Category Archives: À la carte

Morgenrot

Am „Morgenrot“ kommt fast jeder mal vorbei, wenn man durch die Kastanienallee1 wandert. Wochenends platzt der Laden oft aus allen Nähten, aber wochentags vormittags blickten wir2 überraschenderweise in ein leeres Lokal.

Es ist bekannt durch einige Medienberichte, da es einer der wenigen Läden ist, der noch durch ein Kollektiv betrieben wird. Allerdings merkte man das beim Eintreten nicht, denn die Optik oder die Preise unterscheiden sich kaum von anderen Lokalen. Geblieben ist aber ein queer-feministischer Stricktreff (sic) und das Wochenend-Angebot des „Morgenrot“, für das Frühstücksbuffet soviel zu zahlen, wie man sich leisten kann. Das Frühstück soll dadurch nicht zum Luxus und von zahlungskräftigeren Menschen für andere mitfinanziert werden.

Neben dem täglichen Cafébetrieb – nur montags bleibt das „Morgenrot“ geschlossen – finden häufig Veranstaltungen statt: Lesungen, Ausstellungen, Vorträge, aber auch gelegentliche (Soli-)Parties stehen auf dem Programm. Die Türen sind mindestens bis ein Uhr morgens geöffnet, denn das „Morgenrot“ ist Café und Bar zugleich. Am Wochenende ist regulär um drei Uhr Dienstschluss. Je nach Tageszeit und Anlass begegnet man hier also nicht nur Frühstücksliebhaberinnen wie uns, sondern auch Nachteulen oder gar Hupfdohlen.

morgenrot, draussen

Der Blick auf das „Morgenrot“ von der gegenüberliegenden Straßenseite der Kastanienallee.

Bild: conticium, CC BY-ND 2.0.

Das „Morgenrot“ liegt in einer Gegend von Berlin, die sich in den letzten zwanzig Jahren stark verändert hat, vor allem teurer und touristischer geworden ist. Das Lokal wirkt einerseits ein wenig wie aus der Zeit gefallen. Andererseits dürften viele Gäste vielleicht gar nicht merken, dass hier ein anderes Konzept der Betreiber zugrundeliegt, da man nicht eben mit der Nase darauf gestoßen wird.

Im „Morgenrot“ gibt es die üblichen Koffeinheißgetränke, so dass als typischer Referenztest ein Latte macchiato bestellt wurde. Dazu müssen sich die Gäste zum Tresen bequemen, und zwar zweimal: einmal bestellen, einmal nach dem Ausrufen abholen.

fruehstueckskaffee: latte

Zum Beginn des Frühstücks erstmal einen Latte macchiato: vermutlich 2,60 €, Preis nicht notiert.

Leider konnten wir einen zweiten typischen und beliebten Test3 nicht durchführen, denn einen frischgepressten Saft bot das „Morgenrot“ nicht an. So fiel die Wahl auf eine Saftschorle:

o-saft-schorle

Orangensaft-Schorle: vermutlich 2,50 €, Preis nicht notiert.

Bemerkenswert war das Getränk nicht weiter, höchstens der Umstand, dass im „Morgenrot“ am Ende des Besuchs keine normale Rechnung ausgestellt wurde, sondern nur ein handgeschriebener Zettel mit Zahlen. Wir können daher den Preis für die Schorle nicht mehr sicher rekapitulieren, auch weil wir mittlerweile wohl zu verwöhnt sind, um jeden einzelnen Preis zu notieren. Denn außer im „Morgenrot“ erhielten wir in den letzten Jahren immer eine aufgeschlüsselte Rechnung, die wir später beim Schreiben des Blogposts verwenden konnten.

Zur Schorle gesellte sich der oben erwähnte Latte macchiato, der später aber auf der Rechnung fehlte, sowie ein Pott Kaffee (2,40 €). Wir vermuten das Fehlen zumindest, denn die Anzahl der Einträge in der Zahlenliste stimmte nicht mit den bestellten Speisen und Getränken überein.

Später kam noch ein Cappuccino (2,40 €) dazu, der ohne preislichen Unterschied zu der Variante mit Sojamilch angeboten wurde, den veebz zuvor bestellt hatte. Der Cappuccino war geschmacklich dem unterdurchschnittlichen Latte überlegen: aromatischer und runder. Angenehm war, dass er ohne viel Wartezeit zubereitet und ausgerufen wurde.

cappuccino

Cappuccino: 2,40 €.

Nach eigenen Angaben stammt der Espresso von der honduranischen Kooperative „coordinadora de mujeres campesinas de la paz“ (COMUCAP, Bäuerinnen für den Frieden), die sich für die Verteidigung der Rechte von Frauen, Kindern und der Umwelt einsetzt.

Das Genießen des Kaffees war aber nicht so einfach, da das Barpersonal in erheblicher Lautstärke andauernd Flaschen einräumte, offenbar vor allem Alkoholisches. Nachts ist das Lokal wie erwähnt eine Bar, was vermutlich dazu führte, dass die Getränke dezimiert worden waren und nun die Öffnungszeit am Vormittag und frühen Nachmittag als eine Art Einräumintervall genutzt wurde. Vielleicht hatten wir auch gerade den Wochentag erwischt, an dem das Nachfüllen der Getränke eben immer stattfindet, man weiß es nicht.

Irgendeine Bemühung, die Lautstärke zu reduzieren, konnten wir nicht erkennen – im Grunde eine Frechheit gegenüber den wenigen im Lokal sitzenden Gästen. Wochentags gegen Mittag blieb es drinnen die gesamte Zeit sehr leer, nur eine Handvoll verirrte Gäste. Auch draußen an den Tischen in der Kastanienallee saß kaum jemand, vielleicht war es etwas zu kühl an diesem Tag. Jedenfalls hat der Lärm nicht den Wunsch aufkommen lassen, hier unbedingt wieder einzukehren. Um es mal mit einem Spruch mit Anleihen an die DDR zu sagen: Gänsefleisch den Lärmpegel ein bisschen abdämpfen, liebes Kollektiv?

Beim Blick von uns Hungrigen in die Karte machte sich weitere Ernüchterung breit: Es gab nur eine winzige Auswahl, darunter genau gar nichts, was man besonders nennen könnte. Unsere Frage nach einem Suppenangebot oder sonstigen anderen Speisen wurde leider auch verneint. So landete zum Frühstück Hummus auf unserem Tisch:

hummus

Hummus: 4,50 €.

Rein optisch vielversprechend: Der Klitsch wurde mit süßlichen Zwiebeln, Paprikagewürz, Zitrone und Petersilie garniert. Leider konnte der Geschmack des Hummus nicht überzeugen, eigentlich war er überhaupt nur schmackhaft, wenn man jeden Tropfen des mitgelieferten Zitronenstückchens darüber verteilte. Dabei kann Hummus ein vorzügliches Frühstücksangebot sein, nahrhaft, verträglich, halbwegs gesund und mit einer angenehmen Textur für die aufwachende Zunge. Hier jedoch schmeckte das Gericht einfach wie vom Vortag.

Die Oliven, die veebz zusätzlich bestellt hatte, schmeckten allerdings ohne Abstriche.

oliven zum hummus

Oliven zum Hummus: 2 €.

Ärgerlich wurde es dann beim Essen: Das Brot zum Hummus, das wir uns zu dritt teilten, einmal nachzubestellen, empfand das Personal hinter dem Tresen offenbar als Zumutung. Selbstverständlich bezahlten wir die Extra-Portion, aber dass wir quasi darum bitten mussten statt es einfach ordern zu können, hätten wir nicht geahnt. Vielleicht haben wir den Herrn hinterm Tresen auch nur bei seinem lautstarken Einräumen der Flaschen gestört.

brotkorb

Wir zahlten 2 € für zusätzliches Brot.

Das helle Weizenbrot war frisch, allerdings ohne Abwechslung. Vielleicht hätten zwei oder mehr Brotsorten die Langeweile beim Hummus dämpfen können.

muesli zum fruehstueck

Müsli zum Frühstück: 3,90 €.

Neben Hummus fiel xkeys Wahl auf Müsli. Er vergab die Note „gut plus“. Das Obst war frisch, die Mischung aus Milch und Joghurt lecker. Und die Nüsse rundeten das Frühstück gut ab.

Während es zu Beginn klassischen Jazz auf die Ohren gab, wechselte die Musik irgendwann zu nachgesungenen Popsongs, wir erkannten Beatles- und Madonna-Klassiker in beinahe romantischen Akustikgitarreversionen. Vermutlich hörten wir eine CD namens „Lazy Days Breakfast Compilation“, „Breakfast in Bed“, „Cozy Morning“ oder so ähnlich, die für eine angenehmere, gemütlichere Atmosphäre in dem ansonsten lärmenden Betrieb sorgen sollte. Begeistern konnte uns das leider auch nicht, veebz entfuhr das Wort „furchtbar“, als sie um ihre Meinung zur Beschallung gebeten wurde.

Hingehen sollten alle, die einen leichten politischen Touch bei der Wahl ihres Frühstückslokals mögen und keine Lust haben, eine große Speisekarte zu navigieren. Nach allem, was man online liest, ist das „Morgenrot“ wohl nicht ohne Grund hauptsächlich für sein Frühstücksbuffet am Wochenende bekannt.

Morgenrot
Kastanienallee 85, 10435 Berlin
Tel. (030) 44 31 78 44
Webseite

  1. Sie hat ihren Namen tatsächlich von den Rosskastanien als ihren ersten Alleebäumen. []
  2. Diesmal waren 46halbe, veebz und xkey zum Testen unterwegs. []
  3. Die extra-frischen Säfte bestellen wir offenbar sogar öfter als wir dachten. []

Leave a Comment

Filed under À la carte, Mitte

Stilbruch

Wie wir auf die Idee kamen, in der Revaler Straße nahe der Baustelle des schon seit 2011 und noch immer modernisierten S-Bahnhofs Warschauer Straße zu essen, lässt sich nicht mehr genau rekonstruieren. Aber eine schlechte Wahl war das nicht, denn mittlerweile reiht sich in der Straße ein Lokal an das nächste, vermutlich auch wegen der vielen Touristen in der Gegend. Generell kennzeichnet das Kiez eine meist lauffreudige Menschenmenge und viele verschiedene Küchen zur Auswahl.

Unsere Wahl fiel auf das „Stilbruch“, direkt gegenüber vom RAW-Gelände. Wir1 kannten es zuvor noch nicht und waren entsprechend neugierig. Der Besuch begann allerdings mit einer vermutlich durch Koffeinmangel ausgelösten Fehlbestellung:

tee

Zum Frühstück auch mal Tee: „Vita Orange“ für 2,20 €.

Offengestanden ist 46halbe bei Tee in Art und Zubereitung wählerisch, weswegen sie fast nie auswärts einen bestellt – schon gar nicht im „Stilbruch“, was ja ein explizites Kaffee-Lokal mit eigener Rösterei ist. Aber sie hielt „Vita Orange“ bei der Bestellung für ein Kaltgetränk und nicht für einen heißen Früchtetee, weswegen sie ihn nun ungewollt bekam.

Da man die Getränke, die Nahrung (und das Besteck) jeweils einzeln bestellen, sofort bezahlen und selber mitnehmen muss, fiel der Missgriff auch gleich auf. Aber allzu sehr bereut hat sie die Fehlbestellung nicht, denn der Tee schmeckte durchaus genießbar und recht fruchtig. Ansehnlich war er auch, denn das satte Rot schwebte ja dank Self-Service erst nach eigenem Zutun aus dem feinmaschig pyramidenförmigen Stoffbeutelchen. Wie die Maulaffen schauten wir beide für ein paar Sekunden gebannt auf die Muster, die man sonst nur aus Simulation von Schwarmintelligenz oder Musikvisualisierungssoftware kennt.

Aber wichtiger als Getränke war das Aussuchen der hoffentlich auf gesetzestreue Weise zustandegekommenen Gerichte, schließlich ist das hier ein Frühstücksblog. Und um es gleich zu sagen: Das Essen war hervorragend und half uns locker über die etwas instagramige Atmosphäre mit Shabby-Chic-Tischchen und freischwebenden Retroglühbirnen im „Stilbruch“ hinweg.

Während wir auf das Essen warteten, begann leider ein äquidistantes piependes Geräusch, offenbar von einer Maschine, die Beachtung einforderte. Leider beendete für lange Zeit niemand vom Personal das nervige Piepsen und niemand bemerkte auch das fragende Umherschauen der Gäste. Aber wie das so ist: Wenn etwas Unangenehmes aufhört, vergisst man es recht schnell. Vermutlich nur wegen unserer Mitschriften erinnern wir uns noch daran.

Ohne viel Umschweife entschied sich Benks aus der nicht allzu umfänglichen Karte des „Stilbruch“ für ein vegetarisches Frühstück:

fruehstueck

Vegetarische Platte für 8,90 € nebst Hafer-Macchiato (Preis nicht notiert).

Das Frühstück wurde mit Muße genossen. Benks ist sowohl bei Couscous als auch vor allem bei Aubergine eher skeptisch – da könnte man viel falsch machen. Hier war aber Feuchtigkeitsgrad, Öligkeit und Bissfeste richtig dosiert. Mit den verschiedenen Cremes und Pasten wurde nicht nur das dunkle, sondern auch das für sich genommen etwas Larifari wirkende Weißbrot zum mundenden Happen.

Der Hafer-Macchiato löste ein wohlwollendes Nicken bei Benks aus.

brotkorb

Der Brotkorb im „Stilbruch“.

Auch die Wahl von 46halbe stellte sich als äußerst wohlschmeckend heraus:

fruehstueck revaler

Revaler-Frühstück für 7,90 €.

Geliefert wurde ein Vollkorn-Sauerteigbrot, das nach eigenen Angaben aus Dänemark stammen soll. Darauf war „Pulled Turkey“, also gebackenes und dann zerrupftes Truthahnfleisch (oder in Deutschland auch Pute), außerdem Speck, Avocado und Rucola. Dazu würzte ein Honig-Senf-Dressing, was das Ganze gut abrundete.

Während wir aßen, brach der Nachmittag an, was den Laden sichtbar leerer werden ließ. Im „Stilbruch“ muss man übrigens erstmal im Portemonnaie wühlen, ob man auch genug Bares dabei hat. Denn Karten werden hier nicht akzeptiert. Da man aber ohnehin mangels Bedienung zum Tresen läuft und bestellt und sofort Stück für Stück bezahlt, kann einem auch das Hartgeld nicht ausgehen, schlicht weil man dann nichts bestellen kann.

Zum Frühstück im „Stilbruch“ musste dann noch ein Klassiker her, der regelmäßig bestellt wird:

o-saft

Frischgepresster Orangensaft (0,2 l) für 3,10 €.

Die meisten Gäste drängten sich bei schönem Wetter zum Teil nur im Nicki bekleidet draußen an den Tischen, so dass drinnen entspannt ein Platz zu finden war. Zusätzlich gab es im Inneren noch eine Reihe Computer-Plätze, an denen man etwas abgetrennt vom Hauptraum allein sitzen konnte. Die Plätze waren aber an diesem Tag meist leer, obwohl sie vermutlich ansonsten gern genutzt werden, da sie so angeordnet sind, dass die Bildschirme uneinsehbar bleiben. Sie eignen sich auch für stillende Mütter, weil man dort ein Weilchen in Ruhe und abseits sein Baby füttern kann. Auch für Telefonate ohne viele Mithörer ist die etwas abgetrennte Räumlichkeit geeignet. Allerdings muss man dafür den Anblick eines Kunstrasens an der Wand hinnehmen.

Bei den koffeinhaltigen Getränken blieb 46halbe beim Klassiker und gönnte sich noch einen Flat White:

getraenke, warm: flat white

Flat White für 3,10 €.

Die „TTL“ (time to latte) von der Bestellung bis zum Abholen des Kaffees war jeweils nur wenige Minuten.

Hingehen sollten alle, die damit leben können, für ihre Bestellung immer wieder den Tisch zu verlassen und auch mal in der Schlange zu stehen, und die eine Portion Hipster für einen guten Kaffee einfach wegstecken.

Stilbruch (Blick von außen)

Revaler Straße 9, 10245 Berlin
Tel. (030) 25 20 40 80

Webseite

  1. Diesmal waren 46halbe und Benks als Tester unterwegs. []

Leave a Comment

Filed under À la carte, Friedrichshain, keine Kreditkartenzahlung

Zehn Jahre danach: Hüftengold

Das „Hüftengold“ liegt in der Oderberger Straße, die einst nah an der Berliner Mauer lag und nun dreißig Jahre später eine beliebte Touristenmeile geworden ist. Heute besuchen wir1 sie in unserer „Zehn Jahre danach“-Reihe. Wir haben das Lokal also vor langer Zeit schon mal getestet, waren damals recht begeistert und geradezu liebvoll umsorgt worden.

hueftengold, draussen

Viele Pflanzen vor dem „Hüftengold“: kostenlos. Foto: antenne, CC BY-NC 2.0.

Das „Hüftengold“ liegt ein bisschen versteckt hinter lauter Pflanzen und hat wegen seines schlauchförmigen Innenraums nur eine schmale Außenfassade, kann daher leicht übersehen werden. Da wir aber schon öfter dort waren und zudem die Oderberger gut kennen, konnten wir dieser Falle ohne Probleme entgehen.

Ein erster Cappuccino nach dem Platznehmen sollte sogleich unserem Koffeinmangel entgegenwirken:

cappuccino

Cappuccino: 2,80 €, kein Wasser dazu.

Die Zeit, bis das Koffein im „Hüftengold“ bereitgestellt wurde, fiel angenehm kurz aus. Das war bei den Speisen anders, aber dazu später mehr.

Zwei Details sind uns aufgefallen, die wir dem geneigten Leser zuerst noch mitteilen wollen. Das erste ist der übliche Tomatenalarm. Nun kommt es leider dauernd vor, dass die rote Pest als eine Art Sättigungsbeilage oder als Dekoration ungefragt auf den Tellern lungert. Man gewöhnt sich dran und ignoriert das weg, wenn man sie nicht mag. Aber diesmal waren die vor Tomatensaft triefenden Stückchen auch noch mitten auf dem Ei plaziert worden:

spiegeleier

Auf der Rechnung stand das Spiegelei als „Klein & Fein“: 5,50 €.

Die Spiegeleier im „Hüftengold“ kamen zudem leider mit dem falschen Brot: Bestellt war Vollkornbrot, das mit fünfzig Cent extra zu Buche schlagen sollte. Geliefert wurde jedoch Toast. Aber wir hatten uns an dem Tag nicht wie die Piefkes, waren ohnehin sehr hungrig und ließen das Brot dann einfach austauschen. Es blieb trotz Vollkornbrot dann beim Preis von 5,50 Euro. Geschmacklich waren die Spiegeleier in der Kategorie „solide“ und damit ganz gut, aber wirklich nichts Besonderes.

Bevor wir zu den weiteren Speisen und Getränken kommen, wollen wir ein zweites Detail erwähnen, das uns leicht irritiert hat. Wir erhielten nämlich Besteck mit hellbauen und rosa Servietten. Angesichts der Tatsache, dass wir jeweils wie ein Weibchen und wie ein Männchen aussehen, mussten wir uns spontan fragen, ob das Zufall war:

fruehstuecksbesteck

Frühstücksbesteck, geschlechtersortiert?

Oder aber wir sind schon so konditioniert auf diese Farben, dass wir Halluzinationen entwickeln, wenn wir die Farbzusammenstellung sehen. Vielleicht brauchen wir langsam sowas wie einen Moderator im Radio auch beim Frühstück, damit uns jemand Alltägliches erklärt. Unwillkürlich fragt man sich im Falle, dass es kein Zufall wäre, was die Servicekräfte denn machen, wenn ein Mensch nicht klar zuordenbar ist.

Wie in vielen Lokalen in Berlin gibt es im „Hüftengold“ neben den koffeinhaltigen Getränken auch mehr oder weniger experimentelle Frucht-Mischgetränke. Diesmal haben wir eine Kombination aus Apfel, Kiwi und Minze probiert, die frisch gemacht wurde und auch entsprechend gut geschmeckt hat:

latte, minz-drink

Latte macchiato mit doppeltem Espresso: 3,30 €, Apfel-Kiwi-Minze-Getränk: 3,80 €.

Was das Essen anging, hatten wir uns beide für Eier entschieden. Das gewünschte Gericht firmierte in der Karte als „Klein & Fein“ und konnte in mehreren Varianten gewählt werden: zwei Rühreier oder zwei Spiegeleier mit verschiedenen Brotsorten zur Wahl. Leider dauerte es eine gefühlte halbe Stunde, ehe die Speisen zu uns fanden. Wir hatten Kohldampf und wenig Verständnis dafür, dass in einem Laden, wo wir die einzigen Gäste waren, ein so langes Warten nötig wurde.

Als das Essen dann endlich kam, war der Tisch beinahe zu klein:

latte, doppelt, gesamtes fruehstueck

Das gesamte Frühstück auf einen Blick.

Leider musste erdgeist dem Rührei bescheinigen, dass es nicht ganz durch war. Das zusätzlich bestellte Toastbrot mit Avocado, Lachs, Frischkäse und Sprossen (4,20 Euro) mundete ihm dagegen mehr.

Schon zum Bewerten des Unterschieds bestellten wir auch einen Latte macchiato in der Variante „normal“, also ohne doppelten Espresso:

latte, einfach

Latte macchiato für 2,90 €.

Diese Variante haute 46halbe wirklich nicht vom Stuhl, löste allerdings auch keinen Unmut aus. Als die Rechnung kam, empfanden wir die insgesamt 30,80 Euro (ohne Trinkgeld) als nicht überteuert, hätten uns aber doch einen qualitativ besseren, einfach umsichtigeren Service gewünscht.

Hingehen sollten alle, die ein Frühstück ohne Tamtam und ganz ohne Eile suchen und hernach vielleicht ein köstliches Kuchenstück mitnehmen möchten. Denn das sollte man nicht verpassen.

Hüftengold
Oderberger Straße 27, 10435 Berlin
Tel. (030) 41 71 45 00
Offenbar ohne Webseite

  1. Diesmal waren wieder 46halbe und erdgeist Testesser. []

Leave a Comment

Filed under À la carte, Prenzlauer Berg

1990

Wir1 hatten uns in der Nähe des Boxhagener Platzes verabredet, ohne daran zu denken, dass es wegen des Flohmarktes ziemlich voll sein würde. Das durchkreuzte unsere Pläne und führte uns diesmal zum Frühstücken in ein veganes Restaurant, das zu Beginn noch verdächtig leer war.

Wir waren gar nicht auf der Suche nach veganem Essen, wir wollten eigentlich ein gegenüberliegendes Hipster-Lokal mit teurem Kaffee besuchen. Doch das war völlig überlaufen, weswegen wir zufällig das gerade aufmachende „1990“ betraten. Wir waren die ersten Gäste und hatten keine Ahnung, was uns erwarten würde.

1990, aussen

Der Blick von außen auf das „1990“ beim Verlassen, inzwischen gut gefüllt.

Bei hohen Temperaturen draußen dürstete es uns nicht nur nach Kaffee, sondern auch nach Frischem:

getraenk monkey king

„Monkey King“, 4,20 €.

So landete ein erster Trunk bei uns. Das Getränk war aus unerklärlichen Gründen als „Monkey King“ in der Karte verzeichnet, was 46halbe aber nicht gänzlich abschreckte. Es bestand aus Avocado, Kokosmilch und Ananassaft in einer gut abgeschmeckten Mischung.

Um es gleich vorweg zu sagen: Die Bedienung im „1990“ war die gesamte Zeit sehr entgegenkommend und serviler als gewöhnlich in Berlin, aber dabei nicht aufgesetzt freundlich, sondern einfach nett und aufmerksam. Der beim Eintreten etwas unangenehm auffallende Geruch wie nach einer Grundreinigung eines Backfischaquariums verflog und wich schnell den duftenden Speisen.

Wir inspizierten die Karte, während uns eine kaum ins Ohr dringende, aber dennoch recht laute Musik umhüllte, die sak aber mit seinem funktionierenden Offline-Spam-Filter erfolgreich ignorieren konnte. Die „Dragon Roll“ fiel 46halbe sofort ins Auge und wurde umgehend auf dem Bestellzettel angekreuzt.

Ja, Bestellzettel. Wo kämen wir da hin, wenn wir einfach frei Schnauze bestellten! Selbst bei den bisher drei, vier Leuten im Lokal mussten wir eben ankreuzen. Aber es füllte sich recht schnell, sämtliche Schatten- und Fensterplätze waren am Ende belegt, insofern scheint das Kumulieren und Panaschieren durchaus einen Sinn zu haben.

Der Secret Garden (3,50 €) sollte es für sak sein, dazu ein Cha ca (schon wegen des Ausspruchs Tschakka, ebenfalls 3,50 €). Als das Essen wenig später kam, staunten wir nicht schlecht beim Anblick:

ueberblick nahrung

Die Hauptspeisen im Überblick.

Der schmackhafte Mango-Salat mit Erdnüssen (3,50 Euro) mundete 46halbe vorzüglich. Er stand in der Karte sowohl als „Be Happy“ als auch als „Goi Xoai“, was eventuell schlicht die Übersetzung sein könnte. Positiv fiel auf, dass er gut gewürzt, aber eben nicht überwürzt war. Auch die „Dragon Roll“ von 46halbe stellte sich als wohlschmeckend heraus, allerdings verzichtete sie auf das Kosten der Soße. Nicht jeder mag es schließlich zum Frühstück scharf.

sak konnte beim Ausprobieren nicht an sich halten und stieß bei jedem ersten Bissen ein erfreutes „Mhmhmmh!“ aus. Das hat man auch nicht jeden Tag beim Frühstücken. :}

Die arme Avocado steht ja unter Hipsterverdacht, aber hier passte sie ganz wunderbar zum Salat, quasi als festes Salatdressing, ganz ausgezeichnet. Es fehlte lediglich etwas Knuspriges im Salat. Außerdem war es nicht möglich, die mit Tofu gefüllten Algenblätter abzubeißen, man musste sie wie eine Tofu-Wachtel im Ganzen verschlingen. Der Tofu war ausgezeichnet in Geschmack und Konsistenz, leicht mit Chili und Röstzwiebeln gewürzt, wunderbar aufeinander abgestimmt.

Dazu kam als Getränk für ihn ein „Power Boost“, der aus frischem Grapefruitsaft, Ingwer, Bananen und Chiasamen bestand. sak mutmaßte, dass die durch das Trinken erwünschte Kraftbetankung von letzterem rühren könnte. Und ohne zusätzliches Koffeinhaltiges hielten wir es natürlich auch nicht aus:

kaffee und power boost

„Power Boost“ (Mitte), 4,20 €, Vietnamesischer „Ice Cafe“ mit einem Glas Eis, 3,80 €.

Das in der Rechnung als „Ice Cafe“ verzeichnete Getränk war zum Selbermachen: Neben den in Berlin mittlerweile vielfach angebotenen vietnamesischen Kaffee wurde einfach ein Glas mit viel Eis gestellt, in das der Kaffee nach dem Durchlauf gegossen werden sollte. Das sah dann recht ansprechend aus und schmeckte erheblich besser als erwartet. Der Kaffee war auch kälter als angenommen.

Ice Cafe fertig angeruehrt

Der vietnamesische „Ice Cafe“ ist fertig.

Wir zahlten am Ende die insgesamt 37,60 Euro (ohne Trinkgeld) ohne jegliches Murren, müssen aber zugeben, dass darin noch mehrere weitere der vietnamesischen „Ice Cafe“-Varianten enthalten waren.

Wer sich übrigens fragt, warum das Lokal „1990“ heißt: Es ist das Eröffnungsjahr. Und angesichts von fast dreißig Jahren ist es bedauerlich, dass wir es nicht schon eher entdeckt haben.

Hingehen sollten alle, die direkt am Boxhagener Platz schmackhaftes Essen suchen, vegane Küche mögen oder statt Bückling oder Schnitzel mal Neues ausprobieren wollen oder die vielleicht nur die Begleitung eines Flohmarktbegeisterten sind und sich das dufte Einkaufstreiben von der anderen Straßenseite ansehen wollen.

1990
Krossener Straße 19, 10245 Berlin
Tel. (030) 856 147 61
Webseite

  1. Diesmal waren 46halbe und sak als Testesser zusammen unterwegs. []

Leave a Comment

Filed under À la carte, Friedrichshain, Nicht wirklich Frühstück

Kaffee.Bar

Wir1 wählten für unseren Frühstückstest das Kiez in der Nähe des Helmholtz-Platzes, wo sich diverse neue Lokale angesiedelt haben. Manche sind in Wahrheit gar nicht mehr so neu, aber eben noch ungetestet.

Nach dem Eintreten in das Ecklokal „Kaffee.Bar“ (Eigenschreibweise) setzten uns wir an die Rückwand eines in der Mitte des Raumes plazierten recht großen Tresors, dessen Inneres wahrscheinlich keine Wertsachen mehr gesehen hat, seit Adenauerhüte aus der Mode kamen. Inzwischen enthielt er passenderweise Kaffee.

Insbesondere wegen des uns sogleich entgegenschlagenden Kaffeegeruchs in der „Kaffee.Bar“ lechzten wir nach koffeinhaltigen Getränken. Für 46halbe war der Flat White diesmal die erste Wahl:

getraenke: flat white

Das erste Getränk: Flat White, 3,20 €.

Wer schon immer mal wissen wollte, was eigentlich der Unterschied zwischen einem Flat White und einem Latte ist, wird es hier allerdings nur schwerlich erfahren. Denn der Flat White schmeckte zwar ganz gut, blieb aber leider geschmacklich kaum von einem Latte zu unterscheiden.

hipsterzucker

So sieht der Zucker aus.

In der „Kaffee.Bar“ gab es übrigens keinen normalen Zucker, sondern die auf dem obigen Foto abgebildeten bräunlichen Kristalle: mit Melasse versetzter Rohrzucker. Zudem kamen die danach gelieferten Getränke mit Glasstrohhalmen statt des üblichen Plastezeugs. Letzteres ist aus Umweltschutzgründen zu begrüßen, aber die Frage, wie man sie sinnvoll und ressourcenschonend reinigt, drängte sich auf.

die ersten getraenke

Die Getränke zum Anfüttern: frischgepresster Orangensaft, 4,50 €, Cold Brew Coffee, 3 €, Wasser dazu: kostenlos. Der kleine Roboter: mitgebracht. :}

Cold-Brew-Varianten haben insgesamt an Beliebtheit gewonnen, wie man in Berlin im Sommer fast überall beobachten kann. Dieses Getränk erhielt von elsbeth die Note 3. Am Kaffee selbst war wenig auszusetzen, auch wenn elsbeth gemeinhin helle Röstungen für die Cold-Brew-Produktion vorzieht. Mehrere gigantische Eiswürfel, von denen jeder einzelne die Titanic zum Sinken hätte bringen können, verwässerten jedoch die Gaumenfreude unnötig.

An einem frischgepressten Saft hingegen kann man – mal vom Preis abgesehen – nicht viel falsch machen. Er schmeckte sogar so gut, dass wir später einen zweiten bestellten und dem eponymen Kaffee untreu wurden. Dazu gesellte sich ein Schoko-Nuss-Croissant, das leider in der „Kaffee.Bar“ nicht eben liebevoll dargeboten wurde:

fruehstueck: croissant

Geht nicht als Frühstück durch: „Croissant Schoko“, 1,60 €.

Irgendwie scheint es in den Hipster-Cafés immer genau diese Croissants zu geben. Sie schmecken immer gleich und durchschnittlich, sehen auch so aus und entfalten im Grunde keine Nahrhaftigkeit. Immerhin ist der Preis hier noch nicht vom Mond, aber Freude kam ob dieses Durchschnittsbissens nicht auf.

Die von elsbeth als Frühstück bestellte, ebenfalls sehr hipsterige Smoothie-Bowl beschrieb sie als leicht wässrig, aber knusprig:

fruehstueck: smoothie-bowl

Zum Frühstück eine „Smoothiebowl“, 6,50 €.

Darin befanden sich neben Erdbeeren, einer Volute aus Traubenhälften und zwei einsamen Heidelbeeren Kokosjoghurt, Reismilch und Granola, das dem Ganzen den nötigen Biss und etwas Geschmack verlieh.

Eine weitere Wahl fiel auf eine Eierspeise, deren Bestellung jedoch Erstaunen hervorrief. Denn das dürfte in Deutschland wohl nicht oft vorkommen, schließlich gilt es als DAS Land des guten und vielseitigen Bäckerhandwerks: Es gab kein Brot zum Ei, auch nicht auf Nachfrage nach einer vollkommen beliebigen Art Brot. Ihre Enttäuschung konnte 46halbe nur mit Mühe verbergen. Immer wieder schweifte der Blick daher sehnsüchtig über die Straße zur dortgelegenen Bäckerei.

fruehstueck: pochiertes ei

Ohne Brot: „Pochiertes Ei“, 2 €.

Man musste das wirklich kleine Ei zudem auf dem Tisch suchen, da die Darreichung in einem winzigen Glas nicht viel hermachte. Vielleicht sind die Speisen darauf optimiert, möglichst wenig Platz wegzunehmen, da der oder die tragbaren Computer soviel Raum in Anspruch nehmen. So sah es jedenfalls an den Nebentischen aus, wo die Menschen wortlos und allein vor ihren Computern saßen. Es entfaltete sich entsprechend eine sehr ruhige Atmosphäre, dazu ebenfalls sehr leise Musik.

Das ganze Ambiente erfüllte die gern bemühten Klischees über solche neuen Berliner Kaffeeläden: Alles sah generisch aus, mit aufgerissenen unverputzten Wänden, viel Schweigen, einem auffällig großen Tresen, einer minimalistischen Karte. Nur der Kaffeegeruch war wirklich einladend und angenehm.

Wir bekamen mit 28,50 Euro (ohne Trinkgeld) keine besonders hohe Rechnung, hatten aber für ein Frühstück auch wenig Nahrung zu uns genommen.

Hingehen sollten alle, die Kaffee mögen und dank ihres Neu-Spießertums Proteinbowls und pochierte Eier in Einzelhaft kalorienreicheren Klassikern wie Brot und Rührei vorziehen.

Kaffee.Bar
Stargarder Straße 55a, 10437 Berlin
Tel. 0170 12 34 56 78
Webseite

  1. Diesmal waren 46halbe und elsbeth als Testesser unterwegs. []

Leave a Comment

Filed under À la carte, Netz: Gratis, Prenzlauer Berg

Zehn Jahre danach: Uebereck

Am „Uebereck“1 kamen wir in den letzten zehn Jahren oft vorbei, es liegt nahe an der vielbesuchten S-Bahn-Station Ostkreuz. Wir saßen manches Mal darin und haben unsere Beobachtungen vor mehr als einem Jahrzehnt schon festgehalten. Nun wollten wir2 es in einem „Zehn Jahre danach“-Test erneut probieren.

Damals war bei unserem Besuch viel Baulärm, da der Umbau des Bahnhofs Ostkreuz gerade begonnen hatte. Mittlerweile ist er so gut wie fertig, Berlin kann also große Verkehrsbauprojekte durchaus erfolgreich hinbekommen. Für die Baufortschritte und -rückblicke lohnt sich übrigens ein Blick ins Ostkreuzblog.

ostkreuz, draussen

Vom „Uebereck“ kann man das neue Bahnhofsgebäude Ostkreuz sehen. Hier die große Ringbahnhalle.

Bild: lt_paris, CC BY-NC-ND 2.0.

Das „Uebereck“ liegt an einer kleinen Grünfläche, die sich mit den Jahren als ein typischer Berliner Ort etabliert hat, wo sich abends alte Jungfern und Hagestolze das Bierchen zupröstern. Allerdings wird die Fläche gerade umgestaltet und mit einem Spielplatz etwas familienkompatibler. Ganz ohne Baulärm kommt die Gegend also noch immer nicht aus.

Dennoch stehen draußen am „Uebereck“ Tische, allerdings ist der Bürgersteig in diesem Viertel etwas zu schmal, um entspannt zu essen. Das hat die Berliner aber noch nie gehindert. Wir setzten uns aber nach drinnen und konzentrierten uns selbstverständlich auf unser Testessen.

gemischtes fruehstueck

Kleines gemischtes Frühstück: 6,90 €.

Nicht nur wegen der Vergleichbarkeit, sondern auch, weil erdgeist regelmäßig eine Art Lackmustest durchführt, ließ er sich sein Standard-Frühstück liefern: Das kleine gemischte Frühstück bestand neben dem obligatorischen gekochten Ei aus Wurst- und Käseaufschnitt an einer Salatvariation, abgerundet mit frischem Obst, Gemüse und Süßem in Portionspäckchen3, einzig der Honig kam im Dekor-Waffelbecherchen aus irgendeiner Art Filinchen-Kruste.

Begeistert ist anders: Wenig schmeichelhaft fiel erdgeist auf Nachfrage nur „abgespacktes Drei-Sterne-Hotel-Frühstück“ ein. Der Rand der servierten Wurst wellte sich allerdings schon vor dieser Bemerkung bedenklich nach oben, während die wahrscheinlich aus Dekorgründen über dem Teller verstreuten Petersilienfitzelchen ganz unappetitlich mit den Apfel- und Birnensegmenten intim wurden.

koffein-saft-dreiklang

Latte macchiato: 3,20 €, der zweite mit doppeltem Espresso (Preis nicht notiert), ein frischgepresster Orangensaft (0,2 l): 3,50 €.

Auch im „Uebereck“ bestellten wir wieder den für uns typischen Getränke-Dreiklang: Zwei Latte macchiato, einmal für Erwachsene mit doppeltem Espresso, einmal in der Normalversion, sowie den von 46halbe stets gemochten frischgepressten Orangensaft. Die koffeinhaltigen Getränke bekamen allerdings das Prädikat „ziemlich medioker“. Sie konnten keine große Freude wecken, sondern erfüllten nur ihren Zweck: Das Koffein-Level halten. Wasser dazu zu servieren, fiel hier niemandem ein.

Später gesellte sich noch ein Cappuccino (2,50 €) dazu, der nach Dafürhalten von 46halbe von besserem Geschmack war. Aber möglicherweise war ihre Wahrnehmung vom nun bereits gefüllten Magen auch getrübt.

brotkorb

Brotkorb: ohne ausgewiesenen Preis.

Zu erdgeists Frühstück gesellte sich ein immerhin recht ansehnlicher Brotkorb mit den erwähnten Marmeladen-Abpackungen. Allerdings bemängelte er die Brötchen als nicht frisch. Negativ fiel außerdem auf, dass nur Serviettchen an den Tisch geliefert wurden: Sie waren nicht nur dünn, sondern auch klein, im Grunde also als Servietten unbrauchbar, insbesondere wenn man Teile der Speisen mit den Händen isst.

Unsere Stimmung war nicht allzu heiter, was auch dadurch bestärkt wurde, dass der Laden schlicht lärmig war. Einerseits kann das nicht dem Betreiber angelastet werden, da an diesem Tag eine größere Gruppe von vielleicht zehn Leuten an einem langen Tisch mitten im Raum saß. Das führte zwangsläufig zu lautem Reden und in der Folge einem Ansteigen des allgemeinen Geräuschpegels. Andererseits aber lief auch eine unangenehm laute Maschine, die jede Gemütlichkeit zuverlässig abwürgte. Wir vermuteten eine Kühlvitrine oder eine Eismaschine, waren aber nicht sicher.

Wir schlossen uns notgedrungen an und unterhielten uns entsprechend laut.

Um auch belastbare Vergleiche anstellen zu können, entschloss sich 46halbe ebenfalls für das nochmalige Bestellen ihres vor zehn Jahren gekosteten Frühstücks:

franzoesisches fruehstueck

Französisches Frühstück: 6,90 €.

Sie war damit ganz zufrieden, denn die Erwartungen wurden erfüllt. Die Croissants erwiesen sich als frisch, die Marmelade war exakt so, wie sie aus diesen Abpackungen immer schmeckt. Letztlich blieb aber unklar, warum man dafür 6,90 Euro löhnen sollte. Vielleicht waren es die Obstbeigaben, die das rechtfertigen könnten.

schwaerzungen

Auffällige Häufung bei Schwärzungen in der Speisekarte.

Viel Wahl hätten wir aber ohnehin nicht gehabt, denn offenbar fielen – wie öfter in von Touristen frequentierten Lokalen – diverse Gerichte mit der Zeit unter den Tisch, wie forensische Untersuchungen der Speisekarten-Sedimente ergaben.

Hingehen sollten alle, die eine lärmige Atmosphäre wegstecken können, endlich mal einen „Geheimtip“ aus dem „Lonely Planet“ zusammen mit fünfzig anderen Berlin-Besuchern entdecken wollen und denen das Inklusiv-Frühstück im Hostel zu großzügig bestückt ist.

Uebereck
Lenbachstraße 8, 10245 Berlin
Tel. (030) 29 12 792
Webseite

  1. Nicht zu verwechseln mit dem Übereck in der Prenzlauer Allee. []
  2. Diesmal waren wieder 46halbe und erdgeist zur Testspeisung unterwegs. []
  3. Aktuell im Großhandel bei 10 Eurocent pro Stück. []

Leave a Comment

Filed under À la carte, Friedrichshain

Gasthaus Alt Wien

Wir1 dehnen den Begriff „spätes Frühstück“ heute selbst für Berliner Verhältnisse recht stark. Aber das liegt nicht an uns, sondern an dem Lokal im Bötzowviertel unweit der Greifswalder Straße, dessen Speisen wir zu verköstigen beabsichtigten. Denn vor 18 Uhr lassen die niemanden rein.

Das Publikum ist gemischt, ob des Preisniveaus ist die Wahrscheinlichkeit, hier lautstark schwatzende Backfisch-Rudel auf Abireise anzutreffen, jedoch eher gering. Die Parkplatzsituation für etwaig zur Anreise benutzte Benzinkutschen ist etwas prekär. Wer sich den obligatorischen Autofahrergruß durch drängelige Verkehrsteilnehmer beim Einparken sparen will, kommt besser zweirädrig oder mit den Öffentlichen. Eine andere Variante ist ein Spaziergang vom nahegelegenen Volkspark Friedrichshain, wo man sein Auto abstellen kann.

Im „Alt Wien“ waren wir in größeren Abständen schon mehrfach, wenn uns der Sinn nach Deftigem aus Österreich stand. Heute wurden wir allerdings nach dem Aussuchen der Vorspeisen überrascht, nämlich mit einem unangekündigten Korb aus drei verschiedenen Sorten frischem Brot, der so manchen Standard-Frühstücksschuppen neidisch werden ließe:

brotkorb

Der Brotkorb im „Alt Wien“ (gab es einfach dazu).

Geliefert wurde das Brot zeitgleich mit den zuvor gewählten Vorspeisen: eine Suppe und etwas, was auf der Rechnung später als Salat firmierte, aber in Wahrheit keiner war.

Alles, was Mohrrüben ähnelt, kann 46halbe begeistern. So war es nicht schwer, aus dem Vorspeisen-Angebot trotz beginnenden Frühlings die Suppe aus Wintergemüse herauszupicken. Sie kam allerdings nicht dampfend heiß, sondern eher warm an den Tisch:

pastinaken-suppe

Als Vorspeise die „Pastinakensuppe“: 5,80 €.

Die vegetarische Suppe mit etwas Kernöl schmeckte dennoch köstlich. Pastinaken gelten übrigens als wiederentdeckte alte Gemüseart, das allerdings schon seit einigen Jahren. In Berlin bekommt man das Gemüse öfter angeboten, ob das auch für Wien gilt, wissen wir aber nicht.

Was die dazu gereichten Getränke im „Alt Wien“ anging, suchten wir diesmal wirklich nichts Außergewöhnliches, nicht einmal was mit Alkohol. Stattdessen gab es Wasser und trüben Apfelsaft:

getraenke

Wasser, 0,75 l: 5,40 €, Apfelsaft, 0,25 l: 2,60 €.

Vorab orderte Herr Vroomfondel einen Bradl-Teller, benannt nach Ottakring bei Wien: Den Feldsalat darauf beschrieb er als angenehm frisch, die Meerrettich-Menge wäre mit ausreichend noch eine Untertreibung gewesen. Allerdings war der wirklich scharfe Meerrettich das einzige, von dem am Ende bedingt durch mangelndes Meerrettich-Training auf dem ansonsten leeren Teller noch etwas zurückblieb. Prompt merkte die Bedienung dies kritisch an.

bradl-teller

„Ottakringer Bradl-Teller“ für 9,80 €.

Neben den erwähnten Beilagen bestand das einstimmende Bradl-Mahl aber eigentlich aus kaltem Schweinsbraten mit einer Kren-Mayonnaise und dem schon erwähnten sehr reichlichen und sehr frischen Meerrettich. Die Interpretation des Themas „Salat“ als Schweinebraten-Aufschnitt mit etwas Feldsalat passte sehr gut zu Herrn Vroomfondels Hungerstatus.

An den Vorspeisen hatten wir insgesamt nichts zu meckern. Ohne Hast, aber auch ohne langes Warten stand wenig später das Hauptgericht vor Herrn Vroomfondel. Um es gleich vorwegzunehmen: Es sollte ihn ringsum zufrieden machen, nur den mitgelieferten kleinen Salat ließ er unberührt – er hatte ja schon einen verzehrt.

roulade

Roulade: 19,80 €.

Die Roulade des „Alt Wien“ nannte Herr Vroomfondel schmackhaft, der Kartoffelbrei bekam gar das Prädikat perfekt. Einzige Kritik an dem Gericht war die Bemerkung, es sei ein klitzekleines bisschen zu salzig gewesen. Was wir zu schätzen wussten: Die Teller blieben nach dem Verzehr nicht lange stehen, denn die Bedienung war nicht nur allseits freundlich, sondern auch aufmerksam.

Als Hauptgericht hatte sich 46halbe für Geschnetzeltes vom Kalb entschieden:

geschnetzeltes

Kalbsgeschnetzeltes: 18,50 €.

Das Gericht hatte 46halbe abweichend von der Karte nicht mit Semmelknödel, sondern mit Bratkartoffeln bestellt. Das stellte sich als gute Idee heraus: Es schmeckte ausgewogen, aber überhaupt nicht langweilig. Das lag auch am mitgelieferten Salat, der frisch, abwechslungsreich und in ausreichender Menge kam. Anders als bei vielen Speisen dieser Art lag das Essen auch nicht schwer im Magen, sondern hatte eine gewisse Leichtigkeit.

Dennoch musste danach Verdauungskoffein in Form von Espresso her, die jeweils mit Leitungswasser serviert wurden:

2 espressi

Espresso: je 2,- €.

Wir befanden die Kaffeegetränke als qualitativ gut, aber nicht als hervorragend. Im Gegensatz zur um sich greifenden Degeneration der Espressokultur in anderen Etablissements waren die Tassen gut vorgeheizt und wurden mit einem Grinsekeks2 serviert. Sie rundeten den Abend wunderbar ab. Mit einer Rechnung von zusammen 65,90 Euro ohne Trinkgeld waren wir zwar nicht eben billig, aber doch akzeptabel weggekommen, wenn man die Qualität, Darbietung und Menge der Speisen betrachtet.

Hingehen sollten alle, die wie wir das Ambiente eines klassischen Wirtshauses mögen, die ordentlich Hunger haben und österreichische Kochkunst goutieren. Auch Vegetarier werden in der Speisekarte gebührend berücksichtigt.

Alt Wien
Hufelandstraße 22, 10407 Berlin
Tel. (030) 701 296 10
Webseite

  1. Diesmal war 46halbe mit Herrn Vroomfondel unterwegs. []
  2. Das ist ein Keks mit einem lächelnden Gesicht drauf. []

Leave a Comment

Filed under À la carte, Nicht wirklich Frühstück, Prenzlauer Berg

19grams

Geht man auf der Chausseestraße in Berlin-Mitte auf das „19grams“ zu, empfängt einen unweigerlich das überdimensionale neue Gebäude des Auslandsgeheimdienstes BND mit seiner brachialen Architektur. Ob der auffällig umzäunte Geheimdienstkomplex dem „19grams“ geschäftlich guttut, wissen wir1 natürlich nicht. Einerseits arbeiten darin fast unzählige potentielle neue Kunden mitsamt ihrer Kumpane, auch Spione aus aller Welt könnten von der Geheimdienstzentrale inmitten der Stadt angezogen sein, um die Tische vor dem Lokal zu besetzen, andererseits fühlt sich vielleicht auch der eine oder andere von der räumlichen Nähe zu den Geheimen mit dem fragwürdigen Ruf abgestoßen.

blick auf den BND

Blick vom „19grams“ auf das BND-Hauptquartier auf der gegenüberliegenden Straßenseite.

Der erste Blick in die Karte machte sofort klar, dass hier nur eine sehr kleine Auswahl an Speisen angeboten wird. Bevor wir uns dem Aussuchen der heißen und kalten Ware näher widmeten, entdeckten wir aber ein Getränk ohne weitere Beschreibung mit dem Namen „Fountain of Youth“. Und wer wollte nicht aus dem Jungbrunnen schlürfen? Auf Nachfrage erhielten wir die Auskunft, dass es sich um Kokoswasser handeln würde. Leider war das ausverkauft, so dass ein Test unterbleiben musste und der Hipsteralarm ausblieb.

Attraktiv als Frühstück erschienen uns beiden die „Eggs Benedict“, die laryllian in der Variante mit Trüffelpilzen bestellte. Vor dem Frühstück musste für ihn allerdings erst noch das begehrte Flüssigkoffein her:

latte mit ensemble

Latte macchiato: 3,50 €.

Geschmacklich war es ein durchaus ausgewogenes Röstgetränk, nicht auffällig großartig und extravagant, aber doch befriedigend.

Schon wegen der Abwechslung hatte 46halbe ihre „Eggs Benedict“ in der Version mit Fleisch in Form von „Pork Belly“ ausgesucht. Die pochierten Eier lagerten auf einem Stück Polenta aus Maisgrieß, zumindest war das unser Geschmacksurteil nach dem Probieren. Gereicht wurde dazu ein Birnen-Chutney und salatartiges Grünzeugs mit besonderer Ästhetiknote, das wir jedoch nicht klar definieren konnten:

benedict mit pork

Eggs Benedict mit Schweinebauch für 11 €.

Das Gericht überzeugte 46halbe auf ganzer Linie. Es überraschte zudem in der Zusammenstellung, die aus der Karte so nicht ablesbar war.

Die Bedienung sprach übrigens so gut wie kein Deutsch,2 was in Berlin-Mitte mittlerweile nichts Besonderes mehr ist. 46halbe musste sich in letzter Zeit von Zugezogenen zuweilen Beschwerden darüber anhören, dass man in Berlin kaum noch Deutsch lernen könne, da ohnehin alle Welt nur noch auf Englisch antwortet. Da dürfte was dran sein. Unsere Bedienung jedoch konnte ein deutsches Wort sehr gut aussprechen: „Langsam!“ Die gewöhnlich schnellsprechende 46halbe orderte ihre Wünsche anfangs ohne viel Rücksicht auf fremdländische Ohren, machte sich dann aber anheischig, um auch global-metropolitan verstanden zu werden.

Zwischendurch überkam uns der Gedanke, dass Bestellungen vielleicht doch nicht verstanden wurden, denn die Lieferung der Speisen und des Kaffees dauerte seine Zeit, in der wir eine gewisse Unruhe entwickelten und gar den Abtritt erforschten. Aber wie das so ist: Stehen die erhofften Getränke und die duftende Nahrung erstmal auf dem Tisch und sie schmecken obendrein, ist das vorherige Warten schnell vergessen.

Eine erste Wartezeit ergab sich übrigens schon beim Eintreten in das Lokal, da uns Gästen erst ein Tisch zugewiesen wurde. Dabei kam man nicht drumherum, das optisch ansprechend präsentierte Kuchenangebot in Augenschein zu nehmen. Wir haben es diesmal allerdings nicht getestet.

please wait to be seated

Man wird plaziert. Und man muss an der ansehnlichen Kuchenauswahl vorbei.

Statt Kuchen gab es eine weitere Eierspeise: Die von laryllian bestellte Trüffelpilz-Variante der Eier entlockte ihm Freudengeräusche. Vor allem die als überraschend, aber durchaus angenehm säuerlich beschriebenen Pilze hatten es ihm angetan und erhielten die Beschreibung „sehr, sehr lecker“. Auch optisch machte das Gericht einiges her:

ei mit trueffel

Eggs Benedict mit (verdeckten) Trüffelpilzen für 11 €.

Das ganze Gericht war eine einzige künstlerische Komposition aus Duft, Geschmack, Darbietung, Konsistenz und phantasievoller Vielgestalt, die sich im Munde vermählte, um bald glückbringend in die speiseröhrenen Flitterwochen zu entschwinden.

Ganz ohne Groll muss jedoch noch auf die Größe der Speise hingewiesen werden, die zumindest in Bezug auf laryllians Magenvolumen im Missverhältnis stand. Das „ohne Groll“ jedoch unterstreichen wir explizit, da die Qualität der Zutaten den Preis für diese Größe – zumindest gefühlt – mehr als rechtfertigte.

Es musste aber für laryllian ein weiterer Gang eingelegt werden. Interessant klang dafür der Toast, wobei eine Früchtebrot- und eine Sauerteigbrot-Variante zur Auswahl standen.

Toastbrot genießt hierzulande keinen besonders guten Ruf, obwohl es weithin gegessen wird. Ein typisches deutsches Toastbrot sieht ungefähr so aus. Nicht so die Sauerteig-Variante in unserem heutigen Testlokal, die treffender als Röststulle hätte firmieren sollen – vermutlich wars auch einfach Toast in Translation:

frucht-toast

Kein gewöhnlicher Toast: 4,50 €.

laryllian beschrieb den Geschmack des Brots als „wirklich gut“, was er durch seine teiltschechische Prägung (siehe Topinky) auch tatsächlich einzuschätzen vermochte. Er genoss eine der Stullen nur mit Butter, Salz und Pfeffer, die andere mit Butter und Konfitüre.

Um den Neid des geneigten Lesers zu kitzeln, konnten wir uns eine Detailaufnahme nicht verkneifen:

nahaufnahme toast

Toast-Porn.

Während laryllian den Toast verspeiste, wandelte sich das Frühstückslokal aufgrund der fortschreitenden Zeit langsam in ein Café, in dem immer mehr Gäste Kaffee genossen statt zu essen. Da wollten wir nicht Nachstehen:

latte

Flat White: 3,50 €, geliefert im „19grams“ mit Leitungswasser (kostenlos).

Obwohl wir jeweils gefühlt zu lange auf das flüssige Koffein gewartet hatten, musste nach dem Essen noch Nachschub in Form eines Flat White her. Für 37 Euro (ohne Trinkgeld) bekamen wir insgesamt ein uns überraschendes und köstliches Nahrungsangebot mit überdurchschnittlichen Kaffeegetränken.

Hingehen sollten alle, die bei der Kuchenauswahl auch vegane, glutenfreie und nussfreie Varianten wertschätzen und die Speisen bevorzugen, die nicht nur optisch, sondern auch geschmacklich einiges hermachen.

19grams
Chaussseestraße 36, 10435 Berlin
Telefon: 030 / 28 09 99 77
Website

  1. Es genossen das Frühstück: 46halbe und laryllian. []
  2. Wir unterhielten uns beim Verlassen des Lokals ein wenig mit ihr und können das daher mit Sicherheit sagen. []

Leave a Comment

Filed under À la carte, Mitte

tous les jours

Berlin hat im März meistens einige Tage, an denen man sich besser ein Frühstück von Profis bereiten lässt, als sich in die eigene Küche zu bemühen. Heute war so ein Tag: windig, kühl, regnerisch, die Sonne wollte sich nicht blicken lassen. Also machten wir uns guter Hoffnung ins „tous les jours“1 in der Nähe der Greifswalder Straße auf.

Kaum eingetroffen, bestellten wir dringend erhofftes Koffeinhaltiges, was auch spornstreichs eintraf:

Unsere erste Koffeingabe im „tous les jours“: Kleiner Kaffee mit Milch (1,90 €) und Latte macchiato (3 €).

Das „tous les jours“2 ist wochenends zur typischen Berliner Frühstückszeit recht voll, allerdings leerte es sich Richtung frühen Nachmittag auch sehr schnell wieder. Das Frühstücksteam3 setzte sich an einen der wenigen noch freien Tische, einen leichten süßen Fliederduft wahrnehmend. Der kam von einer Vase mit einer kleinen Pflanze, die wir für eine Hyazinthe hielten, die olfaktorisch Flieder ähnelt und den Frühling in die Nasen trieb.

Am Wochenende öffnet das „tous les jours“ schon um acht Uhr (wochentags sogar um sieben Uhr). Von unserem Tisch unweit des Fensters konnten wir auf die Kreuzung und ein Stück die Straße runter schauen, die ganz typisch für das Bötzow-Viertel ist: helle Fassaden, viele Ladengeschäfte und Restaurants, breite Bürgersteige und leider auch lauter parkende Autos. Das „tous les jours“ machte optisch an diesem regnerischen Tag von außen wenig her, immerhin drängte sich Berlin-typisch aber ein SUV ins Bild:

Das „tous les jours“ von außen, hier auch einige Einblicke in den Innenraum.

Die Eigenbeschreibung ist übrigens „Bistro“4, was wohl auf grundsätzlich einfache Speisen und kein allzu elaboriertes Küchenangebot hinweisen soll. Aber einen stilechten Klassiker, der ohne großen Aufwand herstellbar ist, fanden wir natürlich in der Karte:

Orangensaft, frischgepresst, 0,3 l (3,50 €).

Der Saft schmeckte wie erwartet gut. Aber die Vorfreude auf die Speisen wurde erst so richtig geweckt, als die Brötchen am Tisch landeten:

Der Brotkorb (ohne ausgewiesenen Preis).

Während der Anblick der Brötchen unsere Lust auf die Frühstücke weiter anheizte, bemerkten wir ab und an etwas Laufpublikum von der Straße, das sich aus einem Getränkekühlschrank neben der Tür bediente oder am Tresen Lebensmittel zum Mitnehmen bestellte. Offenbar wird das Lokal wochenends auch rege als Späti-Ersatz genutzt, allerdings kamen die Sympathisanten in nicht störender Menge. Aber als das Essen kam, waren wir ohnehin unsererseits abgelenkt:

Rührei mit Lachs (7 €).

Das Lachs-Rührei war wunderbar balanciert, herzhaft, saftig, heiß, gar schön und von perfekter Konsistenz. Der Lachs war nicht versalzen, das Ei nicht zu weich und doch fern von hartem Tobak – also genau, wie es sein soll. Im „tous les jours“ werden die unterschiedlichen Eierspeisen offenbar alle mit ähnlichen Dekormaßnahmen versehen, jeweils mit etwas Obst und Grünzeug.

Unsere Bedienung im „tous les jours“ wechselte zwischenzweitlich zwar, aber beide Kellner hatten etwas gemeinsam: Sie kamen nicht allzuoft vorbei. Wir mussten bei Bedarf eher winken, dann jedoch waren sie schnell am Platz. Um ehrlich zu sein, hat uns dieses Verhalten an diesem speziellen Tag aber gar nicht gestört. Wir hatten uns lange unterhalten und fanden das Ungestörtsein dabei von Vorteil.

Unser Blick fiel zwischendurch auf das ansehnliche Tortenangebot, das uns später dazu verführte, zwei Stücken (je 2,90 €) für den entfernten Genuss einpacken zu lassen. Vorerst stand uns der Sinn aber nach mehr Deftigem, so landeten Eier mit Schweinebauch vor 46halbes Nase:

Zwei Spiegeleier mit Speck (5,70 €).

Sieht man mal von der unvermeidlichen roten Pest ab, war der Anblick der bestellten Spiegeleier verlockend. Der Speck duftete und war knusprig, die grüne Salatbeilage frisch und etwas Obst lag wie beim Rührei auch noch dabei. Generell erschienen uns die Portionen als ausreichend groß und sie konnten geschmacklich überzeugen, allerdings waren wir an diesem Tag auch nicht völlig ausgehungert.

Nach den Eiern musste Koffeinnachschub in Form eines Cappuccinos her, schließlich sollte die Verdauung angeregt werden:

Cappuccino (2,40 €) nebst einem weiteren frischgepressten Orangensaft, 0,3 l (3,50 €).

Wer nun glaubt, unsere Nahrungsaufnahme wäre schon beendet gewesen, täuscht sich. Wir legten quasi noch einen weiteren Gang ein:

Frischer Obstsalat (4 €).

Ohne Frage war das gereichte Obst frisch und auch nicht miteinander vermanscht, es mundete 46halbe trotz steigendem Magenfüllstand ohne Abstriche. Wir hatten unterdessen schon weit mehr als eine Stunde in dem Lokal verbracht, obwohl die Atmosphäre insgesamt nicht übermäßig gemütlich wirkte. Dennoch lud sie zum Verweilen ein, vielleicht weil die Bedienung uns nicht unnötig störte und die Fluktuation der Besucher nicht allzu stark war.

Extra Nutella und Butter (je 0,50 €).

Und mit dem Verweilen verband sich weitere Nahrungsaufnahme, da zu unserer Verwunderung der Brotkorb noch halbvoll auf dem Tisch herumlungerte. Also orderten wir flugs noch etwas Marmelade, Nutella und Butter, um die übrig gebliebenen Brötchen zu vernichten. Die Erdbeermarmelade stellte sich beim Schreiben des Blogposts als Geschenk des Hauses heraus, denn wir fanden sie später nicht auf der Rechnung. Die schätzten wir mit insgesamt 32 € (ohne Trinkgeld und ohne die zum Mitnehmen verpackten Kuchenstücken) übrigens als moderat und angemessen ein.

Hingehen ins „tous les jours“ sollten alle, die gern wirklich lecker und bodenständig, aber stets mit einer Note Eleganz genießen.

tous les jours
Hufelandstraße 16, 10407 Berlin

030 4280 91 60
tous-les-jours.de

  1. Ohne eine Reservierung, das wäre aber möglich gewesen. []
  2. Übersetzt etwa „tagtäglich“. []
  3. Bestehend aus 46halbe und laryllian. []
  4. Das Wort hat keine eindeutige Etymologie. []

Leave a Comment

Filed under À la carte, Prenzlauer Berg

November

Auch wenn wir diesmal ein Lokal mit dem Namen „November“ zum Testen ausprobieren wollten: Es geht gerade auf der Frühling zu, nicht auf den Herbst. Dennoch war es zu kühl, um draußen zu sitzen: Das „November“ hatte noch keine Tische für Sonnenhungrige aufgestellt. Wir1 hatten das Lokal an der Husemann- Ecke Sredzkistraße zuvor noch nicht getestet, aber waren schon oft daran vorbeigekommen.

blick auf das lokal

Blick auf das „November“, wenn bei wärmeren Temperaturen Stühle und Tische rausgestellt sind.

Bild: Rae Allen, CC BY 2.0.

Es war nicht der Tag für ausgefallene Nahrung für ein erhofftes perfektes Frühstück, uns stand eher der Sinn nach Bodenständigem, ordentlichen Nietenhosen und einem Schal. Allerdings ging das nicht allen so:

nutella-waffeln

Waffeln mit Nutella: 4 €.

Die extra mitgebrachten Spezialisten für Waffeln hatten ihren eigenen Kopf. Sie testeten einerseits die Variante mit Nutella nebst Birnenstückchen und erheblichen Mengen Puderzucker, andererseits die Apfelmus-Darbietung:

apfelmus-waffeln

Waffeln mit Apfelmus für 4 €.

Der Unterschied zwischen beiden Varianten bestand nur in der Darreichung von Nutella bzw. Apfelmus, beides nur auf den ersten Blick von uns Simpeln als in ausreichender Menge vorhanden angesehen. Die Spezialisten bemängelten jedoch das Verhältnis, denn sie hätten etwas mehr Waffelmasse noch gut vertragen können.2 Außerdem befand sich der Teig offenkundig zu lange im Waffeleisen und war daher zu dunkel, was durch den Puderzucker nur unzureichend kaschiert wurde.

kakao

Heiße Schokolade: 3,70 €.

Tröstend half aber eine heiße Schokolade, serviert mit etwas Leitungswasser (kostenlos, aber merkwürdigerweise dennoch auf der Rechnung vermerkt).

Die erwachsenen Tester zog es zum Ei. Der erste Blick auf den Teller, der vor 46halbe abgestellt wurde, fiel aber nicht auf die Eierspeise an sich, sondern auf ein Stück Orange vom Rand der Frucht. Das sah leider angetrocknet und nicht sehr ansprechend aus und lag auch noch neben der mal wieder unvermeidlichen roten Nemesis. Allerdings war es eine recht kleine halbe Tomate, mithin zu verschmerzen:

spiegelei

Zwei Spiegeleier: 6 €.

Optimal zubereitet waren die beiden Spiegeleier nicht, zumindest nicht, wenn man die Erwartungshaltung von 46halbe als Maßstab nimmt: Sie bevorzugt Spiegeleier von einem Koch statt einem Quacksalber, der deren Eigelb nicht hart werden lässt, sondern leicht flüssig auf den Teller bringt. Insgesamt aber war das Gericht trotz bereits kalt gewordenem Toastbrot recht schmackhaft und passte in gewisser Weise zu dem etwas grauen Tag.

Das Lokal ist übrigens kein klassischer Ort zum Frühstücken, schon weil es wochentags erst ab 14 Uhr öffnet. Das „November“ wirkt eher wie eine Kneipe, obwohl es als Café firmiert.

Am Samstag und Sonntag wird man bereits ab 10 Uhr eingelassen. Uns fiel allerdings auf, dass es wochenends trotz des gut auffindbaren Standorts nahe der in Berlin recht bekannten Kulturbrauerei erst deutlich nach 11 Uhr voller im Lokal wurde und die leicht zerzaust wirkenden Berliner ihren Weg an den Koffein- und Frühstückstrog fanden. Das lag möglicherweise aber nur an dem Lebensmittelmarkt mit zahlreichen Ständen im Freien, der zeitgleich ein paar Straßen weiter draußen seine Waren feilbot.

bacon-ruehrei

Rührei mit Bacon: 7,50 €.

Das von Rene bestellte Rührei mit Speckstreifen erfüllt seine Erwartungen mäßig bis gut, ließ aber keine Freudenbekundungen aufkommen. Immerhin war sein Orangenstückchen frisch und ausreichend Butter auf dem Teller.

Bei den Getränken wagten wir passend zum Essen wenig Experimente: Wir bestellten gleich mehrere frischgepresste Säfte sowie das typische Koffeinhaltige.

o-saft, frisch

Frischgepresster Orangensaft, 0,2 l: 3,90 €.

Wir fanden den Preis für die Menge frischgepressten Saft doch recht happig, hatten aber geschmacklich nichts auszusetzen. Der Kaffee dazu kam zeitgleich:

2 latte

Latte Macchiato: 3,40 €, daneben mit „doppeltem Espresso“ für 4,30 €.

Für insgesamt 52,60 (ohne Trinkgeld) bekamen wir ein ganz ordentliches, aber nicht perfekt zu nennendes Frühstück, durchweg von angenehm entgegenkommendem Personal serviert. Rene fiel die besondere Kinderfreundlichkeit auf: Die Mitarbeiter halfen routiniert bei den unvermeidbaren Malheurs, die Kinderspeisungen manchmal mit sich bringen.

Hingehen sollten alle, die nicht lange auf das Essen warten möchten, Freundlichkeit bei der Bedienung zu schätzen wissen und ein wenig Kneipenflair für ihr Frühstück gutheißen.

November
Husemannstraße 15, 10435 Berlin
Telefon: 030 / 44 28 425
cafe-november.com

  1. Es trafen sich zum Frühstück: 46halbe und Rene, nebst zweier noch strafunmündiger, aber überaus kritischer Neu-Tester. []
  2. Die Nutella- und Apfelmustöpfchen wurden nach Verzehr der Waffeln natürlich dennoch leergegessen. Ja, mit den Fingern. :} []

Leave a Comment

Filed under À la carte, Prenzlauer Berg