Monthly Archives: März 2013

Nest

Das Nest

Das Nest

Teilen des Frühstücksteams1 sind viele in Berlin verfügbare Frühstückslokalitäten bekannt. Aber nur deswegen, weil sie den größeren Teil ihres Medienelitenbohemianlebens zu späterer Stunde mit alkoholischen Getränken an ebenjenen Orten verbringen, die es einfach versäumen nach der Frühstückszeit ihre Pforten zu schließen.

Das in Kreuzberg ansässige Nest gehört, genau wie das Bateau Ivre, zu diesen Orten. Für unsere Leser sind aber keine Mühen zu klein, deswegen wurde zu nachtschlafender Zeit (das Nest öffnet um 10:00 Uhr) der Rand des Görlitzer Parks besucht, um die übersichtliche, aber wohlsortierte Frühstückskarte des Nests zu durchforsten.

Milchkaffee (2,80 €) und Darjeeling (2,20 €)

Milchkaffee (2,80 €) und Darjeeling (2,20 €)

Ein Erlebnis, dass sich als ambivalent herausstellen sollte. Schon die erste Lieferung Heißgetränke kann dafür als Beispiel herhalten. Während der Darjeeling zwar lose im Beutel angeliefert wurde2, entpuppte sich der Milchkaffee als wässrig. Also so, dass die herzkranke Großmutter vielleicht ihren Hochgenuß daran gefunden hätte, aber der unterkoffeinierte Berufsjugendliche einer schlimmen Zumutung ausgesetzt war.

Nichtsdestotrotz wurden in selten synchroner Simultanübereinstimmung „Gemischte Frühstücke“ bestellt, die jeweils durch ein gekochtes Ei und in einem Fall noch durch ein Zusatzcroissant3 erweitert wurden. Noch bevor eine Bewertung der Verspeisung vorgenommen werden konnte, fiel auf, dass die gut bestückte Frühstücksplatte keinen Platz mehr für eine Auf- und Belegung der mitgelieferten Teigwaren bot, so dass ein zusätzlicher Teller wohl angebracht gewesen wäre.

Gemischtes Frühstück (6,40 €) mit Ei {1,20 €) und Croissant (1,50 €)

Gemischtes Frühstück (6,40 €) mit Ei {1,20 €) und Croissant (1,50 €)

Das Frühstück selbst entpuppte sich als akzeptabel mit kleinen Abstrichen. Menge und Auswahl waren zwar völlig zufriedenstellend, aber leider stellte sich heraus, dass den anwesenden Wurst- und Käsespezialitäten leider das Spezielle fehlte. Vielmehr muss unterstellt werden, dass sie aus einer handelsüblichen Supermarktplastikpackung entnommen wurden, wie sich an dieser bildlichen Darstellung eines Käselappens sehr gut nachvollziehen lässt.

Käse, lapprig

Käse, lapprig

Aber bevor sich allgemeiner Hass breit machen konnte und das Nest von einer Welle gerechten Zorns durchfegt wurde, beruhigte das mitgelieferte Ei die erhitzten Gemüter. Es muss neidlos postuliert werden, dass  in den Weiten der Berliner Frühstückswelt selten eine Hühnerperiode so perfekter Konsistenz serviert wurde.

Frühstücksei perfekter Konsistenz

Frühstücksei perfekter Konsistenz

Dermaßen hochgradig verwirrt und trotz abwertender Tendenzen unentschlossen, wurde ob eines endgültigen Urteils ein Kleinod bestellt, dass den Frühstückgast zwischen den herkömmlichen Morgenmahlzeiten aus der Karte anlacht. Arme Ritter. Mit Apfelkompott. Schlimmes Resteessen oder kulinarische Offenbarung? Das auswurfartige Foto lässt nichts Gutes vermuten und auch die getrockneten Bananenscheiben sorgten bei der Hälfte aller befragten Testsubjekte für Irritation und Unbehagen.

Arme Ritter mit Apfelkompott (4,20 €)

Arme Ritter mit Apfelkompott (4,20 €)

Das Apfelkompott hätte zwar warm sein können, aber dennoch erfreute der winterliche, leicht zimtige Geschmack den Gaumen. Mit den herkömmlichen Armen Ritter hat das aber nur entfernt zu tun, es handelt sich eher um die Variante des Hofritters, der in vollem Ornat dem König zur Hand geht. Die Grundlage ist dieselbe, aber das Ergebnis dennoch ein anderes. Aber wie gesagt, eine gute, süße Bereicherung eines jeden Morgens.

War es also doch möglich, hier ein vollkommenes Frühstück zu erstehen, wenn es nur gelingt die gefährlichen Klippen der Mittelmäßigkeit zu umschiffen? Ein letzter Heißgetränketest sollte Klarheit bringen.

Kaffee (1,80 €) und Doppelter Espresso Macchiato mit Sojamilch (3,00 €)

Kaffee (1,80 €) und Doppelter Espresso Macchiato mit Sojamilch (2,70 €)

Der Kaffee wurde zwar etwas undurchsichtiger geliefert, war aber leider immer noch zu dünn. Ob hier heimlich Homöopathen am Werk sind? Auch der Espresso konnte keinen Gefallen finden. Er war zwar stark genug, aber zu sauer. Wie gesagt: Das Nest ist ein ambivalentes Erlebnis.

Wer sich an edlen Armen Rittern, perfekten Frühstückseiern und leckerem Tee erfreut, kann hier in sehr angenehmer Atmosphäre einige gemütliche Morgenstunden verbringen. Für einen großen Frühstücksrundumschlag oder fortgesetzten Kaffeegenuß sollte dennoch ein anderer Ort aufgesucht werden.

Was allerdings nicht verschwiegen werden soll: Ab Mittag ändert sich das Bild, da sich das Nest auf das Zubereiten warmer, einfacher Mahlzeiten ungleich besser versteht, als auf die frühen Morgenstunden. Im Berlin Lunch Blog bekäme das Nest also durchaus eine gute Empfehlung, die nicht von so vielen Einschränkungen begleitet ist, wie dieser Bericht. Aber das ist eine Geschichte, die an anderer Stelle erzählt werden muss.

Für kurzes Amüsement sorgte das Schild mit einem durchgestrichenen Kinderwagen und der Aufschrift „Alle Parkplätze belegt.“ Was wie die diplomatischste Variante des Barner Pollers wirkt, die uns jemals begegnet ist, entpuppte sich aber tatsächlich als freundlich gemeinter Hinweis: Beim Verlassen des Lokals waren keine Kinderwagen mehr zu sehen und dementsprechend das Schild auch weg.

Das Nest
Görlitzer Str. 52, 10997 Berlin

030 627 357 87
cafenest.de

PS: An diesem Ort entstand übrigens das Bild, dass seitdem traditionsgemäß als ikonifizierter Avatar des Autors gilt.

  1. We are looking at you, Teresa. []
  2. wir wollen an dieser Stelle gnädig darüber hinweg sehen, dass sich der Beutel bereits in der Tasse befand []
  3. beides kostenpflichtig []

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Kadosh

Für diesen Frühstücksblogeintrag reiste das Testteam1 ins ferne Israel. Nach zwei Wochen Reisen, fanden sich die Tester zu ihrem letzten Urlaubsfrühstück im Kadosh in Jerusalem ein. Das Kadosh befindet sich unweit der Bahnstation City Hall, in einer kleinen Straße parallel zu den Gleisen. Es ist gut zu wissen, wo sich das Kadosh befindet, ansonsten läuft man der kleinen Patisserie und Restaurant schwer zufällig über den Weg. Auch das Team landete aufgrund der Empfehlung einer Jerusalemer Freundin hier.

Das Kadosh ist eigentlich immer gut besucht (das Team kehrte mehrfach während seiner Reise hier ein). Draußen können an kleinen Tischchen und geflochtenen Stühlen die Gäste auf dem Bürgersteig Platz nehmen.

Außenansicht

Außenansicht

Das Kadosh gibt es schon seit den 60er Jahren und drinnen sieht es so aus, als wäre die Zeit seitdem hier stehen geblieben. Die Einrichtung erinnert an ein Wohnzimmer aus den 60ern: dunkle Möbel, die typischen alten Stehlampen, ein altes Radio, zwei alte Ventilatoren rotieren an der Decke, es hängen Bilder und Spiegel an den Wänden.

Innenansicht

Innenansicht

In einer große Glastheke findet man die große Auswahl an hausgemachten Küchlein, Torten Croissants und anderem Gebäck, die einem das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen. Das Kadosh ist bekannt für seine Konditorei, aber es gibt auch einen Restaurantberieb.

Theke

Theke

Die Tester entschieden sich für einen Tisch draußen im Halbschatten. Bedient wird man im Kadosh von jungen Kellnerinnen, die graue 60s Schürzen und weiße Blusen tragen. Wir mussten allerdings ein paar Minuten warten, bevor wir bedient wurden. Die Kellnerin war aber sehr freundlich, entschuldigte sich und reichte uns die Karten.

Die Testerinnen waren sich einig und bestellten beide das Good Morning Breakfast mit frischem Obst, Silan (Dattelhonig), Yoghurt und Müsli. Obendrauf noch einen Milchkaffee und einen frisch gepressten Orangendaft. Das bestellte Frühstücksmenü wurde wiederum schnell an den Tisch gebracht.

Frühstück 'Good Morning' mit Milchkaffee und O-Saft (60 NIS = ca. 12 €)

Frühstück 'Good Morning' mit Milchkaffee und O-Saft (60 NIS = ca. 12 €)

Es schmeckte fantastisch! Das Obst waren frisch, ein paar getrocknete Früchte fanden sich auch noch auf dem Teller, das war Müsli geröstet und karamellisiert ohne dabei zu süß zu sein. Der Naturjoghurt rundete das ganze mit eine säuerlichen Note ab. Geschmacklich ist das Müsli-Frühstückt unbedingt weiterzuempfehlen! Allerdings sind umgerechnet sechs Euro für einen Teller Müsli kein Schnäppchen. Der Milchkaffee war leider einen Ticken zu kalt. Der frisch gepresste Orangensaft hingegen sehr frisch, intesiv-orangig und mit jeder Menge leckerem Fruchtfleisch. Die Kellnerin brauchte allerdings für die Rechnung wieder sehr lange.

Das Essen im Kadosh ist wirklich sehr lecker! Die Testerinnen haben nicht nur am Morgen hier gespeist, sondern haben sich auch das Kuchenprogramm am Nachmittag und das Essen am Abend gegönnt und sprechen eine allumfassende Empfehlung aus! Das Ambiente ist hübsch und besonders etwas für Leute, die gerne eine kleine Zeitreise in vergangene Tage machen. Es würde dem vollbesetzten Kadosh allerdings sehr gut tun noch (mindestens) eine Bedienung mehr einzustellen.

Kadosh
Shlomzion hamalca 6, Jerusalem, Israel

Tel. +97226254210
http://kadoshcafe.rest-e.co.il

  1. bestehend aus K. und Teresa []

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