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1990

Wir1 hatten uns in der Nähe des Boxhagener Platzes verabredet, ohne daran zu denken, dass es wegen des Flohmarktes ziemlich voll sein würde. Das durchkreuzte unsere Pläne und führte uns diesmal zum Frühstücken in ein veganes Restaurant, das zu Beginn noch verdächtig leer war.

Wir waren gar nicht auf der Suche nach veganem Essen, wir wollten eigentlich ein gegenüberliegendes Hipster-Lokal mit teurem Kaffee besuchen. Doch das war völlig überlaufen, weswegen wir zufällig das gerade aufmachende „1990“ betraten. Wir waren die ersten Gäste und hatten keine Ahnung, was uns erwarten würde.

1990, aussen

Der Blick von außen auf das „1990“ beim Verlassen, inzwischen gut gefüllt.

Bei hohen Temperaturen draußen dürstete es uns nicht nur nach Kaffee, sondern auch nach Frischem:

getraenk monkey king

„Monkey King“, 4,20 €.

So landete ein erster Trunk bei uns. Das Getränk war aus unerklärlichen Gründen als „Monkey King“ in der Karte verzeichnet, was 46halbe aber nicht gänzlich abschreckte. Es bestand aus Avocado, Kokosmilch und Ananassaft in einer gut abgeschmeckten Mischung.

Um es gleich vorweg zu sagen: Die Bedienung im „1990“ war die gesamte Zeit sehr entgegenkommend und serviler als gewöhnlich in Berlin, aber dabei nicht aufgesetzt freundlich, sondern einfach nett und aufmerksam. Der beim Eintreten etwas unangenehm auffallende Geruch wie nach einer Grundreinigung eines Backfischaquariums verflog und wich schnell den duftenden Speisen.

Wir inspizierten die Karte, während uns eine kaum ins Ohr dringende, aber dennoch recht laute Musik umhüllte, die sak aber mit seinem funktionierenden Offline-Spam-Filter erfolgreich ignorieren konnte. Die „Dragon Roll“ fiel 46halbe sofort ins Auge und wurde umgehend auf dem Bestellzettel angekreuzt.

Ja, Bestellzettel. Wo kämen wir da hin, wenn wir einfach frei Schnauze bestellten! Selbst bei den bisher drei, vier Leuten im Lokal mussten wir eben ankreuzen. Aber es füllte sich recht schnell, sämtliche Schatten- und Fensterplätze waren am Ende belegt, insofern scheint das Kumulieren und Panaschieren durchaus einen Sinn zu haben.

Der Secret Garden (3,50 €) sollte es für sak sein, dazu ein Cha ca (schon wegen des Ausspruchs Tschakka, ebenfalls 3,50 €). Als das Essen wenig später kam, staunten wir nicht schlecht beim Anblick:

ueberblick nahrung

Die Hauptspeisen im Überblick.

Der schmackhafte Mango-Salat mit Erdnüssen (3,50 Euro) mundete 46halbe vorzüglich. Er stand in der Karte sowohl als „Be Happy“ als auch als „Goi Xoai“, was eventuell schlicht die Übersetzung sein könnte. Positiv fiel auf, dass er gut gewürzt, aber eben nicht überwürzt war. Auch die „Dragon Roll“ von 46halbe stellte sich als wohlschmeckend heraus, allerdings verzichtete sie auf das Kosten der Soße. Nicht jeder mag es schließlich zum Frühstück scharf.

sak konnte beim Ausprobieren nicht an sich halten und stieß bei jedem ersten Bissen ein erfreutes „Mhmhmmh!“ aus. Das hat man auch nicht jeden Tag beim Frühstücken. :}

Die arme Avocado steht ja unter Hipsterverdacht, aber hier passte sie ganz wunderbar zum Salat, quasi als festes Salatdressing, ganz ausgezeichnet. Es fehlte lediglich etwas Knuspriges im Salat. Außerdem war es nicht möglich, die mit Tofu gefüllten Algenblätter abzubeißen, man musste sie wie eine Tofu-Wachtel im Ganzen verschlingen. Der Tofu war ausgezeichnet in Geschmack und Konsistenz, leicht mit Chili und Röstzwiebeln gewürzt, wunderbar aufeinander abgestimmt.

Dazu kam als Getränk für ihn ein „Power Boost“, der aus frischem Grapefruitsaft, Ingwer, Bananen und Chiasamen bestand. sak mutmaßte, dass die durch das Trinken erwünschte Kraftbetankung von letzterem rühren könnte. Und ohne zusätzliches Koffeinhaltiges hielten wir es natürlich auch nicht aus:

kaffee und power boost

„Power Boost“ (Mitte), 4,20 €, Vietnamesischer „Ice Cafe“ mit einem Glas Eis, 3,80 €.

Das in der Rechnung als „Ice Cafe“ verzeichnete Getränk war zum Selbermachen: Neben den in Berlin mittlerweile vielfach angebotenen vietnamesischen Kaffee wurde einfach ein Glas mit viel Eis gestellt, in das der Kaffee nach dem Durchlauf gegossen werden sollte. Das sah dann recht ansprechend aus und schmeckte erheblich besser als erwartet. Der Kaffee war auch kälter als angenommen.

Ice Cafe fertig angeruehrt

Der vietnamesische „Ice Cafe“ ist fertig.

Wir zahlten am Ende die insgesamt 37,60 Euro (ohne Trinkgeld) ohne jegliches Murren, müssen aber zugeben, dass darin noch mehrere weitere der vietnamesischen „Ice Cafe“-Varianten enthalten waren.

Wer sich übrigens fragt, warum das Lokal „1990“ heißt: Es ist das Eröffnungsjahr. Und angesichts von fast dreißig Jahren ist es bedauerlich, dass wir es nicht schon eher entdeckt haben.

Hingehen sollten alle, die direkt am Boxhagener Platz schmackhaftes Essen suchen, vegane Küche mögen oder statt Bückling oder Schnitzel mal Neues ausprobieren wollen oder die vielleicht nur die Begleitung eines Flohmarktbegeisterten sind und sich das dufte Einkaufstreiben von der anderen Straßenseite ansehen wollen.

1990
Krossener Straße 19, 10245 Berlin
Tel. (030) 856 147 61
Webseite

  1. Diesmal waren 46halbe und sak als Testesser zusammen unterwegs. []

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Kaffee.Bar

Wir1 wählten für unseren Frühstückstest das Kiez in der Nähe des Helmholtz-Platzes, wo sich diverse neue Lokale angesiedelt haben. Manche sind in Wahrheit gar nicht mehr so neu, aber eben noch ungetestet.

Nach dem Eintreten in das Ecklokal „Kaffee.Bar“ (Eigenschreibweise) setzten uns wir an die Rückwand eines in der Mitte des Raumes plazierten recht großen Tresors, dessen Inneres wahrscheinlich keine Wertsachen mehr gesehen hat, seit Adenauerhüte aus der Mode kamen. Inzwischen enthielt er passenderweise Kaffee.

Insbesondere wegen des uns sogleich entgegenschlagenden Kaffeegeruchs in der „Kaffee.Bar“ lechzten wir nach koffeinhaltigen Getränken. Für 46halbe war der Flat White diesmal die erste Wahl:

getraenke: flat white

Das erste Getränk: Flat White, 3,20 €.

Wer schon immer mal wissen wollte, was eigentlich der Unterschied zwischen einem Flat White und einem Latte ist, wird es hier allerdings nur schwerlich erfahren. Denn der Flat White schmeckte zwar ganz gut, blieb aber leider geschmacklich kaum von einem Latte zu unterscheiden.

hipsterzucker

So sieht der Zucker aus.

In der „Kaffee.Bar“ gab es übrigens keinen normalen Zucker, sondern die auf dem obigen Foto abgebildeten bräunlichen Kristalle: mit Melasse versetzter Rohrzucker. Zudem kamen die danach gelieferten Getränke mit Glasstrohhalmen statt des üblichen Plastezeugs. Letzteres ist aus Umweltschutzgründen zu begrüßen, aber die Frage, wie man sie sinnvoll und ressourcenschonend reinigt, drängte sich auf.

die ersten getraenke

Die Getränke zum Anfüttern: frischgepresster Orangensaft, 4,50 €, Cold Brew Coffee, 3 €, Wasser dazu: kostenlos. Der kleine Roboter: mitgebracht. :}

Cold-Brew-Varianten haben insgesamt an Beliebtheit gewonnen, wie man in Berlin im Sommer fast überall beobachten kann. Dieses Getränk erhielt von elsbeth die Note 3. Am Kaffee selbst war wenig auszusetzen, auch wenn elsbeth gemeinhin helle Röstungen für die Cold-Brew-Produktion vorzieht. Mehrere gigantische Eiswürfel, von denen jeder einzelne die Titanic zum Sinken hätte bringen können, verwässerten jedoch die Gaumenfreude unnötig.

An einem frischgepressten Saft hingegen kann man – mal vom Preis abgesehen – nicht viel falsch machen. Er schmeckte sogar so gut, dass wir später einen zweiten bestellten und dem eponymen Kaffee untreu wurden. Dazu gesellte sich ein Schoko-Nuss-Croissant, das leider in der „Kaffee.Bar“ nicht eben liebevoll dargeboten wurde:

fruehstueck: croissant

Geht nicht als Frühstück durch: „Croissant Schoko“, 1,60 €.

Irgendwie scheint es in den Hipster-Cafés immer genau diese Croissants zu geben. Sie schmecken immer gleich und durchschnittlich, sehen auch so aus und entfalten im Grunde keine Nahrhaftigkeit. Immerhin ist der Preis hier noch nicht vom Mond, aber Freude kam ob dieses Durchschnittsbissens nicht auf.

Die von elsbeth als Frühstück bestellte, ebenfalls sehr hipsterige Smoothie-Bowl beschrieb sie als leicht wässrig, aber knusprig:

fruehstueck: smoothie-bowl

Zum Frühstück eine „Smoothiebowl“, 6,50 €.

Darin befanden sich neben Erdbeeren, einer Volute aus Traubenhälften und zwei einsamen Heidelbeeren Kokosjoghurt, Reismilch und Granola, das dem Ganzen den nötigen Biss und etwas Geschmack verlieh.

Eine weitere Wahl fiel auf eine Eierspeise, deren Bestellung jedoch Erstaunen hervorrief. Denn das dürfte in Deutschland wohl nicht oft vorkommen, schließlich gilt es als DAS Land des guten und vielseitigen Bäckerhandwerks: Es gab kein Brot zum Ei, auch nicht auf Nachfrage nach einer vollkommen beliebigen Art Brot. Ihre Enttäuschung konnte 46halbe nur mit Mühe verbergen. Immer wieder schweifte der Blick daher sehnsüchtig über die Straße zur dortgelegenen Bäckerei.

fruehstueck: pochiertes ei

Ohne Brot: „Pochiertes Ei“, 2 €.

Man musste das wirklich kleine Ei zudem auf dem Tisch suchen, da die Darreichung in einem winzigen Glas nicht viel hermachte. Vielleicht sind die Speisen darauf optimiert, möglichst wenig Platz wegzunehmen, da der oder die tragbaren Computer soviel Raum in Anspruch nehmen. So sah es jedenfalls an den Nebentischen aus, wo die Menschen wortlos und allein vor ihren Computern saßen. Es entfaltete sich entsprechend eine sehr ruhige Atmosphäre, dazu ebenfalls sehr leise Musik.

Das ganze Ambiente erfüllte die gern bemühten Klischees über solche neuen Berliner Kaffeeläden: Alles sah generisch aus, mit aufgerissenen unverputzten Wänden, viel Schweigen, einem auffällig großen Tresen, einer minimalistischen Karte. Nur der Kaffeegeruch war wirklich einladend und angenehm.

Wir bekamen mit 28,50 Euro (ohne Trinkgeld) keine besonders hohe Rechnung, hatten aber für ein Frühstück auch wenig Nahrung zu uns genommen.

Hingehen sollten alle, die Kaffee mögen und dank ihres Neu-Spießertums Proteinbowls und pochierte Eier in Einzelhaft kalorienreicheren Klassikern wie Brot und Rührei vorziehen.

Kaffee.Bar
Stargarder Straße 55a, 10437 Berlin
Tel. 0170 12 34 56 78
Webseite

  1. Diesmal waren 46halbe und elsbeth als Testesser unterwegs. []

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