Das Hilde liegt in der Metzer Straße an der Ecke zur Prenzlauer und ist gleichzeitig Café und Bar. Abends gibt es zuweilen Live-Musik und eine volle Hütte, tagsüber ist es aber gemütlich leer. Es liegen sogar Spiele wie Backgammon oder Vier gewinnt bereit für längere Aufenthalte.
Wir eroberten den erstbesten Tisch neben der Tür und setzten uns mit dem Rücken zur Prenzlauer auf die mit Kissen ausgelegte Fensterbank. Hat man etwa einen Chapeau claque oder eine Perücke auf, können Passanten diese im Vorbeigehen bewundern. Als Sitzmöbel umgewidmete Fensterbänke beobachtet man jetzt häufiger in Berlin. Es liegt vermutlich an den neuen Biedermeiern, die hier nun überall wohnen, und an dem allgemeinen Hang zur Gentrifizierung, der ehemalige Schaufenster-Geschäfte nach und nach in gastronomische Lokalitäten umwandelt.
Der Innenraum mit Blick auf die Bar.
Zuerst mußte natürlich ein stimmungsaufhellendes koffeinhaltiges Heißgetränk her. Der umgehend georderte Latte Macchiato hat eine besonders angenehm auffallende Schokoladenbeigabe: Tony’s Chocolonely. Anders als die üblichen Kekse, die man zum Kaffee serviert bekommt und die regelmäßig widerwärtig schmecken, ist dieses Schokostückchen nicht nur mit dem Fairtrade-Siegel gesegnet, sondern mundet auch. Nebenbei garantieren Chocolonely und sein holländischer Erfinder Teun van de Keuken sklavenfreie Herstellung und verwenden ghanaischen Kakao, der gemeinsam mit einer Kooperative angebaut wird.
Latte Macchiato mit einem Stückchen Chocolonely für 2,60 Euro.
Nach nur kurzer Durchsicht der Karte wählte erdgeist leichtfertig das Frühstück „Substanz“ zusammen mit einem doppelten Latte Macchiato, der sich allerdings als recht bitter herausstellte. Das Hilde ist also nichts für den Profi-Kaffeegenießer, tröstend jedoch der zum Anfüttern auf dem Tisch hinterlassene Brotkorb. Zu dem Tee, der auf dem Foto zu sehen ist, kommen wir später.
Ein einladender Brotkorb.
Bevor auf erdgeists Frühstück näher eingegangen werden soll, ein kurzer Hinweis auf ein häufig auftauchendes und leider auch im Hilde zu beklagendes Problem: Serviettchen, sozusagen Genußwerkzeuge in homöopathischen Dosen. Denn obgleich ein leerer Teller bereitgestellt wurde und man sicherlich das gesamte Frühstück mit Hilfe von Messer und Gabel verzehren könnte, so neigt doch der typische Hungrige bei der morgendlichen Nahrungsaufnahme zum handfesten Griff nach dem Brötchen. Warum existiert eigentlich keine Lippenreinigungselementdarreichungsverordnung, in der die Mindestaufnahmefläche der Mundtupferl festgelegt ist, es gibt doch auch sonst für alles einen wiehernden deutschen Amtsschimmel? Na gut, das wäre vielleicht dann doch übertrieben, eigentlich hülfe schon statt der Mini-Serviette ein ordentlich großes Tuch für Finger und Mund.
Das Frühstück „Substanz“ für 6,90 Euro.
Das Frühstück „Substanz“ bestand aus verschiedenen Salami- und Schinkensorten, dekoriert mit Apfelstückchen, Paprika, Tomate, Orange und grünem Salat. Dazu gab es einige Oliven, die erdgeist als überflüssig brandmarkte. Das Frühstück bekam insgesamt das Prädikat „gut“, mehr aber auch nicht.
Das Frühstück „Veggie“ für 6,50 Euro.
46halbe hatte sich für das vegetarische Frühstück entschieden. Eine gute Wahl und sehr nahe am perfekten Morgen, wie er an diesem Tag erschien. Es gab Mohrrübchen-Stangen, Paprika, Frischkäse, Gurke, Kiwi, eine Erdbeere, Marmelade, Honig, dazu Joghurt. Die Erdnußbutter griff sich erdgeist allerdings. Schon gut gesättigt, bekamen wir dann noch Besuch von frank, der sich ebenfalls zu einem Frühstück „Substanz“ im Hilde hinreißen ließ. Serviert wurde dazu ein Assam-Tee mit Honig, dessen Darbietungsweise ein erfreulicher Anblick war:
Assam-Tee für zwei Euro.
Hingehen sollten alle, die sich von mildem Retro-Style angezogen fühlen und die nicht gleich erschüttert sind, wenn die Karte weniger als fünfzig Frühstücke zur Auswahl bereithält.
Hilde
Metzer Straße 22, 10405 Berlin
YEAH! Ich mag sie auch, die Hilde. Einfach nettes Publikum. Aber probieren müsst ihr mal das Frühstück „Iberian“. Sehr lecker. Auch die Abendkarte ist gut. Lecker Pasta, Salate und Club-Sanwitches.
Und eine Sache noch zum Fair-Trade: nicht nur die Schokolade sondern auch der Kaffee ist fair gehandelt und wie ich finde echt gut. Aber das ist ja Geschmackssache.
Bis dann also. Ihr findet mich und meinen Kaffee hinten rechts in der Ecke 😉