Stilbruch

Wie wir auf die Idee kamen, in der Revaler Straße nahe der Baustelle des schon seit 2011 und noch immer modernisierten S-Bahnhofs Warschauer Straße zu essen, lässt sich nicht mehr genau rekonstruieren. Aber eine schlechte Wahl war das nicht, denn mittlerweile reiht sich in der Straße ein Lokal an das nächste, vermutlich auch wegen der vielen Touristen in der Gegend. Generell kennzeichnet das Kiez eine meist lauffreudige Menschenmenge und viele verschiedene Küchen zur Auswahl.

Unsere Wahl fiel auf das „Stilbruch“, direkt gegenüber vom RAW-Gelände. Wir1 kannten es zuvor noch nicht und waren entsprechend neugierig. Der Besuch begann allerdings mit einer vermutlich durch Koffeinmangel ausgelösten Fehlbestellung:

tee

Zum Frühstück auch mal Tee: „Vita Orange“ für 2,20 €.

Offengestanden ist 46halbe bei Tee in Art und Zubereitung wählerisch, weswegen sie fast nie auswärts einen bestellt – schon gar nicht im „Stilbruch“, was ja ein explizites Kaffee-Lokal mit eigener Rösterei ist. Aber sie hielt „Vita Orange“ bei der Bestellung für ein Kaltgetränk und nicht für einen heißen Früchtetee, weswegen sie ihn nun ungewollt bekam.

Da man die Getränke, die Nahrung (und das Besteck) jeweils einzeln bestellen, sofort bezahlen und selber mitnehmen muss, fiel der Missgriff auch gleich auf. Aber allzu sehr bereut hat sie die Fehlbestellung nicht, denn der Tee schmeckte durchaus genießbar und recht fruchtig. Ansehnlich war er auch, denn das satte Rot schwebte ja dank Self-Service erst nach eigenem Zutun aus dem feinmaschig pyramidenförmigen Stoffbeutelchen. Wie die Maulaffen schauten wir beide für ein paar Sekunden gebannt auf die Muster, die man sonst nur aus Simulation von Schwarmintelligenz oder Musikvisualisierungssoftware kennt.

Aber wichtiger als Getränke war das Aussuchen der hoffentlich auf gesetzestreue Weise zustandegekommenen Gerichte, schließlich ist das hier ein Frühstücksblog. Und um es gleich zu sagen: Das Essen war hervorragend und half uns locker über die etwas instagramige Atmosphäre mit Shabby-Chic-Tischchen und freischwebenden Retroglühbirnen im „Stilbruch“ hinweg.

Während wir auf das Essen warteten, begann leider ein äquidistantes piependes Geräusch, offenbar von einer Maschine, die Beachtung einforderte. Leider beendete für lange Zeit niemand vom Personal das nervige Piepsen und niemand bemerkte auch das fragende Umherschauen der Gäste. Aber wie das so ist: Wenn etwas Unangenehmes aufhört, vergisst man es recht schnell. Vermutlich nur wegen unserer Mitschriften erinnern wir uns noch daran.

Ohne viel Umschweife entschied sich Benks aus der nicht allzu umfänglichen Karte des „Stilbruch“ für ein vegetarisches Frühstück:

fruehstueck

Vegetarische Platte für 8,90 € nebst Hafer-Macchiato (Preis nicht notiert).

Das Frühstück wurde mit Muße genossen. Benks ist sowohl bei Couscous als auch vor allem bei Aubergine eher skeptisch – da könnte man viel falsch machen. Hier war aber Feuchtigkeitsgrad, Öligkeit und Bissfeste richtig dosiert. Mit den verschiedenen Cremes und Pasten wurde nicht nur das dunkle, sondern auch das für sich genommen etwas Larifari wirkende Weißbrot zum mundenden Happen.

Der Hafer-Macchiato löste ein wohlwollendes Nicken bei Benks aus.

brotkorb

Der Brotkorb im „Stilbruch“.

Auch die Wahl von 46halbe stellte sich als äußerst wohlschmeckend heraus:

fruehstueck revaler

Revaler-Frühstück für 7,90 €.

Geliefert wurde ein Vollkorn-Sauerteigbrot, das nach eigenen Angaben aus Dänemark stammen soll. Darauf war „Pulled Turkey“, also gebackenes und dann zerrupftes Truthahnfleisch (oder in Deutschland auch Pute), außerdem Speck, Avocado und Rucola. Dazu würzte ein Honig-Senf-Dressing, was das Ganze gut abrundete.

Während wir aßen, brach der Nachmittag an, was den Laden sichtbar leerer werden ließ. Im „Stilbruch“ muss man übrigens erstmal im Portemonnaie wühlen, ob man auch genug Bares dabei hat. Denn Karten werden hier nicht akzeptiert. Da man aber ohnehin mangels Bedienung zum Tresen läuft und bestellt und sofort Stück für Stück bezahlt, kann einem auch das Hartgeld nicht ausgehen, schlicht weil man dann nichts bestellen kann.

Zum Frühstück im „Stilbruch“ musste dann noch ein Klassiker her, der regelmäßig bestellt wird:

o-saft

Frischgepresster Orangensaft (0,2 l) für 3,10 €.

Die meisten Gäste drängten sich bei schönem Wetter zum Teil nur im Nicki bekleidet draußen an den Tischen, so dass drinnen entspannt ein Platz zu finden war. Zusätzlich gab es im Inneren noch eine Reihe Computer-Plätze, an denen man etwas abgetrennt vom Hauptraum allein sitzen konnte. Die Plätze waren aber an diesem Tag meist leer, obwohl sie vermutlich ansonsten gern genutzt werden, da sie so angeordnet sind, dass die Bildschirme uneinsehbar bleiben. Sie eignen sich auch für stillende Mütter, weil man dort ein Weilchen in Ruhe und abseits sein Baby füttern kann. Auch für Telefonate ohne viele Mithörer ist die etwas abgetrennte Räumlichkeit geeignet. Allerdings muss man dafür den Anblick eines Kunstrasens an der Wand hinnehmen.

Bei den koffeinhaltigen Getränken blieb 46halbe beim Klassiker und gönnte sich noch einen Flat White:

getraenke, warm: flat white

Flat White für 3,10 €.

Die „TTL“ (time to latte) von der Bestellung bis zum Abholen des Kaffees war jeweils nur wenige Minuten.

Hingehen sollten alle, die damit leben können, für ihre Bestellung immer wieder den Tisch zu verlassen und auch mal in der Schlange zu stehen, und die eine Portion Hipster für einen guten Kaffee einfach wegstecken.

Stilbruch (Blick von außen)

Revaler Straße 9, 10245 Berlin
Tel. (030) 25 20 40 80

Webseite

  1. Diesmal waren 46halbe und Benks als Tester unterwegs. []

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Filed under À la carte, Friedrichshain, keine Kreditkartenzahlung

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