten.
Hingehen sollten alle kinderlosen laktoseintoleranten Liebhaber saurer Kaffees, die des Englischen mächtig sind und gern bei einem makellos zubereiteten koffeinhaltigen Heißgetränk in aller Stille ihre Klaustrophobie in einem wie von Werbern erdachten „back to the basic“-Kaffeekathedralenambiente auskurieren möchten. Kaffeephilister hingegen werden hier die Nase rümpfen.
  1. 46halbe hat sich mit nibbler einen echten Kaffeeliebhaber als Unterstützung angelacht. []
  2. Vermutlich dank GEMA ohnehin ein zu kostspieliges Unterfangen. []

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Maison Courage

Es gibt Lokale in Berlin, an denen man gefühlt schon tausendmal vorbeigegangen, aber bisher nie eingekehrt ist. Das wollen wir1 heute ändern, an einem Ort, der auf den ersten Blick nicht gerade zum Draußensitzen einlädt: am Senefelderplatz an der südlichen Schönhauser Allee, den bereits seit 1892 ein Alois-Senefelder-Denkmal aus Marmor schmückt. Schon bevor das Denkmal eingeweiht wurde, zog an der Ecke Saarbrücker Straße das „Maison Courage“ ein, angeblich bereits 1876 (Eigenwerbung).

Wenn das stimmt, hat das Maison Courage eine bewegte Geschichte miterlebt: Karls Vater Wilhelm Liebknecht, einer der radikaldemokratischen SPD-Gründer, hatte hier bis 1900 seinen Wahlkreis und feierte seine Siege. Daß das Lokal aber von ihm bei einer Art Wolfratshauser Frühstück nach Art von Angela Merkel, Edmund Stoiber und Muschi genutzt worden sein soll, ist unbelegt. In den 1920ern zog gegenüber in der (später abgerissenen) Brauerei Königstadt das riesige Uraufführungskino der Ufa ein, und im Zweiten Weltkrieg blieb am ganzen Platz kaum ein Haus heil.

Heute aber ist der Senefelderplatz vor allem vom Autoverkehr dominiert und damit laut. Das schreckt uns nicht, als Berliner ist man den Lärm gewöhnt. Was jedoch wenig einladend wirkt, sind die zuerst auffallenden angeketteten Tische und Stühle:

an ketten

Stahldraht an Tischen und Stühlen: kostenlos.

Diebstahl des Mobiliars scheint wohl selbst am hellichten Tag ein Problem zu sein. Eine einfache Erklärung wäre aber auch Bequemlichkeit, schließlich ist das Anketten abends und das Entfernen morgens eine nervige Arbeit. Während wir versuchen, unsere Füße nicht im Stahldraht zu verhakeln, werfen wir einen Blick in die Karte. Frühstück kann täglich von 10 bis 15 Uhr geordert werden, alle Frühstücke beinhalten Butter, einen Brotkorb und Konfitüre. Zwar schreien einen Rechtschreibfehler in der Speisekarte an, dafür ist sie aber abwischbar und touristengerecht durchgängig zweisprachig in Deutsch und Englisch.

Bevor die nicht sehr große Auswahl an Frühstücken näher begutachtet wird, muß der obligatorische Latte Macchiato her:

latte

Latte Macchiato: 2,90 €.

46halbe entscheidet sich wegen nur leichten Hungers nach kurzer Bedenkzeit für „Französisch & Leicht“. Die zwei Croissants sind noch warm und duften anziehend:

franzoesisch+leicht

Französisch & Leicht: 6 €.

Herr Vroomfondel bestellt Rührei mit Speck und Zwiebeln:

ruehrei+speck

Rührei mit Speck und Zwiebeln: 4,50 €.

Das Rührei erntet als ersten Kommentar von Herrn Vroomfondel ein gemurmeltes „übersichtlich“. Der erste Eindruck wird leider auch nicht durch übermäßig gute Qualität oder köstlichen Geschmack wettgemacht. Die Zwiebeln stellen sich als nicht lang genug angebraten raus, der Speck ist nicht knusprig, das Rührei hätte insgesamt noch zwei Minuten mehr in der Pfanne vertragen können. Das Dressing auf dem Deko-Salat kommt aus der Flasche. Insgesamt bescheinigt Herr Vroomfondel noch freundlich: „Nichts Besonderes.“

46halbe bestellt noch einen Grapefruitsaft für zwei Euro (0,2 l), der schon wenig später serviert wird. Das gleichzeitig avisierte Pfefferminz-Heißgetränk für 2,60 Euro, das eigentlich mit frischen Ingwer und Limette kommen sollte, hat leider weder das eine noch das andere drin. Auch die Teebestellung im Anschluß erweist sich als schwierig. Auf die Bitte, einen Darjeeling zu bringen, reagiert die Bedienung mit der Rückfrage, ob das Schwarzer Tee sei. Wir ahnen es schon: Es kommt stattdessen eine undefinierbare „English Breakfast“-Mischung. Der Schokokeks war bei Auslieferung schon im wärmebedingten Übergang in einen flüssigen Aggregatzustand.

schwarzer tee

Der Darjeeling, der keiner war: 1,80 €.

Zu loben sind allerdings die Brötchen, sie sind frisch und werden in ausreichender Menge angeboten:

brotkorb

Brotkorb: bei allen Frühstücken mit dabei.

Während wir noch ein wenig die Güte des Essens besprechen, fällt uns ein Accessoire auf dem Tisch auf, das wir dem geneigten Frühstücksblog-Leser nicht vorenthalten wollen: ein Zuckerstreuer. Mit ihm die gewünschte Menge Zucker für den Tee zu dosieren, stellt sich als Herausforderung dar:

zuckerstreuer

Der Zuckerstreuer: kostenlos.

Zur Verdauung sollte es zuletzt ein spanischer Cortado sein, mit einem kleinen Milch-Wölkchen. Er steht zwar in der Karte, das weiß aber die Kellnerin nicht. Sie ist die ganze Zeit sehr entgegenkommend und freundlich gewesen, aber hier muß sie passen. Es scheint im Maison Courage nicht ungewöhnlich zu sein: Geliefert wird mal wieder etwas anderes. Statt eines Cortados, der üblicherweise in einer kleinen Espressotasse serviert wird, kommt eine Art Cappuccino. 46halbe ist nicht sonderlich amüsiert, trinkt ihn aber ob des morgendlichen Koffeinmangels.

cortado

Der Möchtegern-Cortado für 3,60 €.

Das Maison Courage bietet übrigens auch Live-Konzerte und ist nachts durchaus gut frequentiert. Wer also gern als Nachtwächter unterwegs ist: Es schließt erst um drei Uhr morgens.

Hingehen sollten alle, die trotz lauter Umgebung ganz wie Nabobs draußen sitzen möchten, kostenloses Leitungswasser zu schätzen wissen und für diese Berliner Gegend ein ordentliches Verhältnis Preis/Leistung suchen. Falsch ist man allerdings im Maison Courage, wenn man ein Gourmet-Frühstück erwartet.

Maison Courage
Saarbrücker Straße 17, 10405 Berlin
Tel. (0711) 24 24 36
Webseite

  1. 46halbe und Herr Vroomfondel waren die furchtlosen Testpersonen. []

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