Zehn Jahre danach: Uebereck

Am „Uebereck“1 kamen wir in den letzten zehn Jahren oft vorbei, es liegt nahe an der vielbesuchten S-Bahn-Station Ostkreuz. Wir saßen manches Mal darin und haben unsere Beobachtungen vor mehr als einem Jahrzehnt schon festgehalten. Nun wollten wir2 es in einem „Zehn Jahre danach“-Test erneut probieren.

Damals war bei unserem Besuch viel Baulärm, da der Umbau des Bahnhofs Ostkreuz gerade begonnen hatte. Mittlerweile ist er so gut wie fertig, Berlin kann also große Verkehrsbauprojekte durchaus erfolgreich hinbekommen. Für die Baufortschritte und -rückblicke lohnt sich übrigens ein Blick ins Ostkreuzblog.

ostkreuz, draussen

Vom „Uebereck“ kann man das neue Bahnhofsgebäude Ostkreuz sehen. Hier die große Ringbahnhalle.

Bild: lt_paris, CC BY-NC-ND 2.0.

Das „Uebereck“ liegt an einer kleinen Grünfläche, die sich mit den Jahren als ein typischer Berliner Ort etabliert hat, wo sich abends alte Jungfern und Hagestolze das Bierchen zupröstern. Allerdings wird die Fläche gerade umgestaltet und mit einem Spielplatz etwas familienkompatibler. Ganz ohne Baulärm kommt die Gegend also noch immer nicht aus.

Dennoch stehen draußen am „Uebereck“ Tische, allerdings ist der Bürgersteig in diesem Viertel etwas zu schmal, um entspannt zu essen. Das hat die Berliner aber noch nie gehindert. Wir setzten uns aber nach drinnen und konzentrierten uns selbstverständlich auf unser Testessen.

gemischtes fruehstueck

Kleines gemischtes Frühstück: 6,90 €.

Nicht nur wegen der Vergleichbarkeit, sondern auch, weil erdgeist regelmäßig eine Art Lackmustest durchführt, ließ er sich sein Standard-Frühstück liefern: Das kleine gemischte Frühstück bestand neben dem obligatorischen gekochten Ei aus Wurst- und Käseaufschnitt an einer Salatvariation, abgerundet mit frischem Obst, Gemüse und Süßem in Portionspäckchen3, einzig der Honig kam im Dekor-Waffelbecherchen aus irgendeiner Art Filinchen-Kruste.

Begeistert ist anders: Wenig schmeichelhaft fiel erdgeist auf Nachfrage nur „abgespacktes Drei-Sterne-Hotel-Frühstück“ ein. Der Rand der servierten Wurst wellte sich allerdings schon vor dieser Bemerkung bedenklich nach oben, während die wahrscheinlich aus Dekorgründen über dem Teller verstreuten Petersilienfitzelchen ganz unappetitlich mit den Apfel- und Birnensegmenten intim wurden.

koffein-saft-dreiklang

Latte macchiato: 3,20 €, der zweite mit doppeltem Espresso (Preis nicht notiert), ein frischgepresster Orangensaft (0,2 l): 3,50 €.

Auch im „Uebereck“ bestellten wir wieder den für uns typischen Getränke-Dreiklang: Zwei Latte macchiato, einmal für Erwachsene mit doppeltem Espresso, einmal in der Normalversion, sowie den von 46halbe stets gemochten frischgepressten Orangensaft. Die koffeinhaltigen Getränke bekamen allerdings das Prädikat „ziemlich medioker“. Sie konnten keine große Freude wecken, sondern erfüllten nur ihren Zweck: Das Koffein-Level halten. Wasser dazu zu servieren, fiel hier niemandem ein.

Später gesellte sich noch ein Cappuccino (2,50 €) dazu, der nach Dafürhalten von 46halbe von besserem Geschmack war. Aber möglicherweise war ihre Wahrnehmung vom nun bereits gefüllten Magen auch getrübt.

brotkorb

Brotkorb: ohne ausgewiesenen Preis.

Zu erdgeists Frühstück gesellte sich ein immerhin recht ansehnlicher Brotkorb mit den erwähnten Marmeladen-Abpackungen. Allerdings bemängelte er die Brötchen als nicht frisch. Negativ fiel außerdem auf, dass nur Serviettchen an den Tisch geliefert wurden: Sie waren nicht nur dünn, sondern auch klein, im Grunde also als Servietten unbrauchbar, insbesondere wenn man Teile der Speisen mit den Händen isst.

Unsere Stimmung war nicht allzu heiter, was auch dadurch bestärkt wurde, dass der Laden schlicht lärmig war. Einerseits kann das nicht dem Betreiber angelastet werden, da an diesem Tag eine größere Gruppe von vielleicht zehn Leuten an einem langen Tisch mitten im Raum saß. Das führte zwangsläufig zu lautem Reden und in der Folge einem Ansteigen des allgemeinen Geräuschpegels. Andererseits aber lief auch eine unangenehm laute Maschine, die jede Gemütlichkeit zuverlässig abwürgte. Wir vermuteten eine Kühlvitrine oder eine Eismaschine, waren aber nicht sicher.

Wir schlossen uns notgedrungen an und unterhielten uns entsprechend laut.

Um auch belastbare Vergleiche anstellen zu können, entschloss sich 46halbe ebenfalls für das nochmalige Bestellen ihres vor zehn Jahren gekosteten Frühstücks:

franzoesisches fruehstueck

Französisches Frühstück: 6,90 €.

Sie war damit ganz zufrieden, denn die Erwartungen wurden erfüllt. Die Croissants erwiesen sich als frisch, die Marmelade war exakt so, wie sie aus diesen Abpackungen immer schmeckt. Letztlich blieb aber unklar, warum man dafür 6,90 Euro löhnen sollte. Vielleicht waren es die Obstbeigaben, die das rechtfertigen könnten.

schwaerzungen

Auffällige Häufung bei Schwärzungen in der Speisekarte.

Viel Wahl hätten wir aber ohnehin nicht gehabt, denn offenbar fielen – wie öfter in von Touristen frequentierten Lokalen – diverse Gerichte mit der Zeit unter den Tisch, wie forensische Untersuchungen der Speisekarten-Sedimente ergaben.

Hingehen sollten alle, die eine lärmige Atmosphäre wegstecken können, endlich mal einen „Geheimtip“ aus dem „Lonely Planet“ zusammen mit fünfzig anderen Berlin-Besuchern entdecken wollen und denen das Inklusiv-Frühstück im Hostel zu großzügig bestückt ist.

Uebereck
Lenbachstraße 8, 10245 Berlin
Tel. (030) 29 12 792
Webseite

  1. Nicht zu verwechseln mit dem Übereck in der Prenzlauer Allee. []
  2. Diesmal waren wieder 46halbe und erdgeist zur Testspeisung unterwegs. []
  3. Aktuell im Großhandel bei 10 Eurocent pro Stück. []

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Filed under À la carte, Friedrichshain

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