Morgenland

Heute wird in unserem kleinen, hoffentlich nutzbringenden Blog mal wieder ein Lokal besprochen, dessen geographische Lage in die Kategorie „gut erreichbar“ fällt. Man kommt also dauernd dran vorbei: das Morgenland in der Skalitzer. Der Besuch diesmal war nicht zufällig, denn zeitgleich mit dem Frühstückstest wurden die Qualitäten des Etablissements für Arbeitsbesprechungen im weitesten Sinne erforscht.

Als wir1 eintraten, fiel uns zunächst auf, daß der ganze Laden vollgestopft mit Mobiliar war. Das Ambiente war durchaus einladend, man hatte nur erhebliche Mühe, zu einem der Tische zu gelangen.2 Da es zudem recht voll war, hatten wir verdammtes Glück, einen schönen Platz am Fenster okkupieren zu können. Leider war die Stimmung noch aus einem anderen Grund eingangs gedrückt:

steuer-ID              

Kostenlos, nicht ungefährlich und schlechte Laune machend: die Steuer-ID.

Stefan und 46halbe warteten zunächst vergeblich auf Andrea – also mußte zu zweit bestellt werden. Wir entschieden uns nach nur kurzer Durchsicht der Karte für das „Frühstück Paris“ und das „Italienische Frühstück“, dazu eine Schokolade und abweichend von den Gewohnheiten einen Milchkaffee, beides jeweils für 2,50 Euro.3 Die nach einer halben Stunde endlich eingetroffene Andrea war nicht dazu zu bringen, ein drittes Frühstück zu testen. Sie entschied sich ehern für das „Italienische Frühstück“.

Als gegrilltes Gemüse warteten nun auf beide Paprika und Zucchini, dazu leckere getrocknete Tomaten und Salami milanese:

italienisches fruehstueck              

Das „Italienische Frühstück“ für 7 €.

Außerdem waren noch dabei: Zwiebeln, die allerdings etwas länger hätten eingelegt sein dürfen, Gorgonzola, Parmesan und Mozzarella sowie Schinken.4 Stefan war begeistert („Super, fantastisch!“), meinte aber dann doch, daß es zwar leider etwas zu fettig, aber dafür lecker knoblauchig war.

fruehstueck paris               

Für das Frühstück „Paris“ sind 5 € fällig.

46halbes „Paris“ erfüllte die Erwartungen ebenfalls: Der Quark war köstlich und wurde mit Mango, Trauben, Orangen-, Grapefruit- und Melonenstückchen versüßt. Dazu wurde ein Crossaint mit Butter und Marmelade gereicht. Genau, was 46halbe vorgeschwebt hatte.

Nach dem genüßlichen Mahl folgten allerdings so einige Flausen der Bedienung, die das perfekte Frühstücksgefühl nicht recht aufkommen lassen wollten:5 Im Morgenland findet kein Abräumen statt.6 Nach einer halben Stunde vor leeren Tellern bequemte sich der Kellner wortlos an unseren Tisch.7 Und hey, man kann auch dann, wenn man nicht gefragt wird, laut sagen: „Ja, es hat geschmeckt. Vor einer Stunde.“8

Hingehen sollten alle, die auch ein für Kreuzberger Verhältnisse Yuppie-eskes Ambiente verkraften, aber wenig Zeit für leckere Frühstücke haben und daher ihr Geld direkt nach dem Essen auf den Tisch hauen, gehen und daher nicht auf das Abräumen warten müssen und die im Winter mit leichter Zugluft um die Waden klarkommen.

Morgenland Skalitzer Straße 35
Tel. (030) 611 32 91
Außenimpression im Sommer

  1. Diesmal war eine Dreiertruppe – bestehend aus Stefan, Andrea und 46halbe – als gemeinnützige Testpersonen unterwegs. []
  2. Lustigerweise hatten wir ziemlichen Spaß dabei, neuankommende Gäste dabei zu beobachten, wie sie ebenfalls versuchten, sich an den vielen Tischen und Stühlen vorbeizuquetschen. :} []
  3. Na? Wer hatte wohl was? []
  4. Es schmeckte wie Parmaschinken, war aber keiner. []
  5. Dazu kamen die Diskussionen um die adäquate Frisur bei männlichen Gesichtshaarträgern und um gegauckte Akten, aber die müssen hier aus Platzmangel entfallen. []
  6. Wir sinnierten schon, ob wir ein „Geschirr hier“-Schild übersehen haben könnten. []
  7. Damit ist auch die Frage klar, ob man dort eine halbwegs passable Arbeitsbesprechung mit etwaigen Notizen machen kann. *seufz* []
  8. Wir haben das aber nicht so gesagt. []

Leave a Comment

Filed under À la carte, Kreuzberg

Ben-Uschi & der Pabst

In der Marienburger, unweit der Winsstraße, kommt man an einem Lokal vorbei, dessen Name wohl in die Kategorie „Untypisch“ fällt: Ben-Uschi & der Pabst. Wenn das kein Grund ist, gerade hier ein koffeinhaltiges Frühstücksgetränk und leckeres Eßbares zu suchen, was dann? Vor einem großen, wegen der aufgebrachten Farbe golden schimmernden Hirschgeweih über unechtem, aber flackerndem Kamin findet sich ein bequemes Sofa für uns Bummelanten.

hirschgeweih

Blick auf das Hirschgeweih: kostenlos.

Wir1 wollten eigentlich gern erstmal einen Blick in die Speisekarte werfen, dieses Ansinnen wurde aber nicht wie erwartet befriedigt. Stattdessen hörten wir die Bemerkung; „So Karte aus Papier? Ham wa nich.“ Hoho! Alternativ brachte die sympathische und auffallend freundliche Kellnerin eine Tafel, die mit Kreide beschrieben und kunstvoll verziert war.

tafel als speisekarten-ersatz

Die Speisekarte war etwas größer als gewöhnlich.

Leider war 46halbe morgens noch nicht so wirklich in der Lage, sich zwischen den Leckereien, die auf der Tafel vermerkt waren, zu entscheiden. Also übernahm erdgeist die Bestellung, während wir mit nicht übermäßig lauter Kaufhausmusik bedudelt wurden. Die neuesten Nachrichten zur Finanzmarktkrise, den Börsenmaklern und weiteren unangenehmen Zeitgenossen konnten während der Wartezeit ausgetauscht werden. Zwischendurch kam der Latte macchiato (2,30 Euro), der mit Russisch Brot statt mit den sonst üblichen widerlichen Keksen serviert wurde. Das gab einen Pluspunkt. So richtig klar war bis zum Eintreffen der Speisen nicht, was es wohl geben würde, aber der Anblick des Servierten versprach Gaumenfreuden. Würde der Schein trügen?

fruehstueckspanorama

Mediterranes Frühstücksensemble um die 12 €, Einzelpreise mangels Speisekarte nicht feststellbar.

Nunja, vielleicht nicht ganz. Es war eine wirklich reichliche Mischung aus Wurst, Obst, Käse, Salaten mit frischen Backwaren, aber nach kurzer Zeit waren wir uns einig: Wir hatten eine Ölquelle aufgetan. Denn Öl war einfach überall und damit leider das einzige, wonach das optisch so ansprechende Frühstück schmeckte.

blick auf den teller

Öl-Frühstück.

Manchmal kommt dann eins zum anderen: Der Cappuccino bestand zur Hälfte aus Milchschaum und schmeckte entsprechend milchig. Tröstend ob des verpatzten Cappuccinos wirkten jedoch die vielen zu bestaunenden Bilder an den Wänden sowie der Anblick der Orchideen, die auf jedem Tisch zur Dekoration standen. Ein positiver Höhepunkt bildete die attraktive Art der Darreichung eines schnöden Eis:

ei im glas

Das sehenswerte Ei im Glas.

Hingehen sollten alle, die in der Nähe der Prenzlauer Allee ein reichliches, aber möglicherweise öliges Frühstück suchen, auf freundliche Ansprache Wert legen und die ein bequemes Interieur inklusive Ohrensesseln anspricht.

Ben-Uschi & der Pabst, Marienburger Str. 39
Tel. (030) 41725465
An der echten Webseite arbeiten sie noch

  1. Diesmal waren erdgeist und 46halbe auf der Jagd nach einem Frühstück. erdgeist ist übrigens immer sehr leicht an seinen Schuhen zu erkennen, die ihn wie ein Bergfex wirken lassen. Gerüchteweise kommt dies aber bei Weiblichen an. :} []

Leave a Comment

Filed under Verschwunden

Cream

Die Schlesische Straße kennt man. Als Berliner fährt man im Schnitt mindestens zehnmal durch im Monat. Es gibt da also nichts zu entdecken, was man nicht vom Auto oder vom Fahrrad aus bereits gesehen hätte? Oh doch – das Café Cream.

Das „Cream“ liegt etwas unauffällig am Wegesrand der Schlesischen Straße in der Nähe des U-Bahnhofes Schlesisches Tor an der Skalitzer. Wir1 waren zuvor noch nie in dieser Kaffeerösterei, obgleich man Orte, wo es frischen, guten Kaffee in Berlin gibt, kennen sollte. Ich kam allein etwas früher als die beiden an und wurde freundlichst begrüßt. Eine taz und die ausgedehnte Lektüre der Speisekarte half mir über die Wartezeit.

Frühstück „Alles Wurst“ für 6,90 €.

Ich hatte also meine Entscheidung bereits getroffen, als die beiden dazukamen. Der obligate Latte macchiato, der hier 3,10 Euro kostet, stand schon lange auf dem Tisch. Das Frühstück „Alles Wurst“, was mich als ehemaligen Zoni aufgrund der Namensgebung irgendwie an FDGB-Abendbrotbuffets erinnerte, gesellte sich dazu, wobei das Affenfett fehlte. Es gab dafür aber Putenbrust, Serranoschinken, Pastirma, Salami und ein paar Gurken. Zwar war kaum Obst dabei, dafür jedoch die ständigen Tomaten-Begleiter. Aber alles schmeckte lecker und frisch und wurde durch freundliche Servierer mit merkwürdigen Bärten gereicht.

Hedwig und Michael konnten sich zunächst nur schwer entscheiden, nachdem die Heißgetränke bestellt waren. Mag sein, daß meine wieder mal etwas übersteigerte Mitteilungsfreude ihre Konzentration auf die Speisekarte nicht eben beförderte. Sie hätten allerdings dann auch feststellen müssen, daß die deutsche Rechtschreibung nicht gerade die Stärke des Karten-Entwerfers war. Das gibt mindestens zwei Punkte Abzug auf der Gastronomiewertungsliste.

Das mediterrane Zwei-Leute-Frühstück für 12,90 €.

Auf das mediterrane Frühstück für zwei fiel dann die Wahl, dazu gehörten zwei gekochte Eier. Beide gaben übereinstimmend an, daß alles gut geschmeckt hätte, jedoch „ohne Überraschung“ gewesen sei. Hm, was mögen sie erwartet haben? Glückskekse? Johannisbeerbeilagen?  Das mag sich der geneigte Leser selbst überlegen.

Mit dabei: Zwei Eier.

Als sehr angenehm am „Cream“ muß bemerkt werden, daß die Lautstärke des Abspielgerätes für die Musik angemessen leise war. Kein lautes Gedudel, dazu ein ruhiger Besuchermix aus vermuteten Anwohnern, jedenfalls in der Mehrzahl Berliner. Die ganze Atmosphäre kann als wirklich „kaffeehausig“ umschrieben werden. Hätten nicht anderweitige Termine gewartet, wären wir sicher gern noch ein halbes Stündchen länger geblieben.

Hingehen sollten alle, die selbstgerösteten Kaffee und Frühstück a la carte möchten, zur Abwechslung mal männliche Kellner als Bedienung vorziehen und denen nach einer durch und durch entspannenden Kaffeehaus-Atmosphäre ist. Und Kaffee kaufen nicht vergessen.

Cream, Schlesische Str. 6
Tel. (030) 610 74 980
Cream-Logo draußen am Haus

  1. Eine ganz neue Dreiertruppe war diesmal unterwegs. Leider konnten wir uns nicht sofort auf die aus Gründen des Privatsphäreschutzes nötigen Aliase der beiden neuen Tester einigen. Aber ich habe in Erinnerung, daß wir und geeinigt haben, daß wir 46halbe, Michael und Hedwig heißen. []

4 Comments

Filed under À la carte, Kreuzberg, Verschwunden

Matilda

Der Graefekiez zwischen Südstern, Planufer und Kottbusser Damm in Kreuzberg ist ein weit attraktiveres Pflaster als gemeinhin bekannt. Das gilt insbesondere auch für ein Frühstück. Zwar ist der Nachmittag nicht die optimale Zeit dafür, aber das stets gut besuchte Matilda in der Graefestraße hat einen anderen Verkaufsschlager: Kuchen.

Schon beim Eintreten wurde das verwöhnte Ohr mit Musik im Stil von Vic Fontaine umweht. Wir1 ergatterten ein Sofa im Hinterzimmer, ließen die Karte links liegen und bestellten nach kurzem Blick in die Kuchenvitrine zwei Stückchen Pflaumenstreusel nebst Latte macchiato.

Der spätere Blick in die Speisekarte zeigte übrigens so manche Überraschung: Nicht nur waren fünf Frühstücke im Angebot, auch gibt es jeden ersten Samstag im Monat ab 20.30 Uhr Bingo sowie immer sonntags gemeinsames Tatort-Gucken am Beamer! :}

Zwei latte

Latte Macchiato für je 2,60.

Die koffeinhaltigen Heißgetränke wurden freundlich und schnell serviert. Ulf quittierte die Qualität des Latte kurz mit der Bewertung „okay, wird durchgewunken“. Erfreulicherweise wurde auch das stets goutierte Wasser dazu gereicht. Schon wenig später kam der Streuselkuchen – dann allerdings vergaß die Kellnerin, daß wir da waren.

pflaumenstreusel mit sahne

Pflaumenstreuselkuchen mit Sahne für 2,70 €.

Ulf hatte den Streuselkuchen mit Sahne, der nach seinem Bekunden sehr gut schmeckte, allerdings ein bißchen zu kalt war. In warm und duftend wäre das Geschmackserlebnis noch vollkommener gewesen. Nunja, den hatte eben nicht Mama gebacken, sondern die Serviererin vor vielleicht zwei Stunden der Tiefkühltruhe entnommen.

Generell fehlte etwas der Gemütlichkeits- und Kuschelfaktor im Matilda. Es mag an der etwas düsteren Lichtsituation gelegen haben, die nur durch eine neben uns stehende Stehlampe mit Bommeln und etwas von draußen einfallendes Restlicht geprägt war. Überhaupt schienen die Möbel irgendwann in der Zeit zwischen dem Ende der Arbeit der Trümmerfrauen und dem Aufkommen von Telespielen für Fernseher erstanden worden zu sein. Dazu passend gab es leicht glänzende Wände in rauchgelb. Nach kurzer Debatte verständigten wir uns außerdem darauf, daß die unverzierten Wände dringend das Interieur ironisch brechende Kunstdrucke vertragen würden.

Nicht daß wir uns hier groß beschweren wollten – schließlich hilft eine spannende Unterhaltung über die Einrichtung leicht hinweg. Es ist vielleicht nur der vor der Tür stehende Herbst: Bekanntermaßen brauchen Menschen in dieser Zeit eben viel Licht.

streuselkuchen ohne sahne

Den Streuselkuchen gab es auch ohne Sahne.

Nachdem 46halbe ihren Streuselkuchen ohne Sahne ebenfalls verspeist hatte, mußten wir zwar auf das Abräumen und die weiteren Getränke ein Weilchen warten, blieben aber ob der ansonsten stets lächelnden Kellnerin frohgemut und entschlossen uns dann zu einem Verdauungsspaziergang.

Ausblick im Graefekiez

Umsonst: Ausblick am Planufer im Graefekiez.

Hingehen sollten alle, die in diesem Berliner Kiez täglich ab neun Uhr ein entspanntes Lokal zum Verweilen suchen und bereit sind, auch mal ein paar Minuten auf umfassenden Service zu verzichten. Wer danach noch zu Fuß die Gegend erkunden möchte, ist hier ebenfalls genau richtig.

Matilda, Graefestr. 12
Tel. 030 / 817 97 288
Außenansicht

  1. Mit der kulinarischen Mission waren heute Ulf und 46halbe betraut. []

Leave a Comment

Filed under Kreuzberg, Nicht wirklich Frühstück

Gorki Park

Das Gorki Park ist ein Berliner Frühstücksklassiker am Rosenthaler Platz, der hier bisher nur aufgrund technischer Detailprobleme nicht besprochen wurde. Die Lage lädt dazu ein, beim Herunterrollen vom Prenzlauer Berg noch einmal Körper und Geist zu stärken, ohne einen kleineren Verteidigungshaushalt ausgeben zu müssen. Trotz der Nähe zur Touristenneppzone Mitte ist das Publikum angenehm entspannt. Die vorwiegend anzutreffenden Künstleraspiranten, alternden Medienproletarier und Musikspecker auf der Flucht vor dem Sozialstaat machen das zufällige Mitlauschen fremder Frühstücksgespräche zu einem Unterhaltungsfaktor.

Die überaus freundliche und aufmerksame Kellnerin beeindruckte die Tester[1] trotz der besten Frühstückszeit elf Uhr mit sagenhaften drei (!) Minuten Time To Tea (TTT). Auch der heute anstatt des sonst üblichen Latte bestellte kleine naturtrübe Apfelsaft für 2,20 Euro kam schnell zur – für ihre Verhältnisse – recht durstigen Frühstückerin.

glas tee

Glas Darjeeling-Tee für 2,20 Euro.

Die Karte im Gorki Park weist dem Namen entsprechend ein deutlich russisches Flair auf. Der Frühstücksauswahl tat dies jedoch keinen Abbruch. Es war aber nicht der Tag für Pelmeni und Borschtsch zum Frühstück – zumindest nicht für uns. frank entschied sich für das reichlich klingende Frühstück „Gorki Park“ zu angemessenen sieben Euro sowie ein Glas Darjeeling, standesgemäß folkloristisch serviert im Teeglas für 2,20 Euro. Angenehmerweise wurde die zweite Darjeeling-Dröhnung auch ohne spezielle Aufforderung mit dem schon beim ersten Glas bestellten Honig geliefert. Letzterer wies leider eine magische Anziehungskraft auf die jahreszeitlich bedingt zahlreichen Wespen auf, die selbst mit Hilfe des hemmungslos geschwungenen Tester-Moleskine nur unzureichend dezimiert werden konnten.[2]

fruehstueck gorki park

Frühstück Gorki Park: sieben Euro.

Das Frühstück „Gorki Park“ stellte sich nach kurzweiligen 16 Minuten Wartezeit als so reichlich wie erhofft heraus, nichts für Diätopfer und Suppenkasper. Selbst über die infektiös grassierende Beifügung sinnlosen Deko-Obstes konnte daher gnädig hinweggesehen werden, obgleich andere Frühstücker sowas ja angeblich schätzen sollen. Neben verschiedenen Salamisorten, die merkwürdigerweise eher spanisch als russisch wirkten, gab es einen leckeren Schinken, Rührei, eine äußerst delikate selbstgemachte Marmelade und einen obskuren – aber nach Entfernung überschüssiger Käseschichten leckeren – Toast mit gebratenem Huhn. Der Brotkorb war reichlich und wohlkomponiert.

Einzig die Buttermenge war für ein so umfangreiches Frühstück deutlich unterdimensioniert. Die Tester vermuten hier eine bisher unaufgedeckte Verschwörung am Werke, die vermutlich mit dem gleichzeitigen Verschwinden der EU-Butterberge und der Inbetriebnahme des Large Hadron Coliders in Genf zu tun hat. Wahrscheinlich wurde doch ein klitzekleines Schwarzes Loch erzeugt, durch dessen strategische Anwendung die Butterlagerkosten eliminiert und so der LHC refinanziert wurde.

ciabatta

Ciabatta mit Hähnchen und Käse für 3,90 Euro.

46halbe wählte hingegen das Ciabatta mit gebratenem Hähnchen und Käse überbacken für entspannte 3,90 Euro. Eigentlich ist sie keine Freundin von Ciabatta-Brot, aber es war mal wieder das unkontrollierte Salivieren beim Lesen der Karte an genau der Stelle, wo Ciabatta stand. Naja, es war keine schlechte Wahl, nur hätte der karge Teller etwas mehr Deko fürs Auge vertragen können. Da mußte 46halbe eben zu franks Teller rüberlinsen und dabei die wenigen versprenkelten Schnittlauchstückchen auf ihrem eigenen Teller aufpicken. Getröstet wurde sie von koffeinhaltigen Heißgetränken nach dem Frühstück: diesmal zwei Cappuccino für je 2,30 Euro.

Die fälschliche Anwendung von Orthographie und Grammatik ist ja übrigens eine Nemesis. Daher möchten wir im Rahmen der Initiative für die Verbesserung der deutschen Schriftsprache noch auf folgenden Absatz in der Speisekarte hinweisen:

nur fehlerfrei, bitte

Dem können wir uns nur anschließen.

Hingehen sollten alle, die an der Grenze zwischen Prenzlauer Berg und Mitte ein preislich angemessenes, reichliches und wohlschmeckendes Frühstück von freundlichem Personal ohne langes Warten serviert bekommen möchten, keine Musiker-Gespräche über Kakophonien oder Bandgründungen am Nachbartisch scheuen oder einfach nicht wissen, welches der vielen Cafes rund um den ehemaligen Weinberg sie auswählen sollen.

Gorki Park

Weinbergsweg 25, 10119 Berlin

  1. Heute in furchtloser Mission für das perfekte Frühstück unterwegs: 46halbe und frank, erdgeist kam später auf einen Latte dazu. []
  2. Highscore: four confirmed kills. []

2 Comments

Filed under À la carte, Mitte

Salon Schmück

Sonntags frühstücken scheint in Berlin etwas besonders zu sein. Alle möglichen Cafés mit sonst ansehnlichem Angebot kommen auf die verwegene Idee, man wolle bloß wegen des Wochenendes plötzlich lieber selber aufstehen, Nahrung von unübersichtlichen Theken auf seinem Teller balancieren und um 15 Uhr noch die warmgehaltene Suppe vom Vormittag mit einer der nie ausreichen wollenden Hände umtopfen.

Umso angenehmer ist es, in ein Lokal zu stolpern, das einen versteht, im sonntagsmorgendlichen Kater abholt und mit der Selbstverständlichkeit des Kreuzberger Kiezpatriotismus die Karte mit „Dem Frühstück“ hinwirft. Und die Karten im „Salon Schmück“, in das wir1 vor dem einsetzenden Sonntagnachmittagsregen flüchtend einkehrten2, waren wirklich liebevoll gestaltet: PVC-Klappkärtchen in Stullenbrett- und rotem Krokodillederimitatsmuster versetzten uns gleich in die beschwingte Stimmung, die durch die eigenwillige Innenraumausstattung unterstrichen wurde. Uns begrüßten Setzkästen mit Matroschkas und sonstigem Tinnef, eine rot-braune runde Ledercouch in der Mitte des Raums, eine Kuchenvitrine und viele längst ausgestorben geglaubte Beleuchtungsgegenstände. Und wem noch immer zu „normal“ war, wurde spätestens durch die anderen Gäste mitgerissen, die – teils Murmeln auf ihrem Kopf balancierend, teils noch im Schlafanzug – alle herrlich schräg unterwegs waren.

Der Salon Schmück gibt sich innen verträumt.

Andrea, Kathrin und Anett waren vegetarisch unterwegs: Sie teilten sich zu dritt das „Alm Frühstück“ in der „Frühstück für Zwei“-Edition für neun Euro, dazu Milchkaffee für 2,30 Euro bzw. Latte macchiato für preiswerte zwei Euro. Dazu die obligatorischen Leitungswasser und Apfelschorle: 0,3l kosten hier ebenfalls zwei Euro. Anett probierte dazu den frischen Obstsalat für 3,50 Euro, Andrea die Bio-Eier mit Mozzarella und Tomate für 4,50 Euro. Die Getränkebestellung wurde zwar zuerst an der Bar verpeilt, dauerte aber nach einer Erinnerung3 nur vier Minuten.

Das Essen war nach nur vierzig Minuten da, führte dann auch gleich zu schwungvollen Diskussionen zwischen den professionellen Testern auf der einen und den Damen vom Fach, die üblicherweise auf der anderen Seite des Tresens stehen: Ein wirklich gutes Frühstück zuzubereiten ist nämlich eine Heidenarbeit. Für frisch geschnippeltes Obst, Gemüse, schön arrangierten Käse, geschmackvoll drapierte Kräuter, passende Eibeilage, herrliche Mozzarella-Tomaten-Basilikum-Kaskaden – und das noch auf mehreren unterschiedlich verzierten Tellern gleichzeitig – kann und sollte man schon mal Geduld aufbringen.

Das Zwei-Leute-„Alm Frühstück“ (rechts) für 9 €, linkerhand das Bio-Ei vegetarisch für 4,50 €.

Das „Alm Frühstück“ präsentierte sich dann aber auch prachtvoll: Das Foto kann die „phänomenale“ (Anett) Pracht kaum wiedergeben. Zu den leckersten denkbaren Käsesorten (siehe auch die Karte) gesellten sich Advocado-Creme, Bio-Marmelade und als Krönung eine Schüssel voll zerlassenem Camembert zum Selberditschen. Der Brotkorb, den sich erdgeist mit den Alm-für-Zwei-lern teilen sollte, war hingegen ein wenig lütt – selbst wenn statt der hungrigen vier nur die geplanten drei Mäuler zu stopfen gewesen wären – und sollte durch einen weiteren für stolze 1,50 Euro4 ergänzt werden. Die Funktion des im zweiten Brotkorb heimlich mitgelieferten Kühlschrankmagneten wurde uns auch nach längerem Überlegen nicht klar. Dessen Anwesenheit wunderte uns aber nach Anblick des Interieurs nicht mehr. Die Bio-Eier schmeckten deutlich leckerer als auf dem Foto zu erahnen – alles in allem war die Vegetarierfraktion mit ihrem Mahl mehr als zufrieden, Urteil: ausgewogen und günstig.

Links der Brotkorb, für dessen 3-Schrippen-Ersatz 1,50 € fällig wurden. Mitte: Ein 3 € Latte macchiato. Noch im Bild: Obstsalat richtig gemacht.

nitram brauchte zur Stärkung etwas herzhafteres: Er war mit einem Chili con carne und drei Bio-Rühreiern mit Käse und Schinken zu jeweils 4,50 Euro dabei. Das Rührei war – wie bereits angedeutet – durchweg lecker, das Chili hätte mit mehr Fleisch und vollständig heiß noch besser geschmeckt. Da nicht alle ihre Teller komplett leer aßen, war der für seine restlosen Vertilgungsfähigkeiten bekannte nitram ein echter Glücksgriff: Seine Schnitt- und Rühreibemmen-Kreation konnte der restlichen Kunst im Raum durchaus das Wasser reichen! Warum während des Frühstücks die Begriffe Moppelkotze und knorke aufgekommen sind, ist leider nicht mehr überliefert, bot aber einen unterhaltsamen Anfangspunkt für eine weitere Recherche, die zu spannenden Details über die Senatsreserve führte.

Chili con Carne für 4,50 €. Umsonst: sich aus den Resten kreative Bemmen basteln.

Da erdgeist schon leicht verkatert ankam und zu den fröhlich spielenden Kindern inkompatibel war, mußte er sich zusammenreißen, die ersten Eindrücke nicht zu hochzuhängen: Die Raumakustik war auch nach dem Verschwinden der Kleinen nur mit starken Nerven zu ertragen, die Musik5 half nur wenig. Auf dem Tresen stapelte sich das Altgeschirr, und die Rhabarberschorle6 wurde mit einer Scheibe Zitrone verhunzt.7 Die Leitungswasser wurden – wie leider viel zu oft üblich – vergessen, trotz expliziter Bestellung. Die reine Anwesenheit von Rhabarbersaft8 war aber schon mal ein dicker Pluspunkt.

Nach der Zufuhr von Eiweißen und der Anhebung des Blutzuckerspiegels wirkte aber auch bei erdgeist die Magie des Raums: Das bestellte „Berg & Tal Frühstück“ für 6,50 Euro kam mit einer großen Auswahl an Wurst, einer kleineren Auswahl an Käse, einem Bio-Ei und allen Details daher, die auch das „Alm Frühstück“ liebenswert machten: Kiwi- (noch mit Aufkleber), Melonen- und Orangenscheibe, der Mozzarella-Zauber, wirklich leckere Waldbeerenmarmelade. Dazu gab es – suchtbedingt – einen Latte macchiato mit Extrashot für drei Euro, der dann auch prompt im Caipi-Glas daherkam. Wie nun unschwer zu erraten, war auch das „Berg & Tal Frühstück“ außerordentlich lecker, ausreichend und in angenehmer Atmosphäre gern verspeist.

Das „Berg & Tal“-Frühstück. Preis: 6,50 €.

Hingehen sollten alle, die auch sonntags leckeres und günstiges Frühstück a la carte wollen, ein wenig Zeit mitbringen und denen „normal“ zu anstrengend ist. Der Second-Hand-Shop im hinteren Teil des Salons lädt auch die anspruchsvolleren Zeitgenossen zum Eintauchen in die gemütliche Atmosphäre ein.

Salon Schmück, Skalitzer Str. 80
Tel. (030) 69004775
Außenimpression bei Sonne

  1. Diesmal war eine geduldsstrapazierende Fünfertruppe – bestehend aus nitram, Andrea, Anett, Kathrin und erdgeist – für euch im Regen unterwegs. []
  2. Der „Salon Schmück“ besteht aus zwei großen Räumen, bei gutem Wetter kann man auch draußen sitzen. []
  3. Nach 25 Minuten kann man schon mal höflich nachfragen. []
  4. Dies entspricht fünfzig Eurocent pro Schrippe. []
  5. Es wurde „Black Music“, später entspannter Funk kredenzt. []
  6. Schorlen kosten alle zwei Euro. []
  7. Sowas kennt man sonst eigentlich nur vom günstigen Eck-Inder. []
  8. Die Mehrheit der Anwesenden sind ausgewiesene Rhabarberfans. []

2 Comments

Filed under À la carte, Kreuzberg

Zimt und Zucker

Neue Frühstücksgelegenheiten im ansonsten diesbezüglich eher verödeten Regierungsbezirk sind ja eigentlich immer ein Grund zur Freude. Wer sich nicht am Metro-Plastewurstbuffet bei den Bösen Buben1 oder in einer der Touristenfallen um die Ständige Vertretung ernähren will, dem bleibt nördlich des Bahnhofs Friedrichstraße eigentlich nur der Gang zur Butterstulle oder Monsieur Toche, beides keine klassischen „Frühstücken in Berlin„-Orte.

Daher waren die Testfrühstücker2 hocherfreut, daß sich am Schiffbauerdamm jenseits der Touristenmeile hinter der Brücke ein neues Etablissement namens Zimt und Zucker Kaffeehaus materialisiert hatte. Touristenstrategisch günstig am Anlegesteg der Spreedampfer gelegen, lockt es auf den Dampfer Wartende förmlich an einen der mit Spreeblick gesegneten Tische.

Ein Blick in die wohlgestalte Speisekarte verhieß nur Gutes. Frühstück von halb zehn Uhr morgens bis zehn Uhr abends, Neulandfleisch und Bioprodukte und eine bei flüchtiger Betrachtung reichhaltige Frühstücks- und bereits heimlich probierte und für gut befundene Kuchenauswahl versetzte uns in frohe Erwartung. Angesichts der erst fünf Tage zurückliegenden Eröffnung des Zimt und Zucker waren die Tester bereit, kleine Mängel nicht zu hart ins Gewicht fallen zu lassen. Ein Vorsatz, der leider etwas arg strapaziert wurde.

Das Zimt und Zucker von außen.  

Außenansicht des Zimt und Zucker.

Seiner Tradition gemäß suchte sich erdgeist ein Frühstück aus, welches sich einem Kleinen Gemischten am ähnlichsten liest. Wurst und Käse waren auf der Karte brav getrennt, deshalb entschied er sich für das mit 5,90 € veranschlagte Frühstück „Blues“, welches mit „internationalen Wurstvariationen“3, frischem Obst, Konfitüre und einem kleinen Brotkorb daherkommt. Aus der weißen Gewinnpalette gab es – wegen des Ortsnamens – einen Milchreis mit Zucker und Zimt (zierliche 3,80 €). Abgerundet sollte das Mahl mit einen Latte macchiato für stolze 2,90 € in 0,25 l werden, auf der Rechnung – in weiser Voraussicht ja doppelt bestellt – nochmal 1,80 € Aufschlag für den Extra-Shot Espresso.

Frühstück Blues  

Wurst. Das Frühstück „Blues“ für 5,90 €. Rechts unten lukt der Milchreis (Preis: 3,80 €) ins Bild.

Die Bedienung, die sich in ihrer Verkleidung sichtlich unwohl und in den Stiefelettchen latent unsicher fühlte, kredenzte dann auch ein verblüffendes Zwitterwesen aus zwei leckeren Bäckerschrippen und einem seelenlosen Heißluftofenbrötchen, hauchzartem Schinken vom Biofleischer und Bierschinken, der genausogut auch hätte vom Spar kommen können, dazu Obstersatz. Der Milchreis sah reichlich aus, stellte sich aber als zu süß und eher verkocht-matschig heraus.

Frank wählte einer Laune folgend den „Quickstep“-Quark mit Früchten zu 3,90 €, kombiniert mit dem „Slowfox“, bestehend aus zwei Spiegeleiern auf Vollkornbrot für 3,60 €, dazu ein Kännchen Assam-Tee mit Honig. Lisa beließ es bei einem Milchkaffee für 2,90 €, es war wohl noch zu früh.

Der Früchtequark basierte zwar auf einem wohlschmeckenden Vanillequark, wurde jedoch ganz offensichtlich von jemandem konzipiert, der selbst nie Quark mit Früchten verzehrt. Das infernalische Dekofruchttrio Johannisbeeren am Stengel, Sternfruchtscheibe mit Schale und Physalis mit Blättern in den Quark gedrückt – ohne einen Gedanken an die Verzehrbarkeit der Komposition – schmälerte den portionsmäßig ohnehin eher übersichtlichen Genuß deutlich.

Die Slowfox-Spiegeleier waren wohlgeraten, das Brot lecker und die Eier korrekt gebraten. Der beiligende Grünkram war leider nicht wirklich abgewaschen und blieb deshalb vom Verzehr verschont.

Slowfox und Quickstep

Links im Bild: Frühstück „Slow Fox“ für 3,60 €, rechts „Quickstep“-Quark für 3,90 €

Die erste Meßgröße für die objektive Beurteilung eines Frühstücks – zu dem man sich ja meist hungrig, dekoffeiniert und leicht angeknurrt versammelt – ist die TTL (Time To Latte) bzw. TTT (Time To Tea). Erscheint die ersehnte Lebensenergieinfusion schnell, wohlschmeckend und heiß, hat der Tag Struktur und das Frühstück bekommt den richtigen Schwung. 

Das Zimt und Zucker versagte hier leider mit grenzwertigen elf Minuten TTL und indiskutablen 18 Minuten TTT. Der gelieferte Tee war dann ein Ceylon statt des gewünschten Assam, aber das war dann auch schon egal. Immerhin wurde der begehrte Honig dazu nicht vergessen. Das Frühstück selbst traf erst dreißig Minuten nach der Bestellung ein, die Tester schlugen währenddessen in einem ausgiebigen Massaker Wespen und Zeit tot. Hinzu kamen handwerkliche und strukturelle Schwächen, die von sandigem Salat über Eierschalensplitter im Spiegelei bis zu Milchreis mit angebrannten Stückchen reichten. Auch Details, die man in Kaffeehäusern erwarten würde, wie z. B. ein Glas Wasser zum Kaffee oder auch nur ein Löffelchen für den Tee, blieben schmerzlich vermißt. Die Qualität des Kaffees wurde von Lisa mit einer nicht zitierfähigen Analogie beschrieben, die vornehm übersetzt einen dringenden Ratschlag zum sofortigen Wechsel der Kaffeesorte und einem Grundkurs in Espressomaschinenbedienung4 enthielt.

Personal

Umsonst: Bedienung in einer Show in Kleidchen, Stiefelchen und Tiefflug.

Die Tester waren insgesamt eher nicht besonders froh, und das trotz der eingangs erwähnten Bereitschaft zur Toleranz ob der kurzen Übungszeit für das Personal. Das Zimt und Zucker macht den Eindruck einer guten Idee, die leider derzeit an der Umsetzung deutlich scheitert. Wenn der in der Speisekarte manifestierte Anspruch tatsächlich realisiert würde, wäre das „Kaffeehaus“ eine echte Bereicherung für die Gegend. Daher entschlossen sich die Tester in der Hoffnung, daß sich bis dahin die erheblichen Unschönheiten behoben haben, in angemessener Frist einen erneuten Versuch zu wagen. Das Kuchenangebot ist immerhin durchaus ansprechend und wohlschmeckend, und es wurde die Anwesenheit eines Gäste-Wlans detektiert. Das Personal war sichtlich bemüht und fragte mehrfach nach dem werten Befinden, war aber der Herausforderung offensichtlich (noch) nicht gewachsen.

Ausblick aus dem Zimt und Zucker

Auch umsonst: Ausblick aus dem Innern des Zimt und Zucker über die Straße auf die Dampferanlegestelle.

Hingehen sollten alle Menschen, die in dieser Gegend keine Frühstücksalternative finden können und bereit sind, einen hoffentlich stattfindenden Lernprozeß zu befördern. Wer nur beim Kuchen Dampfer gucken und Schiffsdieselschornsteingeruch schnuppern möchte, ist ebenfalls nicht schlecht bedient.

Zimt und Zucker, Schiffbauerdamm 12
Tel. 030 / 810 10 858
Das Zimt und Zucker im Internet
 

  1. Die Böse Buben Bar befindet sich in der Marienstraße 18. []
  2. In kulinarischer Mission waren heute frank, lisa und erdgeist unterwegs. []
  3. Und das in der Metropole des Weltwurstlands. []
  4. Besser: komplette Barista-Ausbildung []

1 Comment

Filed under À la carte, Mitte, Netz: Gratis

MS Völkerfreundschaft

Es muß nicht immer Kaviar sein. Man kann auch mal ein stinknormales Frühstück ohne viel Tamtam genießen. Dafür bietet sich das MS Völkerfreundschaft ungemein an. Der Name erinnert an Kinderferienlager, LPGs oder den bekannten Brunnen am Alexanderplatz, wenn da nicht das „MS“ wär. Denn die MS Völkerfreundschaft war ein FDGB-Urlaubsschiff1, das 1959 von der DDR gekauft worden war. Wenn man also immer brav auf Linie war, gab es zur Belohnung Urlaub auf dem DDR-Traumschiff.

So ähnlich, wie man sich ein Frühstück auf See zu DDR-Zeiten vorstellt, ist auch das angebotene Brunchbuffet. Es gab etwas Käse und Wurst zur Auswahl, Rollmöpse, Grünzeug, Eier, etwas Obst, Joghurt und Cerealien. Dazu wurden die obligatorischen Brötchen und bisher noch nie bei einem Buffet entdecktes Toastbrot offeriert. Ja, so richtig Toastbrot! In Anlehnung an neue Sitten wurden zusätzlich Tomaten und Mozzarella angeboten, was 46halbe aus bekannten Gründen verschmähte.

Wir2 bedienten uns also selbst. Jens, nach eigener Aussage „nicht so der Frühstücksmensch“, fand die Auswahl „okay“ – mehr an Bewertung war aus ihm nicht rauszuholen.

Der obligate Latte macchiato.

Natürlich wurde zunächst der Begrüßungs-Latte bestellt, dessen Geschmack und äußere Ansicht befriedigend war. Auffallend war die gereichte Flüssigkeitsmenge: gefühlt ein Drittel mehr als sonst. Andrea hatte derweil entdeckt, daß es kostenloses Wlan gab, und war danach im Grunde nicht mehr ansprechbar. Sie guckte nur noch hoch, wenn der Teller leer war.

Eine Auswahl vom Buffet.

Zugegeben: Nachdem man den zweiten Durchgang am Buffet vollführt hatte, wurde es etwas langweilig. Allerdings gibt es Momente, da paßt Angebot und Nachfrage einfach zusammen. Was braucht man schon mehr als ein bißchen Frischkäse mit Wurst und Grünzeug, zumindest an einem Tag wie diesem? Man könnte es fast ein frugales Mahl nennen, dem Wortsinn nach wäre das zwar nicht korrekt, es fühlte sich aber so an.

Es gab auch Joghurt.

Mit dem Joghurt wurde dann langsam zum Desert übergeleitet. Die Kellnerin servierte derweil einen weiteren Latte macchiato – gleichbleibend schmackhaft und dazu freundlich überreicht. Gut gesättigt blieben wir noch eine Weile am offenen großen Fenster sitzen.

Hingehen sollten alle, die einfach nur mal ein unprätentiöses Frühstück vom Buffet aussuchen möchten, morgens freundliche Menschen als Bedienung bevorzugen, danach nur ein paar Minuten zu Fuß die Mitte der Stadt besichtigen und zuvor noch so etwas wie „Szene“ schnuppern wollen.

MS Völkerfreundschaft, Schönhauser Allee 20, 10435 Berlin
Telefon: 030 / 44 04 23 63
Webseite der MS Völkerfreundschaft
Außenansicht

  1. FDGB: Freier Deutscher Gewerkschaftsbund []
  2. Heute erstmals 46halbe mit Jens und Andrea als neues Testteam. []

Leave a Comment

Filed under Brunchbuffet, Netz: Gratis, Prenzlauer Berg

am to pm

Das Frühstücken in touristisch konzipierten Gegenden ist ja immer so eine Sache. Von unserer Eigenschaft als auch-mal-Touristen in anderen Städten rührt die Erfahrung, daß man da beim Essen gerne schon mal einen Taler mehr läßt, als Vergnügungszuschlag sozusagen. Ferner scheint sich herumgesprochen zu haben, daß Touristen selten zu Stammgästen werden, sich die Qualität in Nahrung und Bedienung also nicht in Wiederholungsbesuchen niederschlägt.

All dies wissend und auch frühere Berichte nicht ignorierend, befanden wir1 uns im teuren Kiez des Nikolaiviertels und damit in der Zwickmühle, schlimmen Frühstückshunger zu verspüren. Das Angebot im zuerst anvisierten hätte unsere Brieftaschen gesprengt, wodurch wir uns gezwungen sahen, gen Hackescher Markt weiter nach realistischeren Locations zu suchen. Am Bahnhof – oder besser gesagt im Bahnhofsgebäude – wurden wir dann fündig: Das am to pm empfing uns mit der Drohung, „24hours breakfast“ anzubieten, und hatte fieserweise Wippehängestühle ins Freie gestellt, die man auszuprobieren förmlich gezwungen war:

Einladende Hängestühle        

Einladendene Hängestühle im am to pm. Im Hintergrund die Audioinstallation: Ghettoblaster auf Stromkasten.

Daß das am to pm auch noch neben erdgeists Stamm-Kaffeedealer Coffee Mamas liegt und sich das eine oder andere Mal ins Unterbewußtsein gedrängt hat, half ebenfalls nicht dabei, daran vorbeizugehen.2 Die Bedienung kam gepflegt daher und die Musik war… wie Musik, die man in einer Touri-Location eben so hört. Sie dudelte aus einer – weiter unten nochmal näher dokumentierten – „Ghettoblaster auf Stromkasten“-Installation auf dem Rasen hinterm Stuhl.

Frohen Mutes orderten wir unter den alles orange einfärbenden Sonnenschirmen unsere Frühstücke. ashnas Frühstücksgewohnheiten lassen sich leicht zu „Salamitoast und Kaffee“ zusammenfassen, und ein wenig kreative Auslegung der Karte (Fußnote: „denn nehm wa das französische, lassen das Croissant weg, tun dafür zwei Brötchen drauf, lassen Marmelade und Honig weg, tun dafür Salami drauf und Kaffee ist eh bei“) führte zu einem maßgeschneiderten Frühstück für ashna zum Preis von 3,50 €: ein Schnäppchen.

Montage        

Links ashnas Spezialanfertigung, rechts der Brotkorb mit süß, mittig Blick durch den Dschungel gen Bahnhof Hackescher Markt.

erdgeist orderte seinen Referenz-Latte macchiato für 3,20 € und dem, was einem Kleinen Gemischten am nächsten kommt: das „breakfast amtopm“, welches sich mit 7,50 € in der Brieftasche unerfreulich breitmachte. Für den Preis sollten sie aber gefäligst etwas auffahren – und in der Tat, auf den ersten Blick gab es nichts zu meckern: ein Weißbrotkorb mit warmen Brötchen, Scheibe Salami, Kochschinken, Obstgarnitur, Rührei satt, frischer (und guter) Kräuterquark (wahrscheinlich markbrandenburg) und Nutella, Erdbeermarmelade und Honig in der Assiette. Besonders lobend hervorzuheben: zum Brötchenschneiden geeignete Messer.

Ebendies      

erdgeists Frühstück „am to pm“ für 7,50 €

Beim Verzehr stellten wir jedoch schwerwiegende Defizite fest: Übereinstimmend befanden wir die Brötchen als schwer nach Chemie schmeckend, die Weißbrotscheibchen lieblos, die Wurst alt und – viel schlimmer – aus der „Lidl-Wursttheke, ganz hinten links“-Kategorie. Bei dem Preis hätte auch Fleischerware drin sein dürfen. Auch der dünne Latte macchiato reichte nicht zu nennenswerten Ehren – und das, wo keine zehn Meter entfernt der leckerste Kaffee der Stadt verkauft wird. Nach Auffüllen mit zehn Sekunden Zucker aus dem Streuer war er wenigstens als Kohlenhydratquelle zu gebrauchen.

Quelle für großen Spaß waren die paar dutzend wilden Tiere aus der Gattung der Vespula germanica, die in diesem Jahr – mangels Konkurrenz der erstaunlich abwesenden Culicidae – den Plagegeisterpokal erhalten. Zwei Exemplare lieferten sich in erdgeists Quark einen erbitterten Kampf, der mit dem zuckenden Tod beider Tiere endete. Schön, daß sie wenigstens selber unter ihrem Gift leiden.

Wespenkampf     

Umsonst: Schlacht bis auf den Stachel.

Kurzum: Hingehen sollten alle, die sich zu jeder Tageszeit ein unaufregendes Frühstück zusammenverhandeln oder nach erlebnisreichem Nachtbummel auf der Oranienburger ihre Freunde mit Spätstück überraschen wollen. Nicht hingehen sollte, wem sein Sauerverdientes für was Unterdurchschnittliches zu schade ist – trotz Erlebnisparkbonus.

am to pm, Am Zwirngraben 2

Tel. (0 30) 24 08 53 01

Webpräsenz des am to pm

  1. Im unerschrockenen Selbstversuch waren diesmal erdgeist und ashna unterwegs. []
  2. Daß einer der Gründe für die Aufnahme ins Unterbewußtsein die nächtens sehr schlechte Musik ist, fiel ihm leider erst später wieder ein. []

Leave a Comment

Filed under À la carte, Mitte

Kuchenrausch

Der Besuch eines Frühstückslokals sollte wohlgeplant sein. Da sich nicht leugnen läßt, daß unsere1 Laune vor dem Essen am unteren des Zivilisationslacks kratzt, sollten wir nicht mit der vollen Wucht des Zorns unseres grollenden Hungergottes einen Kiez aussuchen, dem man eh schon immer eins auswischen wollte. Auch ist es angezeigt, die ersten – noch auf dem Zahnfleisch kriechend gewonnenen – Eindrücke zu unterdrücken und sich diesen später nochmal objektiv zu nähern.

Kuchenrausch also – im Friedrichshainer Südkiez.2 Schmuck gemacht, mit schnieke verkleideten Kellnern, vornehm hintergründigem 70er-Jahre Britpunk, später durch Chill-Funk und Dixieland abgelöst. Minimalistisches Dekor mit Blick auf die Kreuzung Boxhagener/Simon-Dach, auf dem Vorplatz gut zwei dutzend Tische, die wir aber aufgrund eines verräterischen rheumatischen Juckens in Fannys Knie Draußen-Tische sein ließen und uns im Innern ans Fenster setzten.3 Das Panorama – ganz unvoreingenommen für die werte Leserschaft zum Selbergucken:

Schickes Ambiente im Kuchenrausch.

Angenehm fällt auf, daß das Kuchenrausch sich dem überall sonst um sich greifenden Branding-Wahn entgegenstellt und Sonnenschirme, Streichholzschachteln, Aschenbecher und Außenreklame ohne Werbeaufdrucke exponiert.4 Es gab Wlan auf Nachfrage für umsonst und genug Steckdosen für’s hungrige Notebook. Auch die Speisekarte kommt erfrischend edel daher, kein bewußt dilettantisch gestalteter, achtfach kopierter, in Word gesetzter Schülerzeitungsbogen, sondern Elefantenhaut mit Goldprägedruck. In dessen Innern ein Angebot abwechslungsreich wie ein Ostpaket: acht verschiedene Sorten heißer Schokolade, davon fünf alkoholisch, ein kurzer Abriß über die Geschichte Boxhagens und des Boxhagener-Straßen-Kiezes von der März- über die November- bis zur Yuppierevolution.

Erdgeist wählte – für Eingeweihte völlig überraschend – das Kleine Gemischte, welches hier für den läppischen Betrag von 4,10 € gereicht wurde. Zum Tunken orderte er sich einen „caffe latte“, der von der Bedienung keck als Milchkaffee interpretiert, glücklicherweise aber doch nicht mit der „Krönung“ aus obig erwähntem Ostpaket gebrüht wurde.

Überhaupt ist die Kaffeekultur in Berlin immer wieder ein Quell für Überraschungen. Erdgeist ist ja dazu übergegangen, die von ihm benötigte Dröhnung meist als „Latte macchiato mit doppeltem Espresso drin“ zu bestellen, nur um dann belehrt zu werden, daß sowas „caffe latte“ hieße. An anderer Stelle bekam er durchaus auch Latte macchiato und einen doppelten Espresso extra, nur um wieder woanders – von einem augenscheinlich besserwisserischen Kellner – mit einem stinknormalen Latte abgespeist zu werden. Aber zurück zum Kuchenrausch, hier gab es – zumindest für erdgeist – ansprechenden Kaffee, der völlig selbstverständlich mit Wasser gereicht wurde. Ein Panoramablick auf erdgeists Frühstück:

Kleines Gemischtes (ungesüßt) für 4,10 €, links oben im Bild der lütte Brotkorb.

Ja, ihr seht richtig: Das Kleine Gemischte kam im Kuchenrausch ohne den geringsten Hauch Süßes.5 Auch wenn der nachträgliche Blick in die Kurzbeschreibung im Menü bestätigte, daß das wohl seine Richtigkeit hat, kam der Zuckermangel doch überraschend. Selbst das Deko-Obst konnte das Wurst-Käs‘-Szenario auf dem Teller nicht auflockern. Am deprimierendsten war, nicht das geringste bißchen Material für einen fairen Tauschdeal für den vor Süßem nur so strotzenden Nachbarteller zu haben. Der Brotkorb wartete mit leckerem Walnußbrot konterkariert von zwei lapprigen Westbrötchen auf. Diese wiesen ein verräterisches Industriebackmuster an der Unterseite auf, sind wahrscheinlich nicht vom Biobäcker um die Ecke.6

Fanny orderte – des Preisvergleichs mit anderen Lokalen wegen – einen Latte macchiato für 2,80 € und das Süße Frühstück zu 6,50 €. Gereicht wurde ihr ein lauwarmer Eierkuchen mit einer schmackhaften Vanillequarkcreme. Dazu ein Kelch voller Joghurtfruchtspeise (dem Geschmack nach mit frisch püriertem Obst). Auch auf dem Teller: Nutella, Honig und Erdbeermarmelade und eine Obstgarnitur. Die dezent über das Frühstück verstreuten Gummibärchen empfand Fanny als verstörend, fanden jedoch als Nachtisch in erdgeist eine neue Heimat.

Das Süße Frühstück. Preis: happige 6,50 €.

Enttäuschend der Latte macchiato: Nach mehrmaligen Umrühren und einem Schluck war es geschehen. Sämtliche braune Essenz war aus dem Glas verschwunden und übrig blieb ein halbvolles Glas mit eierschalenfarbener Flüssigkeit. Mißtrauisch fing Fanny nun an, die Nachbartische mit Argwohn zu beobachten: Auch die Lattes der anderen Gäste schauten viel zu lasch aus. Wach macht sowas nicht.

Der Kurzbesuch zum Austreten führte Fanny vorbei an der Vitrine mit vielen köstlich anzuschauenden Torten und Kuchen. Diese mußten jedoch unberührt bleiben und werden an einem anderen Tag beim Kaffeekränzchen probiert. Die Toiletten sind geschmackvoll eingerichtet: Der dunkel gebeizte Dielenboden verbreitet angenehme Atmosphäre. Eine Einladung, sich gemeinsam mit der Freundin für den Tag aufzubretzeln und eine Besorgungsliste in den zahlreichen Bekleidungsgeschäften der nahegelegenen Wühlischstraße zu verfassen. Sollte jene unerwartet eher fertig sein, kann sie sich’s auf einem der Stühle im Vorraum gemütlich machen.

Gratis: Blick auf den noch trockenen Vorplatz, das edle Menü und ein Überbleibsel aus Schland7-Tagen: Beamer neben dem Kronleuchter.

Hingehen sollten alle die, denen der Südkiez noch nicht zum Halse raushängt, die ihre Schwiegermutter hübsch ausführen, dafür aber den Bezirk nicht verlassen wollen oder einen Laptoparbeitsplatz mit Strom und Wlan suchen.

Besser nicht hingehen sollte, wem nach günstig-üppigem Frühstück oder Wachmache-Latte verlangt und wer morgens eine bunte kulturelle Mischung braucht.

Kuchenrausch, Simon-Dach-Straße 1 (Ecke Boxhagener Straße)
Telefon: 030 / 55953855
Webpräsenz des Kuchenrauschs

  1. Das Lokal wurde durch den Besuch von Fanny und erdgeist beehrt. []
  2. Warum es im Nordkiez keine angemessene Frühstückslokation gibt, wird noch einmal Gegenstand länglicher Betrachtungen sein. []
  3. Das Knie hat nicht gelogen, keine halbe Stunde später strömten die Volksmassen – in der Montage noch gut zu sehen – in hektischer Flucht vor dem Regen ins Innere des Etablissements. []
  4. Einzige – erst post scriptum entdeckte – Ausnahme waren die Obstschorlengläser. []
  5. Gefährlich vor allem in Anbetracht der Unterzuckerung, die Kundschaft doch erst zum Frühstücken treibt. []
  6. Die Speisekarte enthält – im Gegensatz zu den den angeblich BIO-erzeugten Eiern – keine Hinweise zur Herkunft der Brötchen. []
  7. Für den Uneingeweihten: Während der EM-Übertragung in fast allen Kneipen Berlins waren (Deut)’schland-Rufe an der Tagesordnung. []

Leave a Comment

Filed under À la carte, Friedrichshain, Netz: Gratis