The Barn

Mittags rum in Berlin einen überdurchschnittlichen Kaffee zu bekommen, ist in den letzten Jahren leichter geworden. Mehrere bemerkenswerte Kaffeeläden und -röstereien haben eröffnet, ein paar mit hohem eigenen Anspruch. Dazu gehört The Barn, dessen neue und größere Filiale in der Schönhauser wir kurz nach der Eröffnung unter die Lupe nehmen wollten.1
Betritt man den Laden zum ersten Mal, fallen sofort die großen ungenutzten Flächen ins Auge. Die typische Aufteilung in Berliner Cafés orientiert sich häufig an der Optimierung des Raumes, was Sitzplätze, Tische und Tresen angeht. Nicht so im The Barn: An den Wänden und Fenstern sind einige wenige Bänke und Hocker, minimale flache Tischchen davor. Der Rest des Raumes besteht aus kahlem Boden. Der riesige Tresen wirkt so wie der Altar einer Kathedrale.
kathedrale

Holz und warmes Licht.

Welchen Sitzplatz man auch immer wählt, man hat ein „no laptop“-Schild in Sichtweite. Ein gewisses Verständnis für die Absicht des Betreibers, nicht noch ein weiteres der Berliner Cafés zu werden, das zum Zweitbüro für die Horden an Pseudokreativen mutiert, werden vermutlich viele Besucher aufbringen. Aber durch die Schilder setzt trotzdem ein Gefühl ein, das eine Art Leitmotiv unseres Besuches werden soll: Bevormundung.
no laptop

Keine Computer erwünscht, Mobiltelefone aber geduldet.

Angenehmerweise wird man im The Barn zwar nicht mit zu lauter oder unpassender Musikkulisse zwangsbeschallt,2 aber den wirklich unangenehmen Aspekt der Bevormundung bekommt man gerade dann zu spüren, wenn es um Kaffee geht.
kaffee an tischchen

Guter Kaffee ist nicht billig.

Ein Beispiel ist die Frage der Milchabgabe an Gäste. Man mag es für selbstverständlich halten in einem Kaffeeladen, daß manche Menschen ihren Kaffee mit Milch mögen und sie daher angeboten wird. Im The Barn jedoch bekommt man nur eine Sorte Kaffee mit Milch. Es wird zwar auf die elaborierten neudeutschen Bezeichnungen für koffeinhaltige Heißgetränke wie Cappuccino, Flat White, Café au lait und dergleichen verzichtet, es gibt auch nur drei Größen an ausgeschenktem Kaffee (4oz, 8oz und 12oz), allerdings wird man aus der vorhandenen Auswahl an Bohnen auf eine einzige Sorte festgelegt, die man mit Milch genießen darf. Auch auf Nachfrage bekommt man keinen anderen Kaffee mit Milch.
roester

1955er Probat-Röstmaschine, drinnen läuft die „Cropster Roast Profiling Software“.

Wir haben also nur die Wahl zwischen einer aeropress-Zubereitung und klassischem Filterkaffee. Dies wird zudem mit geübtem geringschätzigen Blick mitgeteilt, der einen auch gleich beim Gang zum Zucker – nur um die Säure zu bändigen! – begleitet. Immerhin kommt der Zucker mit einem mehr oder weniger freundlichen Hinweis neben dem Schälchen.
hinweisschild am zucker

„We find that you get the best impression of all flavours of our coffee when you enjoy it without sugar.“ Wir nicht.

Zweifelsohne entstehen die Espresso-shots auf der Marzocco unter größter Mühwaltung, wir fragen uns jedoch, ob angesichts der guten Lage für Laufkundschaft aller Couleur an der Schönhauser es denn nun wirklich für den Milchkaffee eine Bohne sein muß, die maximal einen Nischengeschmack bedient. Man kommt sich ein wenig vor wie in einem Programmkino, dessen Ausstattung und Technik Spitzenklasse ist, aber das in der Auswahl des Programms und im Service provinziell bleibt.
Zucker aus Mauritius

Unbehandelter Zucker aus Mauritius, reich an Vitaminen und Mineralien.

Neben „no milk“ und „no laptop“ gilt auch der Grundsatz „no pram“, forciert durch einen Anti-Kinderwagen-Poller an der Tür. Über diese Kinderwagensperren wird schon länger diskutiert, auch da sie in Berlin gefühlt leicht steigende Tendenz aufweisen. Doch solche Diskussionen bleiben reichlich abstrakt, bis man mal Augenzeuge wird, wie solche Poller in der Praxis funktionieren.
kinderwagenblockierer

So sieht ein Kinderwagenblockierer aus.

Denn tatsächlich betritt eine Mama mit Wagen zum Ende unseres Besuches hin das Lokal. Vielmehr versucht sie es, denn der Poller blockiert den Kinderwagen. Der Grund der Blockade ist für den Schiebenden des Gefährts aber nicht unmittelbar sichtbar, so daß sie anfangs versucht, an der Sperre vorbeizufahren, während der Barista hinter dem Tresen abwartend gespannte Haltung annimmt. Erst als die Mutter versteht, daß es sich um eine dafür konstruierte Kinderwagensperre handelt, machen sie und ihre Begleiterin kehrt.
Die Szene löst bei 46halbe den Reflex aus, den Laden umgehend zu verlassen. Wir verzichten auf das Ausprobieren der Nahrung, es war ohnehin mal wieder alles voller Tomaten.
Hingehen sollten alle kinderlosen laktoseintoleranten Liebhaber saurer Kaffees, die des Englischen mächtig sind und gern bei einem makellos zubereiteten koffeinhaltigen Heißgetränk in aller Stille ihre Klaustrophobie in einem wie von Werbern erdachten „back to the basic“-Kaffeekathedralenambiente auskurieren möchten. Kaffeephilister hingegen werden hier die Nase rümpfen.
  1. 46halbe hat sich mit nibbler einen echten Kaffeeliebhaber als Unterstützung angelacht. []
  2. Vermutlich dank GEMA ohnehin ein zu kostspieliges Unterfangen. []

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leuchtstoff – Kaffeebar

Es war einmal eine Empfehlung. Diese Empfehlung wurde im Geheimen gegeben und es sollte ein paar Zeiteinheiten dauern, bevor sie in die Tat umgesetzt werden konnte. An einem regnerischen Dienstag-Vormittag entschied sich die FiöR1 zu einer Expedition in eine der ranzigeren Ecken Neuköllns.

Das Betreten der kleinen Kemenate erstaunt den Betrachter durch seine Leere. Die ungestellte Frage nach dem, was hier vielleicht Fehlen mag, verhallt jedoch schnell im umgebauten wohnzimmerähnlichen Nebenraum, in dem Sofas auf dem Boden stehen und an die Wand genagelt wurden.

Interessante Sitzplatzwahl

"Wenn ich ein Tourist wäre, würde ich das super finden." - Frl. T.

Die oberen Sitzplätze sind dabei als interessant einzustufen, aber keineswegs praktisch. Wie Fräulein Teresa richtig bemerkte, scheint es sich hierbei um einen Ort zu handeln, an dem man sich eher Abends die Zeit mit einem Buch und einer Gerstenkaltschale auf einer Couch vertreiben kann.

Die Anwesenden ließen sich trotzdem nicht von diesen Umständen abschrecken und bestellten am Tresen ein Frühstück. Das war bedauerlicherweise kein Problem, denn das Angebot ist – um es diplomatisch Auszudrücken – übersichtlich. Es gibt die Auswahl zwischen Haselnuß-Tofu-Baguette, Mozarella-Baguette, Croissant und Käsebrot. Außerdem Tees und Kaffee, letzterer sogar in einer Aeropress-Version.

Während der Milchkaffee (2,60), welcher, das soll an dieser Stelle auf besonderen Wunsch von Frl. T. noch erwähnt werden, in Bechern ohne Henkeln serviert wurde, sich als schlicht, aber gut erwies, stellte sich die Aeropress-Variante als dünnes Plörrchen heraus. Auf einer Meta-Ebene lässt sich also feststellen, dass hier eine weitere Zubereitungsform des göttlichen Koffeingebräus so verwässert wurde, dass sie in diesem Kontext als durchgehipstert bezeichnet werden muss.

Frühstückstisch im leuchtstoff

Aeropress, groß (2,40), Croissant (1,00), Mozarella-Baguette (3,20), Käsebrot (2,60)

Die zubereiteten Mahlzeiten fallen nach Aussage der anwesenden Experten in die Kategorie „Kann man mal machen, ist aber nichts Spezielles“. Während die Frische und die frische Zubereitung lobend erwähnt sollen, fehlt doch das gewisse Etwas. Und Fleisch. Schon die Verwendung des Begriffs „Käsebrot“ lässt auch hier wieder auf den gentrifizierenden Einfluß der mainstreamkritischen Hipsteria schließen.

Wir wollen aber auch der Vollständigkeit halber erwähnen, dass das kleine, aber eben nicht perfekte Angebot möglicherweise einen Neulingsbonus zur wohlwollenden Betrachtung verdient hätte. Ob sich Besserung einstellt, können nur weitere Feldversuche zeigen, von denen nicht unbedingt abgeraten wird.

Zweiter Versuch: Doppelter Espresso Macchiatto (2,20) an Cafe Latte (2,60)

Zweiter Versuch: Doppelter Espresso Macchiatto (2,20) an Cafe Latte (2,60)

Die Expertengruppe bestellte sich bei dem nach Politikwissenschaftsstudent im 10. Semester aussehenden Barista einen weiteren Milchkaffee und einen doppelten Espresso Macchiato. Leider folgte nach der Aeropress-Enttäuschung die Espresso-Enttäuschung: Zu bitter! Zu allem Übel wechselte zu diesem Zeitpunkt die musikalische Untermalung von hippem Berliner Minimal zu (viel zu) aufgeregten afrikanischen Klängen.

Es soll jedoch an dieser Stelle die angenehme, verpeilte Freundlichkeit der Betreiber erwähnt werden. Sind die beiden jungen, bebrillten Männer zwar stets aufmerksam, wirken sie doch nicht ganz ausgeschlafen. Möglicherweise besteht ein Zusammenhang mit der dynamisch schwankenden Qualität der koffeinhaltigen Heißgetränke, die sich auch auf die Macher auswirkt.

Alles in allem muss abschließend postuliert werden, dass der autodidaktisch anmutende Charme zwar sehr sympathisch ist, aber eben auch noch Spielraum für Verbesserungspotential hat. Ein Besuch lohnt sich für alle abenteuerlustigen Frühaufsteher, da der Laden unter der Woche schon ab 8 Uhr geöffnet hat, die auf der Suche nach einem erhöhten, aber weichen Sitzplatz sind und deren Tagesmotivation nicht nur am ersten oder zweiten Kaffee hängt.

Disclaimer: Auch wenn eine Interpretation einer Hipsterabneigung aus diesen Zeilen herausgelesen werden könnte, muss natürlich betont werden, dass dieses Werk nicht hätte verfasst werden können, wenn es nicht zumindest teilweise Überschneidungen des hier nicht wirklich angeprangerten Lebensstils mit allen Anwesenden der Autorenschaft geben würde.

leuchtstoff – Kaffeebar
Siegfriedstr. 19, 12051 Berlin
0177/1961512
leuchtstoffk.de

 

  1. Frühstücken im öffentlichen Raum, vertreten durch Fräulein Teresa und den ehrenwerten Autor []

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Maison Courage

Es gibt Lokale in Berlin, an denen man gefühlt schon tausendmal vorbeigegangen, aber bisher nie eingekehrt ist. Das wollen wir1 heute ändern, an einem Ort, der auf den ersten Blick nicht gerade zum Draußensitzen einlädt: am Senefelderplatz an der südlichen Schönhauser Allee, den bereits seit 1892 ein Alois-Senefelder-Denkmal aus Marmor schmückt. Schon bevor das Denkmal eingeweiht wurde, zog an der Ecke Saarbrücker Straße das „Maison Courage“ ein, angeblich bereits 1876 (Eigenwerbung).

Wenn das stimmt, hat das Maison Courage eine bewegte Geschichte miterlebt: Karls Vater Wilhelm Liebknecht, einer der radikaldemokratischen SPD-Gründer, hatte hier bis 1900 seinen Wahlkreis und feierte seine Siege. Daß das Lokal aber von ihm bei einer Art Wolfratshauser Frühstück nach Art von Angela Merkel, Edmund Stoiber und Muschi genutzt worden sein soll, ist unbelegt. In den 1920ern zog gegenüber in der (später abgerissenen) Brauerei Königstadt das riesige Uraufführungskino der Ufa ein, und im Zweiten Weltkrieg blieb am ganzen Platz kaum ein Haus heil.

Heute aber ist der Senefelderplatz vor allem vom Autoverkehr dominiert und damit laut. Das schreckt uns nicht, als Berliner ist man den Lärm gewöhnt. Was jedoch wenig einladend wirkt, sind die zuerst auffallenden angeketteten Tische und Stühle:

an ketten

Stahldraht an Tischen und Stühlen: kostenlos.

Diebstahl des Mobiliars scheint wohl selbst am hellichten Tag ein Problem zu sein. Eine einfache Erklärung wäre aber auch Bequemlichkeit, schließlich ist das Anketten abends und das Entfernen morgens eine nervige Arbeit. Während wir versuchen, unsere Füße nicht im Stahldraht zu verhakeln, werfen wir einen Blick in die Karte. Frühstück kann täglich von 10 bis 15 Uhr geordert werden, alle Frühstücke beinhalten Butter, einen Brotkorb und Konfitüre. Zwar schreien einen Rechtschreibfehler in der Speisekarte an, dafür ist sie aber abwischbar und touristengerecht durchgängig zweisprachig in Deutsch und Englisch.

Bevor die nicht sehr große Auswahl an Frühstücken näher begutachtet wird, muß der obligatorische Latte Macchiato her:

latte

Latte Macchiato: 2,90 €.

46halbe entscheidet sich wegen nur leichten Hungers nach kurzer Bedenkzeit für „Französisch & Leicht“. Die zwei Croissants sind noch warm und duften anziehend:

franzoesisch+leicht

Französisch & Leicht: 6 €.

Herr Vroomfondel bestellt Rührei mit Speck und Zwiebeln:

ruehrei+speck

Rührei mit Speck und Zwiebeln: 4,50 €.

Das Rührei erntet als ersten Kommentar von Herrn Vroomfondel ein gemurmeltes „übersichtlich“. Der erste Eindruck wird leider auch nicht durch übermäßig gute Qualität oder köstlichen Geschmack wettgemacht. Die Zwiebeln stellen sich als nicht lang genug angebraten raus, der Speck ist nicht knusprig, das Rührei hätte insgesamt noch zwei Minuten mehr in der Pfanne vertragen können. Das Dressing auf dem Deko-Salat kommt aus der Flasche. Insgesamt bescheinigt Herr Vroomfondel noch freundlich: „Nichts Besonderes.“

46halbe bestellt noch einen Grapefruitsaft für zwei Euro (0,2 l), der schon wenig später serviert wird. Das gleichzeitig avisierte Pfefferminz-Heißgetränk für 2,60 Euro, das eigentlich mit frischen Ingwer und Limette kommen sollte, hat leider weder das eine noch das andere drin. Auch die Teebestellung im Anschluß erweist sich als schwierig. Auf die Bitte, einen Darjeeling zu bringen, reagiert die Bedienung mit der Rückfrage, ob das Schwarzer Tee sei. Wir ahnen es schon: Es kommt stattdessen eine undefinierbare „English Breakfast“-Mischung. Der Schokokeks war bei Auslieferung schon im wärmebedingten Übergang in einen flüssigen Aggregatzustand.

schwarzer tee

Der Darjeeling, der keiner war: 1,80 €.

Zu loben sind allerdings die Brötchen, sie sind frisch und werden in ausreichender Menge angeboten:

brotkorb

Brotkorb: bei allen Frühstücken mit dabei.

Während wir noch ein wenig die Güte des Essens besprechen, fällt uns ein Accessoire auf dem Tisch auf, das wir dem geneigten Frühstücksblog-Leser nicht vorenthalten wollen: ein Zuckerstreuer. Mit ihm die gewünschte Menge Zucker für den Tee zu dosieren, stellt sich als Herausforderung dar:

zuckerstreuer

Der Zuckerstreuer: kostenlos.

Zur Verdauung sollte es zuletzt ein spanischer Cortado sein, mit einem kleinen Milch-Wölkchen. Er steht zwar in der Karte, das weiß aber die Kellnerin nicht. Sie ist die ganze Zeit sehr entgegenkommend und freundlich gewesen, aber hier muß sie passen. Es scheint im Maison Courage nicht ungewöhnlich zu sein: Geliefert wird mal wieder etwas anderes. Statt eines Cortados, der üblicherweise in einer kleinen Espressotasse serviert wird, kommt eine Art Cappuccino. 46halbe ist nicht sonderlich amüsiert, trinkt ihn aber ob des morgendlichen Koffeinmangels.

cortado

Der Möchtegern-Cortado für 3,60 €.

Das Maison Courage bietet übrigens auch Live-Konzerte und ist nachts durchaus gut frequentiert. Wer also gern als Nachtwächter unterwegs ist: Es schließt erst um drei Uhr morgens.

Hingehen sollten alle, die trotz lauter Umgebung ganz wie Nabobs draußen sitzen möchten, kostenloses Leitungswasser zu schätzen wissen und für diese Berliner Gegend ein ordentliches Verhältnis Preis/Leistung suchen. Falsch ist man allerdings im Maison Courage, wenn man ein Gourmet-Frühstück erwartet.

Maison Courage
Saarbrücker Straße 17, 10405 Berlin
Tel. (0711) 24 24 36
Webseite

  1. 46halbe und Herr Vroomfondel waren die furchtlosen Testpersonen. []

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Zum dritten Mann

Das „Zum dritten Mann“ liegt in der Kollwitzstraße an der Ecke zur Sredzkistraße, und es ist heute eine Notlösung. Wir wollen eigentlich ins „Sowohl als auch„, das wir schon öfter getestet haben und mittlerweile aus Überzeugung besuchen. Aber das ist mal wieder überfüllt. So sind wir mit etwas Unbehagen im „Zum dritten Mann“ gelandet, denn schließlich nahm an dieser Stelle unser Frühstücksblog seinen Anfang, damals keinen angenehmen.

Aber: neuer Name, vermutlich neuer Betreiber, neues Glück. Schon leicht ausgehungert erobern wir in dem ausgesprochen leeren Lokal einen Platz an der großen Fensterfront zur Sredzkistraße. Gegen den noch kühlen Wind von draußen und die Zugluft hat der Betreiber eine innovative Methode verwendet, um die Fenster abzukleben: Gaffa! Offenbar befinden wir uns hier in bester Handwerkergesellschaft.

Der Blick in die Karte macht sofort klar: Hier geht es um österreichische Kost, die Namen der Frühstücke sind eindeutig. Nichts anderes in dem Restaurant läßt zwar österreichisches Flair erahnen, also keine Trachten, Alpenmusik, nicht mal ein Arnold-Schwarzenegger-Poster. Außer den abgewetzten Dielen wirkt das Ambiente eher steril, ohne Tischdecken, dennoch erwarten wir unterbewußt einen betont hoffärtigen Kellner.

Immer auf der Suche nach dem perfekten Frühstück fällt 46halbe sofort die Eierspeis von Freilandeiern mit Frischkäse ins Auge. Sie kommt mit steirischem Gourmetschinken und Zwiebeln:

eierspeis

Eierspeis mit Frischkäse für 6,90 Euro.

Wir machen da nicht viele Worte: Es ist gerade das perfekte Mahl. Es sieht anfangs ein wenig leer auf dem Teller aus, sättigt jedoch in ausreichendem Maße. Der dazu genossene Grapefruitsaft (0,3 Liter für 3,30 Euro), der Latte macchiato (3,10 Euro) und ein Brotkorb mit verschiedenen Brötchen runden das Essen ab. Wir fragen den Kellner nach dem Namen der besonders gut schmeckenden dunklen Brötchen. Aus dem Stegreif weiß er keine Antwort, kontert aber mit der Aussage, daß er „hinten“ mal nachfragen könne. Er bleibt uns allerdings die Antwort schuldig. Wir tippen auf „a Spitzweck“.

naros durchsucht die Karte nach dem Eintrag mit den meisten Zutaten, der Hunger scheint beträchtlich. Er wählt das Frühstück „Innsbruck“. Die Gier nach Nahrung läßt ihn sogar noch ein zusätzliches Ei ordern. So sieht es aus:

innsbruck

Frühstück „Innsbruck“ für 8,20 Euro, plus Zusatz-Ei für 1,10 Euro.

Positiv fällt auf, daß der Obstsalat und vor allem der Käse frisch geschnitten serviert werden. Man kennt es nur allzu oft, daß sowohl Obst als auch Käsestücken schon angetrocknet oder letztere mit Packungsabdrücken versehen sind. Auch der Feldsalat ist knackig frisch und mundet. Die Marmelade hingegen kann nicht überzeugen, sie ist sehr süß, schmeckt statt frühlingshaft eher weihnachtlich und dominiert alles, worauf man sie schmiert.

Der wirklich große Hunger kann durch „Innsbruck“ nicht gestillt werden, das allerletzte der durchaus gutschmeckenden Brötchen muß mangels übriggebliebener Beläge mit Salz und Pfeffer gegessen werden. Dabei fällt die Pfeffermühle negativ auf: eine gigantische Fehlkonstruktion. Auffällig dagegen der Zuckerstreuer:

asia superior

Grüner Tee „Asia Superior“ für 2,90 Euro.

Wir glauben, daß der nun verbotene Verkauf von Glühlampen das Umformen derselben in Zuckerstreuer bewirkt und damit den einen oder anderen Glasbläser vielleicht wieder in Lohn und Brot gebracht hat. Der außerdem bestellte grüne Tee fällt leider zunächst durch ein nicht ordentlich abgewaschenes Schälchen auf, in dem allerdings dankenswerterweise Kandis angeboten wird.

Während nun der Tee und die Frühstücke verputzt sind, passiert etwas seltsames: Wir werden unsichtbar. Der leider auch nicht besonders hoffärtige Kellner sieht uns einfach nicht mehr, auch nicht, wenn wir winken. Es mag daran liegen, daß sich das Lokal langsam füllt, aber unser Wunsch nach Nachschub von koffeinhaltigen Heißgetränken bleibt zunächst unerfüllt, die leeren Teller bleiben stehen.

Dafür ergehen wir uns aber nicht in Betroffenheitskultur, auch nicht wegen der Rechtschreibfehler in der Karte, sondern diskutieren die Gentrifizierung, ACTA und was es sonst politisch zu besprechen gibt, während zu unseren Füßen die nicht gentrifizierbaren Kiezbewohner offenbar erwacht sind. Wir werden Zeugen der ausgedehnten Morgenhygiene der Prenzlberger Spatzen, die vor dem „Zum dritten Mann“ offenbar eine öffentliche Badeanstalt eingerichtet haben.

spatz

Spatzen beim morgendlichen Staubbad, kostenlos.

Irgendwann erhört der Kellner unser Flehen dann doch und nimmt die Bestellung für einen Espresso (2,10 Euro) und einen Cappuccino entgegen, ohne allerdings die Frühstücksteller mitzunehmen. Vielleicht möchte er uns noch ein wenig an das im Schnitt ganz angenehme Erlebnis erinnern.

cappuccino 

Cappuccino für 2,60 Euro.

Hingehen sollten alle, die im „Sowohl als auch“ keinen Platz finden, denn „Zum dritten Mann“ bietet durchaus gutes Frühstück, hat aber vor allem den Vorteil, daß man sofort einen Tisch findet. Wer sich von spartanischem Einrichtungsstil angezogen fühlt und nicht gleich schreiend rausrennt, wenn er mal eine Viertelstunde unsichtbar ist, kann sich hier durchaus wohlfühlen.

Zum dritten Mann

Kollwitzstraße 87, 10435 Berlin

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Ampelmann

Im Schloß Bellevue gibt es für Normalsterbliche nichts zu essen, wenn man nicht grade zum Staatsempfang geladen ist oder vielleicht ein Sternsinger. Dennoch machen wir vor dem Frühstück einen kleinen Umweg in den Schloßpark, um Bundesmittelläufer Christian Wulff zuerst noch den Schuh zu zeigen.

Im Januar ist eine Demo in Berlin keine so angenehme Angelegenheit: regnerisch, kühl und windig. Das macht hungrig, wir1 brechen daher bald zum Hack-Markt auf, nicht ohne vorher einen Spreeuferspaziergang durchs Regierungsviertel zu unternehmen.

wulff-demo

Wulff-Schuhdemo: kostenlos.

Politisch aufgeladen, kalauern wir schon beim Eintreten nicht unbeträchtlich: „Eben noch beim Hampelmann, jetzt sogleich im Ampelmann“. Denn Ampelmann heißt heute das Lokal unserer Wahl. Es befindet sich am Spreeufer, schräg gegenüber der Museumsinsel in den S-Bahnbögen unterhalb des Bahnhofs Hackescher Markt. Das Frühstücksangebot können wir leider nicht mehr testen. Es wird seit kurzem zwar statt bis 12 Uhr jetzt bis 13 Uhr offeriert, aber wir verfehlen diesen Zeitpunkt doch erheblich.

Im Ampelmann werden Pizza und Brot selbst gebacken, wie uns die Karte verrät. Das frische Brot kosten wir doch gern:

wasser und brot

Wasser und Brot zum Anfüttern: kostenlos.

Der Brotkorb wird zusammen mit Leitungswasser gereicht, dazu kleine Weingläser. Wir bestellen zunächst verschiedene Kaffee- und Teevarianten: Cafe Latte (3,20 Euro), Latte macchiato (3,20 Euro) Roibos Vanilla (Kännchen: 4,20 Euro) und Pfefferminztee (Tasse: 3,20 Euro) .

Roibos-Tee

Tee Roibos Vanilla: 4,20 €.

Und wir haben wieder einen dieser Vorspeisen-Spielverderber dabei. Man sitzt da hungrig und hat sich nach langem Ringen etwas ausgewählt, alle bestellen nacheinander ihr Gericht – und dann passiert es: naros ist der Letzte in der Reihe und wünscht sich eine Vorspeise zu seinem Hauptgericht. Alle anderen wissen nun, daß die Zeit, bis sie etwas zu beißen haben, exorbitant verlängert ist. Zudem muß man ihm beim Essen zugucken. Eine Vorwarnung wäre nett gewesen, zumal eine nach gebratenem Speck duftende Speise serviert wird:

Schafskaese

Gebratener Schafskäse im Speckmantel an pikantem Mango-Chutney: 8,50 €.

Wir haben es ihm verziehen. Dafür wird er umfassend zu seiner Vorspeise befragt. naros gibt an, daß der Schafskäse durch die Beigabe von Rauke im beiliegenden Salat mit Zitronen-Vinaigrette erfreut. Er schmeckt gut, sagt naros, dennoch hätte ein Kuh-Käse statt Schafskäse wohl besser gepaßt.

Frau Knöpfchen bekommt wenig später die Pizza Bresaola:

pizza bresaola

Pizza Bresaola: 11,50 €.

Die Pizza ist üppig mit Mozzarella, Bresaola, Walnüssen und Parmesan belegt. Bresaola ist übrigens Schinken vom Rind, wie die stets freundliche Kellnerin erklärt. Das Timing der Bedienung gefällt uns: Es wird nicht gedrängelt, sie läßt uns aber auch nie warten.

naros, der bereits den Schafskäse hinter sich hat, bekommt als Hauptgang Nudeln:

orechiette

Orechiette mit Hähnchenbrust für 10,50 €.

Orechiette sind hütchenförmige Nudeln, die naros sehr gut schmecken. Uns umhüllt beim Essen eine leicht hypnotisierende Kaufhausmusik, die dann und wann untermalt wird durch leichte, erdbebenartige Rüttelungen wegen der über uns fahrenden S-Bahn. naros erinnert das spontan an das früher oft gehörte Little Earthquakes.

Die Teller der Speisen sind alle ansprechend dekoriert, das Geschirr ist von schlichtem Design und wirkt robust. Auf die Servietten sei sogar ein Loblied gesungen: Sie sind zwar aus Papier, fühlen sich dennoch wie Stoff an, ein kleines Männchen ist auch aufgedruckt. Viele weitere Details im Restaurant erinnern an den Namen: überall Ampelmännchen, auf den Shirts der Angestellten, in den Toiletten, selbst auf den Zuckertütchen.

ampelmaennchen

Ampelmännchen, viele.

Das Ampelmännchen ist eines der wenigen Überbleibsel des DDR-Alltags, das im Straßenverkehr in Berlin noch vielfach präsent ist. Sonst hilft es, den Verkehr zu regeln, hier in der Speisekarte weist es auch den Weg zu den Essens- und Getränkeangeboten. Jede Seite der Karte ist mit einem anderen der Männchen markiert. Mit Hilfe eines neuen Gadgets kann hier ein kleiner Eindruck vermittelt werden:

ampelmaennchen

Das Ampelmännchen für Hauptgerichte.

Für den kleinen Hunger bestellt 46halbe die Tomatensuppe. Die aufmerksame Kellnerin serviert sie zusammen mit den Hauptgerichten:

tomatensuppe

Provenzialische Tomatensuppe für 5,50 €.

Die Suppe ist mit Crème fraîche und Basilikum abgerundet, schmeckt gut, aber etwas langweilig. Die Crème fraîche will sich nicht recht auflösen, entfaltet daher ihren Geschmack nur teilweise.

Kai hat sich für die Schweinemedaillons entschieden:

schweinemedaillons

Schweinefilet für 14,50 €.

Die drei Filetmittelstückchen werden mit Rübchenpüree und Bratenjus an Kartoffelgratin gereicht. Kai meint, es würde nach Weihnachten schmecken. Das mag am Lebkuchengeschmack liegen, den die Soße hat. Wir haben Zimt, Kardamom, Ingwer und weitere Multikulti-Gewürze im Verdacht.

Zwei Gierige unter uns bestellen auch einen Nachtisch. naros, der schon den Schafskäse UND die Orechiette verdrückt hat, genehmigt sich einen in der Karte als Pfannkuchen firmierenden Eierkuchen:

mit heidelbeeren

Heidelbeer-Pfannkuchen mit Vanilleeis und Ahornsirup für 7,50 €.

46halbe kann bei der Kuchenvitrine nicht widerstehen, sie bestellt einen Apfelkuchen.

mit heidelbeeren

Die normannische Apfeltarte für 3,80 €.

Bei diesem Apfelkuchen aus Mürbeteig mit auffälligem Zimtgeschmack kann nicht abschließend geklärt werden, was daran normannisch ist, nach Angaben von 46halbe mundet er ihr jedenfalls. Auch der dazu bestellte frisch gepreßte Orangensaft (4,50 Euro für 0,2 Liter) und der Espresso (zwei Euro) können überzeugen. Die schöne Espresso-Tasse mit dem Ampelmännchen gefällt ihr, der Inhalt hätte allerdings etwas heißer sein können.

Es ist gemütlich, man könnte sich hier fast festsitzen. Doch es scheint, daß wir den Mangeltag des Restaurants erwischt haben. Unvermittelt werden alle Tische umgeräumt, weiße Tischdecken aufgelegt, Stühle gerückt. Vermutlich findet abends eine geschlossene Veranstaltung statt. Das Stühlerücken mahnt uns zum Aufbruch.

In Anlehnung an unsere Demo dichtet naros kurz vor dem Gehen und frei nach dem Schlußsatz des grünen Ampelmännchens im DDR-Verkehrskompaß:

So ist’s richtig, so ist’s schön,
freundlich zeig ich meinen Schuh.
Mach schon Wulff, du kannst jetzt geh’n.
Komm gut heim und gib uns Ruh‘.

Hingehen sollten alle, die ein kuschliges künstliches Feuer hinter Glas genießen möchten, am Hack-Markt nicht ganz billige, aber qualitativ gute Nahrung suchen oder die einen besonderen Service im Ampelmann ausprobieren wollen: Ein Velo-Taxi kutschiert geneigte Gäste zum nahegelegenen S-Bahnhof oder zum Auto.

Ampelmann
am Monbijoupark, Stadtbahnbogen 159-160, 10178 Berlin
Tel. (030) 84 71 07 09
Webseite

  1. Diesmal waren 46halbe, naros, Kai und Frau Knöpfchen als Testesser dabei. []

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Schokoladniza

“Мы недосчитываемся денег!” – Unbenannte Gäste, 2011

Eigentlich heißt das Lokal Шоколадница, aber da wir1 wissen, daß nicht mehr jeder kyrillisch lesen kann, wollten wir eine gefälligere Überschrift wählen. Das Шоколадница sieht ohnehin deutlich verwestlicht aus, keine Reste mehr davon zu sehen, daß die Caféhaus-Kette sowjetische Wurzeln hat. Auch wenn Tischlinnen fehlen, das ganze Interieur erinnert an amerikanische Ketten. Die Kellner sind jung, uniformiert, servil und zahlreich. Eine bei uns schon vergessene Frage wird beim Plazieren am Eingang gestellt: Raucher? Denn in Moskau gibt es noch Raucherbereiche, hier in der oberen Etage. So experimentierfreudig sind wir aber dann doch nicht.

Wer also vollkommen entkoffeiniert durch die Stadt läuft, kann entweder den 24-Stunden-Lieferservice nutzen oder es uns gleich tun und in eine der an jeder Straßenecke befindlichen Filialen einkehren. Wir wählen in der altehrwürdigen Ecke von Moskau – Китай-город – die Filiale vor allem wegen des Straßennamens: Солянка.

aussenansicht

Außenansicht Шоколадница.

Es gibt aber keine Soljanka, es muß erstmal ein kühles Getränk her, denn der Juli ist der heißeste Monat in Moskau. Im Шоколадница werden wir beim Durchsehen der Karte auf angenehme gefühlte zwanzig Grad runtergekühlt. naros ordert eine hausgemachte klassische Limonade: Лимонад домашний классический. Sie bewirkt einen unmittelbaren Zuckerschock, der aber durch Umrühren gemindert werden konnte.

limonade

Klassische hausgemachte Limonade, 320 ml, 199 Rubel.

Die russischen Karten zeigen eine Besonderheit: Die Getränke werden mit genauer Angabe der Milliliter versehen, das Essen wird in Gramm ausgezeichnet. Wir wollen die gereichten Mengen also nicht verschweigen. 199 Rubel sind übrigens derzeit etwa fünf Euro, also durchaus ein stolzer Preis für den gemeinen Moskauer, der durchschnittlich sechshundert Euro im Monat verdienen soll. Möglicherweise sollte man die Angaben zum Durchschnittseinkommen in Moskau aber nicht für bare Münze nehmen, denn wir beobachteten überall gut gefüllte Lokale, und aufgrund der Gespräche in russisch ist anzunehmen, daß es sich nicht um ausländische Touristen handelte.

shake

Milchshake „Süßer Traum“, 280 ml, 199 Rubel.

Aus irgendeinem nicht mehr nachvollziehbaren Grund erregt das Getränk Сладкая мечта das Interesse von 46halbe. Schon rudimentäre Russischkenntnisse zeigen, daß es sich um einen Milchshake mit Eis handeln muß, dazu getrocknete Aprikosen und Vanillesirup. Die Konsistenz des Gemischs ist dergestalt, wie man es als Kind schon haßt: voller Stücken, Krümel und nur sehr zähfließend. Das mit dem Trinkhalm ist sicher gut gemeint, erweist sich jedoch als nicht praktikabel. Die Aprikosenstücken kleben schon nach drei Millilitern fest im Halm. Aber ein Löffel tut es ja auch. Es bleibt die Frage, ob es nicht richtiger gewesen wäre, wie bei Speisen üblich eine Gramm- statt eine Milliliterangabe auf die Karte zu drucken.

blinschiki

Plinsen mit Schokolade, 180 g/15 g, 199 Rubel.

Was die dem nachmittäglichen Frühstück angemessene Nahrung betrifft, entscheiden sich naros und 46halbe unabhängig voneinander für die Блинчики „Шоколадница“, obwohl auch klassische Frühstücke im Angebot sind. Die Plinsen sehen tatsächlich aus wie auf dem Werbefoto, mit hübsch anzusehenden Schokoladenmustern, -füllung, Rosinen und Kokosraspeln. Fraglich bleibt, für welchen dieser Bestandteile die Angabe von fünfzehn Gramm gilt. Bei den Rosinen teilen sich die Meinungen der Tester, 46halbe besteht darauf, daß dies schlecht gewordene Trauben seien. Insgesamt aber können die Plinsen überzeugen und sind innerhalb weniger Minuten verzehrt.

Während wir mit russischer Popmusik bei laufenden Fernsehern beschallt werden, muß der Kaffee getestet werden. Sind hier Kurpfuscher am Werk oder echte Kaffeenerds? 46halbe bestellt einen Капучино. In westlicher Manier wird er mit Herzchen-Muster gereicht, allerdings ohne die hierzulande üblichen widerlichen Kekse und ohne Wasser. Geschmacklich erhält er eine gute Note, aber keine sehr gute.

cappuccino

Cappuccino, 250 ml, 179 Rubel.

Als wir uns dann entspannt die Rechnung geben lassen wollen, müssen wir mit Entsetzen feststellen, daß unsere Rubel knapp geworden sind. Wir sehen uns schon in einem russischen Kittchen. Doch die Frage nach der Kartenzahlung wird zum Glück bejaht. Ein bißchen Spaß soll die Kreditkartenfirma ja auch haben, wenn die anomalieerkennenden Algorithmen eine plötzliche Kartenbenutzung in Rußland detektieren. Die 975 Rubel (ohne Trinkgeld), also etwa 25 Euro, haben wir gern bezahlt.

Hingehen sollten alle, schon weil das Шоколадница in Moskau ist, und diese Stadt unbedingt eine Reise wert ist. Wir empfehlen also den Lesern die ansprechende russische Gastfreundlichkeit. Die Солянка ist übrigens unweit des Kreml und nur einen Steinwurf von dem ehemaligen Standort des berühmten Hotels Россия, das leider vor einiger Zeit abgerissen worden ist und nur noch eine große Baugrube hinterlassen hat.

Шоколадница
ул. Солянка д.1/2, 101000 Москва
Telefon: +7 495 / 628 70 11
Webseite des Шоколадница

  1. naros und 46halbe bereisen die große, weite Welt. []

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Filed under À la carte, Nicht wirklich Berlin

Karvana

“Quieta non movere!” – Bismarck, 1891

Kaiserwetter in Berlin, das lädt auch kleine Kaiserinnen zum Frühstücken ein.1 Dem Besuch im Karvana war allerdings ein merkwürdiger Mißerfolg vorausgegangen. Die Tester hatten sich zunächst die Turnhalle zum morgendlichen Verzehr leckerer Speisen ausgesucht. Allerdings mochten die Kellnerinnen einfach keine Notiz von den ausgezehrten Gestalten nehmen, die nach Koffeinhaltigem und Nahrhaftem lechzten. Nach zwanzig Minuten des Wartens, in denen nicht mal eine Speisekarte den Weg zu unserem Tisch fand, gaben wir voller Mitleid mit den anderen Gästen auf.

Das eigentlich Lustige passierte aber nach unserem Entschluß, eine andere Nahrungsquelle aufzusuchen: Die Kellnerin wollte wissen, ob wir den Inhalt der benutzten Tassen, die von unseren Vorgängern noch auf dem Tisch gestanden hatten und nicht abgeräumt worden waren, nicht bezahlen wollten. „Haben Sie da hinten an der Ecke gesessen?“, rief sie uns hinterher. Mehr als ein mildes „Wtf?“ fiel uns dazu nicht ein.2 Wir trabten von dannen, Friedrichshain hat schließlich mehr als ein Frühstückslokal in petto.

kaffee+bluemchen

Milchkaffee, wirklich groß, mit leckerem Keks: 3,20 Euro.

Also ziehen wir Richtung Gärtnerstraße ins Karvana, um unseren Kaffeedurst zu stillen. Dort ist es drinnen leer, kein einziger anderer Gast stört die Ruhe. Da es draußen ein paar Stühle und Tische gibt, verlustigen sich alle dort. Der Blick in die Karte zeigt zwar wenig Auswahl, dafür hat sie aber ein seltenes Feature: ein Inhaltverzeichnis.3 naros zögert nicht lange und wählt das gemischte Frühstück. Die Lieferung dauert eine Weile, dafür entschädigt aber der erfreuliche Anblick:

gemischtes fruehstueck

Gemischtes Frühstück: 7,50 Euro.

Ein interessant schmeckender Hartkäse mit Pistazien findet sich auf dem Teller, dazu sehr frische Baguette-Salami. Diese neigt in der Regel dazu, nach fünf Minuten Luftkontakt ranzig zu wirken und schmalzig zu werden. Es gibt Karmapunkte dafür, daß sie keineswegs ranzig schmeckt. Ein äußerst frisches Ciabatta-Brötchen, das nicht im Backofen aufgetaut wurde, macht den Tester froh. Das einzige ein wenig Negative ist das leicht trockene Brot.

Der Sauerrahm ist aufgeschlagen, was zu einem weiteren spontanen „Daumen hoch“ bei naros führt. Außerdem gibt es mindestens sechs verschiedene Obstsorten, darunter die berühmt-berüchtigten Johannisbeeren, für deren Vor- und Nachteile wir dringend auf einen anderen Frühstückstest verweisen wollen. Viel Gemüse und Salat liegt auch auf dem ansehnlichen Teller, dazu Rauke. Der EHEC-Hype ist zum Zeitpunkt des Karvana-Besuchs noch nicht losgebrochen, müssen wir wohl hinzufügen. Übrigens, Rauke – das möchten wir an dieser Stelle betonen – muß einfach überall rein.

Dazu ordert naros ein „ganz großes“ Wasser. Das nimmt die Kellnerin wörtlich und bringt ein Bierglas voller kühlem Naß mit der Entschuldigung, daß die größten Wassergläser nur 0,4er seien. Das gibt erneut Karmapunkte von den Testern, auch für den moderaten Preis von zwei Euro. Fotographisch konnte es nur schwer festgehalten werden, da es sogleich verdunstete.

Die Wahl von 46halbe fällt auf das Putenbrust-Sandwich mit einem frisch gepreßten Orangensaft. Während des Wartens auf die Leckereien lohnt ein Rundgang durchs Karvana: Es locken in einer einladenden Auslage Zotter-Schokolade und eine verführerische Torten-Vitrine. Es warten außerdem Zeitschriften in großer Auswahl und eine einzelne Zeitung (Berliner), die sich 46halbe kurzerhand greift, um sich an allen Neuigkeiten zu Heuschreckenfirmen und zur Atommisere zu delektieren, laut kommentierend natürlich, sind ja keine anderen Gäste da. Die Zeitung bietet zusätzlich ein hochgeschätztes Quiz, das naros zur Zufriedenheit löst.

putenbrust-sandwich

Putenbrust-Sandwich: 3,50 Euro.

Leider muß 46halbe zu ihrem Verdruß etwas länger warten. Allgemein wird eine unterschiedliche Anlieferzeit zweier Frühstücke nicht gern gesehen. Der äußere Anschein des schnöden Toast flößt auch nicht eben Hochgefühle ein. Dafür aber ist der Toast leicht angebräunt und geschmacklich insgesamt nicht zu beanstanden.4

stimmung im lokal

Eindruck der Illumination und Dekoration drinnen.

Die Kellnerin schenkt uns kaum Beachtung, was wir angesichts des nicht enden wollenden Zeitungsquiz aber kaum bemerken. Aber auch wenn wir die Bedienung kaum zu Gesicht bekommen, diskutieren wir mal grundsätzlich die immer jünger werdenden Service-Kräfte. Wann wurde eigentlich das letzte Mal eine Bedienung gesichtet, die über dreißig war? Wo hat ein Hotel noch einen Rezeptionisten, der so wirkt, als hätte er die Lebenserfahrung für etwas Diskretion und Empathie, der gar Auskünfte zum Kulturleben der gastgebenden Stadt erteilen könnte? Man kann sich vorstellen, daß wir mehr als ein Stündchen im Karvana zubringen, um das in Ruhe zu diskutieren..

Menschen, die etwas Ruhe und wenig Störungen suchen, sind im Karvana gerade richtig. Das Frühstück kostet für uns insgesamt 24,20 Euro, was dem Lokal ein durchaus akzeptables Preisniveau bescheinigt. Hingehen sollten auch alle, die Kaffeeweiterbildungen und Verkostungen schätzen, gern zu Lesungen gehen und die einen Sinn für formschöne Gabeln pflegen!

Karvana, Gabriel-Max-Str. 4, 10245 Berlin
Tel. 0178 – 34 33 256

  1. Das Karvana wurde inbrünstig von 46halbe und naros begutachtet. []
  2. Wir haben eine Theorie: Wir gehen davon aus, daß wir an diesem Tag temporär unsichtbar waren. Ähnliches passierte uns nämlich mehrfach. []
  3. Kleiner Nachteil: keine Seitenzahlen. []
  4. Ab jetzt sind wir wieder temporär unsichtbar. Selbst am Ende unseres Besuchs müssen wir eindringlich auf uns aufmerksam machen. []

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Filed under À la carte, Friedrichshain

Goldberg

Um Gottes willen1! Wir waren anscheinend noch niemals zum Frühstück im schönen Neukölln! Aber das sollte sich an einem denkwürdigen Tag ändern, an dem das Goldberg in der Reuterstraße zum Treffpunkt2 auserkoren wurden.

Schon der erste Eindruck schien alle Vorurteile, die man als satter Friedrichshainer so haben kann, bestätigen zu wollen. Vor dem Etablissement begegnete der Tester einer jungen Frau, die dem Aussehen nach mit dem BTMG3 in Konflikt stand. Auch das Goldberg selber bot auf den ersten Blick eine sorgfältige Auswahl angegammelter Chiqué, einen recht modrig riechenden Nebenraum und einen Betreiber, der durchaus als Antagonist eines Horrorfilms gut ausgesucht wäre. Aber alles kam anders.

Kännchen Darjeeling im Goldberg

Kännchen Darjeeling 2,60 €

Der seltsame bleiche Mann in Hoodie und Sonnenbrille war nicht nur aufmerksam und freundlich, er brachte den Tee nach einer äußerst angemessen kurzen Zeit so, wie er sein soll4. Nicht nur das, der Tee schmeckte auch noch gut. Solchermaßen gut eingestimmt begab es sich, dass die zweite Versuchsperson alsbald auftauchte und sich von der Karte einen Milchkaffee bestellte, der auch prompt und in ebenso guter Qualität an den Tisch geliefert wurde.

Nun war es Zeit für das eigentliche Ziel der Goldbergbesteigung: Das Frühstück. Nach langem Überlegen und kurzer Entschlossenheit orderten die Expeditionsteilnehmer eines jener Frühstücke, das der Lokalität den Namen gab und eines jener Frühstücke, das seinen Namen den Menschen verdankt, die pünktlich um fünf Uhr einen Tee zu nehmen pflegen.

Frühstücke im Goldberg

Vorn: Goldberg (7,60 €). Hinten: Englisches Frühstück (6,50 €)

„Halt!“, rief da sofort der unsichtbare, aber dennoch stets anwesende Restaurantkritiker. „Wo ist denn der Bacon?“ Doch jene vorlaute Person verstummte sofort, als nur wenige Augenblicke später frisch angebratener Bacon wie von Zauberhand den Tisch erreichte.

Frischer Bacon im Goldberg

Frischer Bacon

Nach diesem Vorfall waren auch die letzten Bedenken ausgeräumt. Beide Mahle mundeten vorzüglich und wurden durch den Verzehr weiterer Heißgetränke, die stets schnell und wohlzubereitet kamen, obwohl sich der Laden mittlerweile merklich gefüllt  hatte, abgerundet.

Die Expedition war von der Qualität sogar so begeistert, dass sie sich – allen Bedenken zum Trotz – noch einen zweiten Gang in Form eines Stückes New York Cheesecake einverleibte.

Cheesecake & Heißgetränke im Goldberg

New York Cheesecake (2,80 €), Kaffee (1,70 €), Milchkaffee (2,50 €)

Der weitere Verbleib wurde nur dadurch unmöglich gemacht, dass dringende weitere Terminierungen durch einen andauernden Aufenthalt verhindert worden wären. Gerüchteweise soll sich das Goldberg im Laufe eines ganzen Tages als sehr wandlungsfähig erweisen. Von der durchaus empfehlenswerten Frühstückslokation, die für alle geeignet ist, die gut frühstücken wollen, metamorphiert der Laden in eine gemütliche Kneipe, in der man durchaus seine x Biere5 in entspannter Athmosphäre zu sich nehmen kann.

Ob dem wirklich so ist, konnten wir wie gesagt nicht genau herausfinden, empfehlen aber den getreuen Leser das Goldberg schnell aufzusuchen, möglichst noch bevor das Viertel und damit auch diese Oase für Frühstücker durch eine mit Sicherheit bevorstehende Schwabisierung zerstört wird.

Goldberg
Reuterstraße 40, 12047 Berlin
Telefon: 030 / 53 06 99 28
www.goldberg-bar.de

Sämtliche Bilder befinden sich in höherer Auflösung auch noch an dieser Stelle. Dort ist auch das Butterfäßchen zu bewundern.

  1. Ja, ich gebe zu, dass musste ich nachschlagen. []
  2. Es trafen sich dort der unvergleichliche John Goldtrain und monoxyd []
  3. Bissiges Tierchen muss Gassi []
  4. Also loser Tee in einem Beutel []
  5. x >= 3 []

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Filed under À la carte, Netz: Gratis, Neukölln

Sowohl als auch

Es begab sich aber zur Zeit, daß die jungen Helden1 gedachten, ein gemeinsames Frühstück einzunehmen und dazu das Ben-Uschi & der Papst auserkoren. Es begab sich aber zu dieser Zeit auch, daß eben jenes Etablissement durch ein Kasperletheater ersetzt worden ward. Unverdrossen zogen die jungen Helden weiter zu Anna Blume, die sie jedoch wiederum schnöd wegen Überfüllung zurückwies.
Abgeschlagen, abgebrannt und fast verhungert landeten die beiden Streiter im „Sowohl als auch“, welches schon in grauer Vorzeit von anderen Eßtestern vorgeprüft worden war. Nichtsdestotrotz setzten sich die Protagonisten und suchten aus der Speisekarte, die über ein wohlfeiles Inhaltsverszeichnis verfügte, je einen Tee heraus. Für Don Quijote gab es Breakfast Tea, für den getreuen Sancho eine aus Kräutersud gekochte Teemischung.
Sowohl als auch - Tee
Hocherfreut wurde nach einer äußerst akzeptablen TTT2 festgestellt, daß die Gebräue in großen Tassen serviert und lose in papiernen Beutel präsentiert wurden. Der Preis von zwei Goldstücken und achtzig Kupferlingen scheint daher nicht ungerechtfertigt. Derart aufgeheizt wurde erneut die Karte zur Mahlwahl studiert.
Aus der üppigen Frühstücksgewinnpalette wählte Mr. Smithers das „Osloër“ (7,90 €)3, Dr. M. Burns hatte sich hingegen vorgenommen, seinen Magen mit einem „Sylter“ (7,20 €)4 vollzuschlagen. Gesagt – getan. Noch weit bevor der Tee alle war, erschienen auch schon zwei übersichtlich befüllte Teller mit totem Meeresgetier.
Sowohl als auch - Osloër
Obwohl die Übersichtlichkeit der Teller Stirnrunzeln hervor rief, wurden beide Esser wohl gefüllt, kommen allerdings nicht umhin, die fehlende geschmackliche Abwechlsung zu bemerken. Die Vermutung liegt nahe, dass das tote Meeresgetier industriell verarbeitet und auf den Teller verbracht wurde. Kein Grund zur Beschwerde, aber von einem Geschmackserlebnis kann und soll an dieser Stelle nicht gesprochen werden.
Sowohl als auch - Sylter
Das anwesende Volk entsprach dem seit unserem letzten Besuch deutlich veränderten Gentrifikationsmaß im Kiez5 und führte zu einer beschleunigten Nahrungsaufnahme. Unterstützt wurde dieser Eindruck durch die sanft-süß-säuselnde Fahrstuhl-Muzak. Der Blick in die Kuchenvitrine verzögerte die frühen Abreisepläne noch ein wenig und führte schließlich zum Erwerb eines Stücks Schoko-Sahne-Schnitte, ähhh, -Torte.
Sowohl als auch - Schokosahnetorte
Während die SSS einen guten Schokoladisierungseffekt erzeugte, enttäuschten die dazu bestellten koffeinhaltigen Heißgetränke. Während der bestellte Espresso durch Aufhäufung eines kleinen Zuckergebirgens durchaus genießbar war, war der Milchcafé eher ein spröder kaffffe, den auch größere Schwünge Zuckers nicht retten konnten.
Farsid: Unter den an diesem Morgen besuchten Eßstellen hat das „Sowohl als auch“ einen wohlverdienten dritten Platz eingenommen. Sollte es das verehrte Publikum in dieses Etablissement verschlagen, hat es nichts Böses™ zu befürchten. Allerdings fällt uns auch gerade kein gewichtiger Grund ein, das „Sowohl als auch“ als explizite Wahl einer Befrühstückung zu empfehlen. Möglicherweise ändert sich diese Beurteilung aber, sobald die Sonne es ermöglicht, die Mahlzeit vor dem Café einzunehmen. Wir werden berichten.
Sowohl als auch
Kollwitzstr. 88, 10435 Berlin
Telefon: 030 / 442 93 11
www.tortenundkuchen.de
  1. Nicht mehr ganz so jung: erdgeist. Trotzdem heldenhaft: monoxyd. []
  2. Time To Tea []
  3. Wir können für die Preise nicht garantieren, da sie aus dem Gedächtnis angegeben werden. []
  4. Wir können für die Preise nicht garantieren, da sie aus dem Gedächtnis angegeben werden. []
  5. Windows-NET-Umhängetasche eines glatt-gegelten Herren []

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Filed under À la carte, Prenzlauer Berg

Gagarin

Wenn es zwar noch winterlich ist, aber der Frühling im weitesten Sinne schon absehbar, lohnt es sich, potentiell zu lobende Frühstückslokale abzuklopfen. Wir1 fanden uns daher diesmal direkt am Wasserturm in Prenzlauer Berg im „Gagarin“ ein, denn es empfiehlt sich bei besserem Wetter zum Draußensitzen. Man erwartet in der Gentrifizierungsgegend zwar den typischen Geck oder Gimpel am Nebentisch, vormittags war es aber überraschend leer in dem abends auch als Bar betriebenen Lokal.

Die Karte begrüßt den Gast mit einer veritablen Publikumsbeschimpfung, die vor dem sagenumwobenen „russischen Service“ warnt. Wir dürfen jedoch entwarnen: Der Kellner war überaus nett und nebenbei auffallend attraktiv. Die Karte enthielt auch den Hinweis auf das sonntägliche Brunch-Büfett, den wir geneigten Lesern nicht vorenthalten wollen. Denn für zehn Euro bekommt man russische Spezialitäten kredenzt, die wir aber mangels Test nicht bewerten können. Wir werden das Gagarin sonntags eher meiden, Büfetts sind unsere Sache nicht.

gagarin-karte

Die Speisekarte des Gagarin. Auch wer kein Kyrillisch lesen kann, wird wohl ahnen, wer dort abgebildet ist.

Während beim Brüten über der Karte das große Rätselraten wieder begann, welches Frühstück nun den perfekten Morgen machen könnte, fiel die Dekoration des Gagarin ins Auge: lauter Bilder russischer und sowjetischer Führer, dazu Weltraumbilder. Aufmerksam registrierten unsere Hintern derweil das angenehm bequeme Sitzsofa, das wir in der Ecke neben der Bar ausgesucht hatten, als auch schon der erste Latte macchiato kam:

latte-ausblick

Latte macchiato: 2,70 €.

erdgeist wählte, wie meistens, die Variante mit doppeltem Espresso, für die er immerhin 3,90 € löhnen mußte. Auch eine andere Tradition setzte er fort: Er wählte der besseren Objektivierbarkeit wegen das Frühstück, das einem gemischten Frühstück nahekommt. Im Gagarin heißt das „Belka & Strelka“.

Wer sich nun fragt, wer oder was Belka („Eichhörnchen“) und Strelka („kleiner Pfeil“) sind, dem sei eine Netzsuche empfohlen, denn es gibt großartige Geschichten über sie. Es waren zwei streunende Moskauer Hunde, die zu Weltraumhunden wurden, die in den 50ern und 60ern Orbitalflüge absolvierten und überlebten. Eines von Strelkas danach zur Welt gekommenen Hundebabies mit dem Namen Pushinka wurde von den Russen den Kindern John F. Kennedys geschenkt und soll eine amerikanische Hundedynastie mit Migrationshintergrund gegründet haben. Beide Kosmonautenhunde sind ausgestopft worden und heute in einem Museum zu sehen, gar ein erfolgreicher Trickfilm wurde letztes Jahr über sie gemacht, der im russischen Kino lief.

belka+strelka

Frühstück Belka & Strelka: 6,90 €.

Das Frühstück konnte im Gegensatz zu den Anekdoten über die Hunde allerdings nicht viel Freude machen. Gerade im Vergleich zu den typischen gemischten Frühstücken, die erdgeist regelmäßig konsumiert, muß man es unterdurchschnittlich nennen. Es fehlte an frischen Zutaten, denn abgesehen vom Obst blieb es fad. erdgeist bereute, daß er nicht beispielsweise Quark zusätzlich bestellt hatte, das hätte die langweilige Zusammenstellung deutlich aufgewertet.

sputnik

Frühstück Sputnik für 3,50 €.

Da man auch ein ganz kleines Frühstück ordern konnte, bestellte 46halbe „Sputnik“, da ihr Hunger nur so mittelprächtig war. Es stellte sich irgendwie grad als das heraus, wonach ihr der Sinn gestanden hatte. Nur das Ei wählte sie ab, bekam ohne Preisaufschlag stattdessen den gewünschten Frischkäse. Ein wenig Obst lag anbei: Mango, Erdbeere und Melone. Mit etwas Honig und Schwarze-Johannisbeer-Marmelade dazu war es perfekt.

Hingehen sollten alle, die in angenehmer Atmosphäre und vollkommen unprätentiös frühstücken und dabei in alten russischen Lehrbüchern ihre Sprachkenntnisse auffrischen möchten, aber kein Gabelfrühstück erwarten.

Gagarin
Knaackstraße 22, 10405 Berlin
Tel. (030) 442 88 07
Webseite

  1. Diesmal waren 46halbe und erdgeist als wie immer objektive Tester unterwegs. []

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