Wenn es just anfängt zu regnen, ist das doch sicher ein gutes Omen – nämlich gerade als wir1 an der Tür der Academie der schönsten Künste standen, tröpfelte es von oben. Nicht „schönen“ wohlgemerkt, da mag sich jeder seinen eigenen Reim drauf machen.
Das Interieur wirkte einladend: In dem mehrfach unterteilten Innenraum reihen sich gemütliche Sofabänke aneinander, garniert mit großen bunten Kissen. An den Wänden konnte man dutzende Bilder und Fotos betrachten, nicht selten abgebildet waren nackte, halbnackte und sich offenkundig zugetane Menschen. Eine umfangreiche Auswahl von Zeitschriften, aber leider keine Tageszeitungen, lagen bereit, um einsamen Frühstückern die Zeit zu vertreiben.
Auf einem kleinen Hinterhof gibt es einige Tische unter Sonnen- bzw. Regenschirmen. Aufgrund des Wetters verzichteten wir darauf, in Ruhe unter den Schirmen zu sitzen, und suchten uns einen Tisch drinnen. Angenehmerweise zechte die übliche Stuttgarter Landplage – der telefonierende oberhemdtragende Yuppie – woanders, so daß sich eine angenehme Frühstücksatmosphäre einstellte. Zwar saß eine anfangs fortlaufend in eines ihrer diversen Telefone plappernde Frau gegenüber, sie griff sich aber alsbald ein Buch und schwieg. Bei der Lektüre handelte es sich um ein Werk eines Bizarro-Esoterikers mit güldenem Umschlag, was uns zu abseitigen Spekulationen über den Beruf der Dame anregte. Wir verzichten hier zugunsten des Lesers auf eine genauere Erörterung.
Dann kann es ja losgehen mit der Speisenwahl. Herr Vroomfondel wählte das Bauernbrot mit Räucherlachs und Meerettich, einen Latte Macchiato und eine große Apfelschorle. Die TTL wurde mit grenzwertigen sechs Minuten gestoppt, prinzipiell war die Bedienung eher lahm, aber nicht unfreundlich. Die in der Academie kredenzte Kaffeesorte wird den fortgeschrittenen Koffein-Nerd nicht zum glückseligen Grinsen verleiten, ist jedoch im Rahmen eines Frühstücks durchaus akzeptabel.
Bauernbrot mit Räucherlachs und Meerrettich: 5,90 €.
Das Bauernbrot stellte sich – leicht überraschend – als Italien-Style heraus. Es war grobporiges Weißbrot, das jedoch gut mit dem Lachs harmonierte. Der Lachs in Standard-Qualität war zu einem reichlich bemessenen Belag komponiert, der Meerettich wurde im separaten Näpfchen in ausreichender Menge gereicht. Erstaunlicherweise waren die halben Partytomaten, deren ubiquitäre Verwendung ja bei 46halbe zu einer konsequenten Abwertung in der Gesamtnote führt, aromatisch und zum Lachsbrot passend.
Das Angebot an Speisen war vielfältig, 46halbe hatte Mühe mit dem Auswählen. Das „knusprige Sandwich“ klang irgendwie gut. Dazu konnten, wie beim Bauernbrot auch, diverse Beläge ausgesucht werden. 46halbe entschied sich für die stinknormale Variante: Frischkäse und milde Salami. Es stellte sich allerdings heraus, daß es sich um eine schnöde Schrippe handelte, die allerdings tatsächlich als knusprig einzustufen war.
„Sandwich“ mit Frischkäse und Salami: 4,50 €.
Dazu wurde ein Obstsalat geordert, an dem es genau nichts zu bemängeln gab – außer vielleicht, daß Herr Vroomfondel sich mehrfach unerlaubt, aber mit großem Genuß, daran vergriff. Das spricht aber für Aussehen und Geschmack. Abweichend von den sonstigen Abläufen bestellte 46halbe dazu einen großen Milchkaffee.
Obstsalat: 5,50 €.
Die allgemeine Aufmerksamkeit des Personals ließ ein wenig zu wünschen übrig, es bedurfte mehrfacher Signalisierung von Nachbestell- und Zahlungsbereitschaft. Es glückte uns dann aber nach dem Verzehr doch die Bestellung eines Capuccino, der dem Milchkaffee nicht nur wie ein Ei dem anderen glich, sondern auch so schmeckte.
Großer Milchkaffee für 2,90 € oder kostenloser Capuccino?
Daß man sich die Brote aus einer großen Auswahl selbst zusammenstellen kann, ist eine innovative Idee fürs Frühstück, die man bisher nur selten offeriert bekommt. Innovativ und den Gästen sehr entgegenkommend ist es aber auch, Bestelltes einfach nicht zu berechnen. Wir schwören natürlich bei unseren Mägen, dies nicht gleich beim Bezahlen bemerkt zu haben, aber auf der Rechnung fehlten 46halbes Capuccino sowie der von Herrn Vroomfondel genossene frischgepreßte Orangensaft. Vermutlich wäre uns das ohne unser Frühstücksblog niemals aufgefallen, belief sich die Rechnung doch insgesamt auf stattliche 25,20 Euro.
Hingehen sollten alle, die in entspannter Atmosphäre aus einer großen Auswahl von leckeren, frisch belegten Brötchen, Broten, Obstsalat und ähnlichem frühstücken wollen. Falsch ist man allerdings in der Academie, wenn man ein typisches Berlin-Style gemischtes Frühstück erwartet.
Academie der schönsten Künste
Charlottenstraße 5, 70182 Stuttgart
Tel. (0711) 24 24 36
Webseite
- Diesmal waren 46halbe und Herr Vroomfondel als Testpersonen unterwegs. [↩]